Diebold: Studium der Informatik sichert einen zukunftsträchtigen Beruf

Informatikern den Praxisschock ersparen

23.07.1982

FRANKFURT (nw) - So "richtig" Datenverarbeitung studieren, das können Schüler und Abiturienten heute auch noch nicht. Über das oft recht theoretisch ausgerichtete Informatikstudium lassen sich zwar Wege in den DV-Beruf ebnen, doch bislang rekrutierte die Computerindustrie ihren Nachwuchs noch überwiegend aus anderen Disziplinen. Dennoch, das Studium erfreut sich wachsender Beliebtheit und mittlerweile prognostizieren Berufsforscher den Informatikabsolventen durchaus gute Aussichten für ihren Berufsweg.

Bereits 1952 wurden an Technischen Hochschulen die ersten Lehrveranstaltungen angeboten; in der Berufssystematik waren die Datenverarbeitungsberufe aber selbst 1966 noch nicht erfaßt. Es gab lediglich, so berichtet der Diebold Management Report, die Programmierer ("Mathematiker, die Programme für datenverarbeitende Rechenanlagen erstellen oder mathematisch-technische Sonderkräfte, die unter Anleitung eines Mathematikers arbeiten"), aber sonst keine Hinweise.

Doch das Studium der Informatik, das zuerst als Nebenfach Ende der fünfziger Jahre angeboten wurde, findet immer größeren Zuspruch. Waren es 1972 rund 800 gewesen, so sollen es im Wintersemester 1981/82 bereits 2800 gewesen sein. Insgesamt gibt es der Gesellschaft für Informatik zufolge jedoch bereits rund 12 000 Informatikstudenten. Demzufolge platzen die personellen, räumlichen und sachlichen Kapazitäten der Hochschulen, die ein solches Studium anbieten, aus den Nähten. An den 18 Universitäten mit vollem Diplom-Studiengang soll es, so klagen die Frankfurter Unternehmensberater, nicht einmal 140 akademische Lehrer geben.

Schwierige Prognosen

Doch alle diese Prognosen über den künftigen Bedarf an Informatikern empfehlen die DV-Marktspezialisten, nur mit Vorsicht zu genießen. Denn in Berufs- und Studienprognosen müßten sehr viele Größen und Unwägbarkeiten eingerechnet werden. Zudem lösten Veröffentlichungen autorisierter Prognosen rasch sehr empfindliche Reaktionen in der Berufswahl des Nachwuchses aus, die sogar zu Überreaktionen führen könnten.

Prognosen haben daher nach Ansicht von Professor Dr. Dieter Mertens, dem Chef des der Bundesanstalt für Arbeit angeschlossenen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die Eigenschaft, "sich selbst durch ihre Wirkungen aufzuheben".

So könne man zwar durch Prognosen und Spekulationen die Entscheidungen der Jugendlichen beeinflussen, man habe aber keine Kontrolle über Art und Ausmaß der Wirkungen. "Wir können nicht dosieren. Berufslenkung ist auch nach Buchstaben und Inhalt unserer Gesellschaftsordnung ausgeschlossen."

Welche Sorte von Informatikern künftig gebraucht wird, hält Diebold für noch schwieriger zu ermitteln, als die künftig notwendige Menge an ausgebildeten Informatikern. So wollten viele Kritiker des Informatikstudiums dem Fach ohnehin nur eine Nebenrolle als Hilfswissenschaft einräumen oder sehen es als ideale Ergänzung zur Nachrichtentechnik, Physik, Betriebswirtschaft oder auch zum Maschinenbau.

Sicher sind die Frankfurter Unternehmensberater aber, daß der Bedarf an "Kerninformatikern" künftig weniger stark zunehmen wird, als von Informatikern, die anwendungsbezogen, etwa als Wirtschaftsinformatiker, ausgebildet worden sind. Denn die Einsatzmöglichkeiten theoretisch geschulter Informatiker würden trotz vieler offener Fragen auf diesem Gebiet, wie etwa im Bereich der Datenbanksysteme oder der Verknüpfung verschiedener Rechnersysteme miteinander, immer begrenzt bleiben.

Praxisbezogenen Informatikern räumt Diebold daher die größeren Chancen ein. "Wenn sich die Datenverarbeitung immer neue Anwendungsgebiete erschließt, dann müssen zwangsläufig die Fragen der Anwender ein immer größeres Gewicht erhalten."

Nach den Erfahrungen der Unternehmen sollte die Ausbildung der Informatiker so praxisbezogen wie nur möglich sein, einmal um den jungen Hochschulabsolventen nach der Ausbildung den "Praxisschock", so gut es geht, zu ersparen, zum anderen aber auch, um die Einarbeitungszeit so kurz wie möglich zu halten.

Ein überwiegend mathematisch ausgerichteter Informatiker werde ungleich größere Schwierigkeiten haben, sich die Probleme einer Fertigung oder einer betrieblichen Organisation vorstellen zu können als ein Studienkollege, der sich während seiner Ausbildung auch mit betriebswirtschaftlichen Fragen, mit Problemen des Maschinenbaus oder der Nachrichtentechnik auseinandergesetzt hat.

Fachhochschulen in der Bundesrepublik bestehen Diebold zufolge ohnehin aus einer praxisbezogenen Ausbildung. So sind in Bayern und Baden-Württemberg beispielsweise zwei praktische Studiensemester in die Ausbildung integriert. Die Mindeststudiendauer beträgt hier acht Semester, in der Regel haben die 23 Fachhochschulen sechs bis sieben Semester vorgeschrieben.

Aber auch in Fachhochschul-Studiengängen der Elektrotechnik werden Teilaspekte der Informatik als Schwerpunkt behandelt. So setzt sich bei der Ingenieur-Informatik das Studium zu je einem Drittel aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen (Mathematik, Physik, Chemie), informationsbezogenen Fächern (Hardware, Software) und technischen Ergänzungsfächern (Meßtechnik, Regeltechnik) zusammen.

Fachhochschulen, die allgemeine Informatik als Hauptfach anbieten, teilen das Studium in etwa drei gleichgroße, sich zeitlich überlagernde Abschnitte. Außerdem wird an einigen Fachhochschulen das Fach Wirtschaftsinformatik gelehrt, an der Fachhochschule Heilbronn wird in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg der Studiengang "Medizinische Informatik" angeboten.

An den Universitäten und technischen Hochschulen dauert das Studium in der Regel acht bis zehn Semester und ist wesentlich theoretischer ausgerichtet. Ein anwendungsbezogenes Nebenfach ist erwünscht. Je nach Hochschule liegt das Schwergewicht mehr auf theoretischer, praktischer, technischer oder Wirtschaftsinformatik.