Strategische Probleme der Datenverarbeitung:

Informations-Ressourcen fordern Management

22.06.1984

BRÜSSEL (CW) - Die Zukunft des Informations-Managements wird in einem radikalen Wandel von bloßem Beiwerk zu autonomer Funktion im Unternehmen bestehen. Langfristige, nicht am Profit, sondern an der Qualität orientierte Strategien sind der Weg für DV-Manager, sich in dieser Entwicklung keine blutigen Nasen zu holen. Diese Empfehlung gaben jetzt DV-Prognostiker auf dem Seminar "Eurocim '84" des Instituts for Software Engineering in Brüssel. Sie vermittelten ein verändertes Verständnis von Information als Investitionsfaktor, das auch das Topmanagement zu gründlicher Revision seiner Position anhalten wird.

Bisher wurde die Datenverarbeitung als Dienstleistung angesehen, die sowohl Kosten als auch aufwendige Routinearbeiten reduzierte. "Zum jetzigen Zeitpunkt beginnt die Informationstechnologie viele Unternehmen in ihrer Fähigkeit, mit ihr umzugehen, zu überfordern", führte David Vincent, General Manager des Institute for Information Management, Kalifornien, über die wirtschaftliche Bedeutung des Faktors Information aus. Die bisherige Investition in Hard- und Software könne nur als Teil des weitaus größeren Engagements in dieser "Aktiva" des Unternehmens gesehen werden.

Weil einer der umfangreichsten Ausgabeposten vieler Unternehmen derzeit die Beschaffung und Wartung von Information darstelle, sei es nötig, die Höhe dieser Kosten ebenso zu beobachten wie ihren Effekt auf das Unternehmen. Der DV-Profi betonte, dieser Gedankengang müsse zur konzeptionellen Wende beim Management führen. Das Ziel der Investitionen müsse sich danach ausrichten, was damit getan wird, und nicht, so bisher, wie. Damit schnitt Vincent den Wechsel vom Software-Engineering zum Information-Engineering an. In diesem dann nicht mehr nur zentralen Bereich Aktivitäten zu koordinieren, stelle die Aufgabe des Chief Information Officer, dar der die Speicherung und Verwaltung des Datenpotentials überwache sowie den Informationsverlauf und dessen Bewegungen kontrolliere.

Der ehemalige Management-Direktor bei Memorex und Data Pathing ergänzte: "Als Erfolgskriterien bezeichne ich effektives Informationsbasis-Design, eine Software-Entwicklung mit Leistungssteigerung sowie gemeinsam erkannte Erfolgskriterien und die Kontrolle der Informations-Investition." Schnelle Antwortzeiten der Prozessoren, komplexe Programmpakete und die Computersprachen der vierten Generation begünstigten in steigendem Maß die lokale Verwaltung und die dezentrale Verarbeitung durch Mikros, nahm der DV-Praktiker die aktuellste Entwicklung in seine Betrachtungen auf. Hier seien besonders der finanzielle Einsatz für Prozessorengröße, Verwaltungsaufwand und möglicher Produktivitätsausfall zu beobachten. Kriterien für den Kostenrahmen beschrieb Vincent mit "Sicherheit des Informationsverlaufs und gleichzeitigen Kontrollmechanismen, Integrationsmöglichkeiten und Kommunikationsfähigkeit des Systems, verbunden mit der Dichte und Redundanz der gesammelten Daten".

Aufgaben und Profil des Information-Managers kennzeichnete Michael Tracey, Assist Professor of Management am Institute of Technology, Massachusetts. In das Aufgabenfeld dieses Informationsverwalters spielten die Wechselwirkung des Informationsflusses, etwa in weltweiter Telefonvernetzung, und der Kontrolle des Bearbeitungsverlaufs. Der unternehmensinterne Wunsch nach computerunterstützter Leistung müsse in steigendem Maß vorhanden sein. "Dazu zählt die grundlegende Bereitschaft, Daten als allgemeine Hilfsmittel anzuerkennen", wies Tracey auf die Einstellung des Anwenders hin. Auf den Einsatz neuer Technologien müsse dessen Fähigkeit adäquat abgestimmt sein, bei der rasch steigenden Menge an Informationen noch unterstützende Entscheidungen treffen zu können. War in bisherigen strukturellen Anordnungen der passive "User" gefordert, werde sich zukünftig der personelle Aufbau an dem den DV-Prozeß unterstützenden Verhalten des aktiven "Owners" orientieren.

Tracey ging auf die Kriterien des Informations-Managers weiter ein. Er solle direkte Verantwortlichkeit nur der Unternehmensleitung gegenüber haben und ein der Bedeutung seiner Position angemessenen Selbstverständnis. "Er betrachtet das Informationssystem als äußerst wichtigen Faktor für das Unternehmen", verdeutlichte der Management-Theoretiker. Erhalte das Informationssystem ein eigenständiges Profil, könne es umfassend und kraftvoll im Kommunikationsbereich eingesetzt werden. "Der Manager verfährt mit dem Informationssystem nach den Regeln eines Unternehmens mit dem Charakter der professionellen Dienstleistung", unterstrich Tracey einen grundlegenden Aspekt seiner Ausführungen. Integriert seien Veränderungen in evolutionärer Form.

"Für Information-System-Manager stellt derzeit das End-user-computing ein nicht zu übersehendes Dilemma dar", konstatierte der Management-Professor. Vor diesem Hintergrund nannte er alternative Perspektiven, um mit Hilfe eines Information Centers diesem Problem zu begegnen. Als kritische Komponenten eines Systems, denen dauernde Kontrolle gelten soll, stellte er als Schwerpunkt Kapazität, Netzwerke, Datensicherheit und Hard-/Software-Standards heraus. Weiter zählen Training, sowie "data- und project managing" dazu. Weiter gelten als wichtige Unterstützung Schulung und Training im Hinblick auf ständige Weiterentwicklung.

In weiteren Vorträgen und Praxisberichten stand ebenfalls die Aussage im Vordergrund, die Planung des Informationsmanagements und der Informationsstrukturen in eine langfristige Konzeption zu fassen. So könne man veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten und einer raschen technologischen Entwicklung besonders unter dem Aspekt wettbewerbgerecht werden.

Für nächstes Jahr kündigte das Institute for Software Engineering weitere Veranstaltungen in Paris und San Franzisko an.