Nur ein Drittel der Software-Budgets kommt den Anbietern zugute:

Inhaus-Programmierung weiter hoch im Kurs

18.08.1989

MÜNCHEN (CW) - Für unternehmensinterne Anwendungsentwicklung und Software-Services gaben die deutschen Anwender 1988 fast doppelt soviel Geld aus wie für Standard-Programme und externe Dienstleistungen. So das Ergebnis einer Stichproben-Auswertung, die Infratest Industria, München, mit Unterstützung von BDU, VDMA und ZVEI durchgeführt hat.

Insgesamt 32,2 Milliarden Mark haben demnach im vergangenen Jahr die Anwenderunternehmen in der Bundesrepublik und in West-Berlin für Software und Software-bezogene Dienstleistungen aufgewandt. Davon entfielen 24 Milliarden Mark auf Anwendungssoftware, 6,4 Milliarden Mark auf System- und systemnahe Software und 1,7 Milliarden Mark auf Software-bezogene Dienstleistungen.

Mit 20,2 Milliarden Mark, also über 60 Prozent, schlugen dabei intern erstellte Anwendungssoftware sowie unternehmenseigene Software-Dienste zu Buche. Nur 12 Milliarden Mark gingen auf das Konto der externen Software- und Service-Anbieter.

Dieser Do-it-yourself-Trend hat sich der Infratest-Studie zufolge allerdings bereits abgeschwächt, wenn nicht gar umgekehrt. Nach ihrer Budget-Planung für das laufende Jahr und ihren gegenwärtigen Projekten befragt, gaben die Anwender an, ihre Aufwendungen für interne Software-Entwicklungen und -Services um durchschnittlich sechs Prozent, die Investitionen in externe Produkte und Dienstleistungen jedoch um 15 Prozent steigern zu wollen.

Die Gesamtinvestitionen deutscher Anwender in Software und Services werden sich 1989 voraussichtlich auf 35,3 Milliarden Mark belaufen und damit zehn Prozent über dem Vorjahreswert liegen: 21,5 Milliarden Mark sind für die unternehmensinternen Leistungen veranschlagt und 13,8 Milliarden Mark für Beschaffungen außer Haus.

"In weniger als fünf Jahren", so schätzt Ursula Neugebauer, Geschäftsführerin der Infratest Industria GmbH & Co KG, wird sich des Verhältnis von internen zu externen Softwarekosten umgekehrt haben. Dafür nennt die Analystin zwei Gründe: Zum einen arbeite die wachsende Zahl von PC-Benutzern fast ausschließlich mit Fremdsoftware zum anderen tendiere auch die Gruppe der Großrechneranwender zunehmend dahin, Standardpakete einzukaufen.

Als Grundlage der Marktuntersuchung, die künftig einmal jährlich aktualisiert werden soll, dienten die Angaben aus rund 1000 als repräsentativ ausgewählten Anwenderunternehmen. Nach Aussagen der Geschäftsführerin wurde dabei die gesamte Bandbreite von Kleinstanwendern bis zu Großkonzernen berücksichtigt.

Disproportional sei die Studie allerdings insofern, als die Relationen zwischen den verschiedenen Rechnerklassen nicht der Realität entspreche. So sind die Mainframe-Anwender mit 400 Unternehmern gegenüber 200 PC-Nutzern eindeutig überrepräsentiert. Laut Neugebauer haben die Münchener Marktforscher die Großanwender stärker berücksichtigt, weil sie die interessanteren Projekte vorzuweisen hätten. Bei den Hochrechnungen seien jedoch die tatsächlichen Marktanteile zugrunde gelegt worden.

In Auftrag gegeben und finanziert wurde die Infratest-Untersuchung von 17 Herstellerunternehmen, darunter IBM, Siemens, Hewlett-Packard und Ikoss, sowie drei Anbieter-Organisationen: BDU, VDMA-Fachgemeinschaft Büro- und Informationstechnik sowie ZVEI-Fachverband Informations- und Kommunikationstechnik trugen - wie auch die Einzelunternehmen - jeweils ein Zwanzigstel der Kosten. Interessenten erhalten die Studie gegen 20 000 Mark bei der Infratest Industria in München.