Inhouse-Studie bestaetigt Auftraggeber Softwareriese Microsoft sieht sich als den Gewinner einer Unix-Misere

13.08.1993

MUENCHEN (CW) - Mit einer Inhouse-Studie zum Thema Unix gegen NT versucht Microsoft, die Ueberlegenheit seines Betriebssystems zu beweisen. Der US-Konzern, der zur Zeit sein Betriebssystem auf allen Unix- und Open-System-Messen praesentiert, sieht bereits ueber die Haelfte aller Unix-Anwender zu NT ueberlaufen.

Die Studie mit dem Titel "Interoperabilitaet und Konkurrenz von Unix und Windows NT" weist 60 Prozent aller Unix-Anwender als ernsthafte Interessenten an der New-Technologie aus. Darueber hinaus waehnt sich Microsoft auch der Zustimmung der Entwickler sicher. 25 Prozent aller Anwendungen die auf NT portiert werden, sollen naemlich von Unix, VMS und MVS stammen.

Nach der Umfrage des von Microsoft unabhaengigen Marktforschungsinstituts Forrester Research bei den 1000 umsatzstaerksten US-Unternehmen entwickelt sich Windows NT allerdings keineswegs zu einem Verkaufsschlager. Das neue Betriebssystem soll bis 1995 kaum mehr als fuenf bis zehn Prozent der Marktanteile erringen koennen. Prognosen der International Data Corp. (IDC) bestaetigen den Ausbau der herausragenden Stellung von Unix fuer Server-Betriebssysteme im europaeischen Markt.

Als Hauptgegner im Konkurrenzkampf machte der Konzern in seiner Studie die Novell Inc. sowie die Sun Microsystems Inc. aus. Beide Unternehmen bedachte Microsoft nach Deutung des britischen Brancheninformationsdienstes "Computergram" mit einem harschen Verriss. So setze Novell auf zwei Primadonnen: Sowohl das Netzbetriebssystem Netware als auch Unixware seien schwierig zu installieren und zu benutzen, geschweige denn miteinander zu integrieren oder zu warten.

Sun sei zwar der erste Unix-Anbieter, der vollkompatible Systeme fuer Intels iAPX-86 und fuer RISC anbiete, sogar die Wartung von Win16-Applikationen sei glaubhaft. Doch habe Sun, so bedauerte Microsoft, seine Kunden zweifach in Verwirrung gestuerzt. Das Unternehmen habe zunaechst vom Berkeley-Unix zum USL-Unix SVR4 gewechselt und nun auch noch beschlossen, die COSE-Initiative sowie Motif zu unterstuetzen.

Trotz der neuen Einigkeit unter dem COSE-Dach wiederholt die Studie den alten Vorwurf der Marktzersplitterung durch die diversen, konkurrierenden Unix-Standards wie Unix V.4 und OSF/1. Die Unix-Schelte konstatiert darueber hinaus Implementations- Inkonsistenzen bei der Datensicherheit oder beim Multiprocessing, fehlende Anwenderfreundlichkeit und Einheitlichkeit bei den Schnittstellen sowie bei den Oberflaechen, schwer durchschaubare Systemadministrationen und schliesslich Funktionalitaets- und Performance-Probleme. Diese Punkte sind nur der Anfang der Microsoft-Maengelliste.

Im hellen Glanz laesst die Studie dagegen Windows NT erstrahlen. Es sei das maechtige, vertrauenswuerdige, offene Client- Server-System, nach dem auch die geplagten Unix-Anwender sich sehnten.