In neuer Partnerschaft innovative Kompetenz für das Management bereitstellen:

Informationscontrolling und DV legen Erfolgspotentiale frei

03.02.1989

Mit Professor Norbert Szyperski, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mannesmann Kienzle GmbH in Villingen, sprach Wolf-Dietrich Lorenz, Leitung IDG-CSE, Conferences, Seminars, Education.

- Warum wird ein Informationscontrolling notwendig?

Die Notwendigkeit eines Informationscontrolling ist durch verschiedene Faktoren bestimmt. Zunächst einmal ist eine allgemeine Intensivierung des Wettbewerbs mit informationstechnischen Aspekten festzustellen. Kunden erwarten heute immer häufiger Produkte, die konkret auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Eine entsprechende Flexibilität in der Produktion läßt sich nur durch informationstechnische Systeme erreichen. Maßfertigung in der Massenfertigung ist ein Kind der Informationstechnik.

Ein zweiter Wettbewerbsfaktor, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der Response-Wettbewerb. Hier steht die Zeitspanne auf dem Prüfstand, die ein Produzent oder Lieferant benötigt, um auf Kunden- oder Partneranfragen zu reagieren. Heute, wo Kunden über das akutelle Zeitgeschehen fast zeitlich durch die Medien informiert werden, sind sie immer weniger bereit, lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Die Kaufentscheidung wird daher nicht nur durch die Gestaltung von Produkt und Preis beeinflußt, sondern zunehmend auch durch die Fähigkeit des Produzenten, schnell auf Kundenwünsche zu reagieren.

Den Anforderungen im Response-Wettbewerb kann aber nur durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken entsprochen werden. Die zur Zeit stark wachsende Anzahl an Telefax-Geräten mag als ein Indikator für eine solche Entwicklung gelten.

Gleichzeitig zeichnet sich die Entwicklung informations- und kommunikationstechnischer Systeme durch eine hohe Dynamik aus. Fast täglich werden neue Produkte und Konzepte angekündigt. Dabei überbieten die Produkte ihre Vorgängermodelle häufig bei gleichen Preisen um ein mehrfaches an Leistung.

Diese zum Teil sogar diskontinuierlichen Veränderungen führen dazu, daß die Antwort auf die Frage, ob in einem Unternehmen die informations- und kommunikationstechnischen Medien effektiv eingesetzt werden, einer ständigen Überprüfung bedarf. Zudem betragen die Kosten der Informationsfunktion in einem Teil der Unternehmen schon bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten.

Insgesamt verdeutlichen diese Faktoren, daß ein Informationscontrolling notwendig wird, um das langfristige Erfolgspotential eines Unternehmens zu sichern. Die Budgets für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken sind daher in vielen Unternehmen auch schon in den Mittelpunkt der Controlling-Aktivitäten gerückt.

- Was unterscheidet Informationscontrolling vom herkömmlichen Begriff Controlling?

Häufig wird Controlling im Sinne von Prüfung oder Kontrolle als Phase des Managementprozesses verstanden. Dies ist meines Erachtens aber eine falsche Sichtweise des Informationscontrolling. Es ist vielmehr als Unterstützungsfunktion für das Management zu verstehen, die dafür Sorge zu tragen hat, daß der Produktionsfaktor Information und die Verfahrensweisen der Informationstechnik effizient und effektiv eingesetzt werden. Als zentrale Aufgabe des Informationscontrolling kann daher betrachtet werden, Informationen über die Wirtschaftlichkeit, den Einsatz und die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken bereitzustellen. Dies umfaßt dabei auch die Wirtschaftlichkeit einer höherem Ebene. Der Unterschied zum herkömmlichen Controllingbegriff liegt daher in der Spezifizierung des Begriffes. Informationscontrolling beinhaltet eine neue Sichtweise des Controlling: Computersysteme werden nicht mehr ausschließlich als Instrument zur Lösung der

Unterstützungsaufgabe "Controlling" gesehen, sondern sind selbst Gegenstand der Betrachtung.

- Sie sprachen eben von einer höheren Ebene der Wirtschaftlichkeit. Welche Ebenen unterscheiden Sie dabei?

Die zentrale Aufgabe des Informationscontrolling ist - wie gesagt - die Analyse, inwieweit der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken wirtschaftlich ist. Dabei ist es meines Erachtens wichtig zu betonen, daß sich die Wirtschaftlichkeit auf drei Ebenen erstrecken kann.

Die erste Ebene beschränkt sich primär auf operative Kosten/Nutzen-Analysen. In diesen werden die Kosten von Informationssystemen, die sich ja in der Regel relativ leicht feststellen lassen, dem vermeintlichen Nutzen, dessen Bewertungsproblematik Gegenstand vieler Publikationen ist, gegenübergestellt.

Die zweite Stufe der Wirtschaftlichkeit bildet die dispositive Ebene. In ihr kommt zum Ausdruck, daß die Wirtschaftlichkeit von Informationen und informationstechnischen Instrumenten durch verschiedene Umweltbedingung beeinflußt wird. So ist beispielsweise ein Radar auf einem Schiff, das in Nebelgebieten verkehrt, von Nutzen, während dessen Wirtschaftlichkeit in einem Sonnengebiet durchaus in Frage gestellt ist.

Als letzte Ebene der Wirtschaftlichkeit möchte ich die strategische Dimension anführen. Durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken lassen sich auch langfristige Erfolgspotentiale erschließen. Hier wird dann der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken selbst zum kritischen Erfolgsfaktor. Beispielhaft läßt sich wiederum die Forderung nach einem verstärkten Response-Wettbewerb anführen. Der Nutzen von Kommunikationsmedien ist häufig nur schlecht oder gar nicht zu qualifizieren. Andererseits ist offenkundig, daß, wer langfristig am Markt bestehen will, entsprechend informationstechnisch handeln muß.

- Bringt das Informationscontrolling für das Serviceangebot des Informatikbereiches neue Impulse: etwa jenen, der Unternehmensführung einen erweiterten Nutzwert des Wirtschaftsgutes Information darzustellen?

Wenn Informationscontrolling als reine Kontrolle der Informationstechnikkosten verstanden wird: sicherlich nicht! Es dürfte sich sogar häufig eine bremsende Wirkung einstellen. So fällt eine Quantifizierung des Nutzens gemäß der verschiedenen Stufen der Wirtschaftlichkeit häufig schwer, während die Kosten des Einsatzes oft recht eindrucksvoll belegt werden können.

Betrachtet man Informationscontrolling aber als Unterstützungsaufgabe für das Management, können hiervon erhebliche Impulse ausgehen. Informationscontrolling in diesem Sinne erlaubt, Schwachstellen in Kommunikationsprozessen aufzuzeigen, zudem kann es einen erheblichen Zuwachs an Reaktionsfähigkeit der Organisationen bewirken. In ähnlicher Weise gehört dann neue Erfolgspotentiale aufzuzeigen, die das langfristige Ergebnis eines Unternehmens entscheidend beeinflussen, zur selbstverständlichen Aufgabe des Informationscontrolling.

- Controlling wie auch Informationsmanagement gelten als strategische Werkzeuge für den Unternehmenserfolg. Sind Synergien zwischen Informationsmanagement und Controlling denkbar?

Meiner Meinung nach sind Synergien nicht nur denkbar, ich würde es sogar schärfer formulieren: Sie sind zwingend! Das Controlling setzt heute in starkem Umfang die Informations- und Kommunikationstechniken ein. Zu nennen sind hier nur Datenbankabfragen oder umfangreiche Kennzahlenanalysen, die ohne Hilfe der Datenverarbeitung gar nicht denkbar wären. Es existiert also eindeutig eine controllingbezogene Funktion des Informationsmanagements.

In umgekehrter Weise verlangt die effiziente Gestaltung von Informations- und Kommunikationssystemen nach Instrumenten, um die Wirtschaftlichkeit entsprechender Systeme zu bestimmen. Hierbei handelt es sich aber um ein ureigenes Feld des Controlling. Es existiert somit auch eine informationsbezogene Funktion des Controlling. Sowohl Informationsmanagement als auch Controlling bedürfen folglich ihrer gegenseitigem Unterstützung.

- Mangelt es für das Informationscontrolling, wie auch für die EDV, an Akzeptanz bei Fachabteilung und Management?

Die Akzeptanz des Controlling hängt entscheidend von der Frage ab, inwieweit dieses den Eindruck erzeugt, daß ihr primäres Ziel ist, die Fachabteilung oder das Management zu überprüfen. Der Informationscontroller muß sich bemühen, als kompetenter Partner anerkannt zu werden. Davon hängt letztendlich auch sein eigener Erfolg ab.

Hinsichtlich der Akzeptanzprobleme der Datenverarbeitung allgemein bin ich überzeugt, daß die Berührungsängste in dem Maße abnehmen, in dem die Informationstechnik nicht mehr nur als Produktionstechnik, sondern auch als Freizeit- und Kulturtechnik eingesetzt wird. In dem Maße, in dem man fast spielerisch den Umgang mit Btx-Terminals lernt oder aber in der Bank seine Kontodispositionen über Terminals durchfuhrt, werden die Berührungsängste vor diesen Medien sinken.

Verstärkt wird diese Entwicklung durch unsere junge Generation, die den Umgang mit Computern in der Schule, als eine unterhaltsame Form der Freizeitbeschäftigung gelernt hat. Für diese Generation ist die Anwendung informationstechnischer Medien selbstverständlich und nicht nur eine lästige Pflicht, vielmehr eine Technik, die durchaus auch Spaß an der Arbeit vermitteln kann.

Anwenderforum: Informationscontrolling

In den Chefetagen deutscher Unternehmen ist es zum Thema geworden: Der Unternehmenserfolg hängt künftig besonders vom Teamwork des Informationsmanagements und Controllings ab. Erfahrungen aus der Praxis und gemeinsame Strategien stellt das "IDG-CSE-Forum 1989: Informationscontrolling - Synergien zwischen Informationsmanagement und Controlling" am 23. und 24. Februar 1989 in München vor.

Informationen: IDG-CSE, IDG Conimunications Verlag AG, Conferences, Seminars, Education (ehemals CW CSE-Seminare), Rheinstraße 28, 8000 München 40, Telefon 0 89/3 60 86 -1 66 oder - 1 69, Frau Susan Gotwalt.

Alles unter Kontrolle

Zwischen dem Einsatz von Informationstechnik im Unternehmen und dem Wettbewerbserfolg bestehen enge Zusammenhänge: Erst durch sie werden Produkte, die auf individuelle Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind, sowie ein Vorsprung im intensiven Response-Wettbewerb möglich.

Eine Immer ausgeklügeltere Technik erfordert indes hohe Investitionen, besonders in Software und Anwendungs-Know-how der Mitarbeiter. Die Unternehmensführung beschäftigt deshalb auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der neuen Technik.

Alles unter Kontrolle? Künftig steht statt der kosten- die erlösorientierte Betrachtung im Vordergrund. Zudem erwartet das Management als selbstverständliche Aufgabe des Informationscontrolling, neue Erfolgspotentiale aufzuzeigen, die das langfristige Ergebnis eines Unternehmens entscheidend beeinflussen.

Controller wie auch DV-Manager können dabei eine wichtige Rolle übernehmen - wenn sie sich als Partner bei ihren Dienstleistungen für das Top-Management ergänzen.