Arbeitsmarkt

Informatiker mit Prozesswissen gesucht

24.03.2011
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.

"Chemieinformatiker werden vor allem für Forschung und Entwicklung ausgebildet"

Wer sich mit Software für spezielle Fragen in der Chemie beschäftigt, muss einschlägige Fachkenntnisse mitbringen, meint Matthias Rarey, Leiter des Zentrums für Bioinformatik und Professor an der Universität Hamburg.

CW: Womit beschäftigen sich Chemieinformatiker, und wer sind ihre Arbeitgeber?

Matthias Rarey bildet an der Uni Hamburg angehende Chemieinformatiker aus.
Matthias Rarey bildet an der Uni Hamburg angehende Chemieinformatiker aus.
Foto: Matthias Rarey, Zentrum für Bioinformatik, Uni Hamburg

RAREY: Wie der Name schon sagt, ist Chemieinformatik ein interdisziplinäres Feld, in dem es um Informatik in der Anwendungsdisziplin Chemie geht. Chemieinformatiker werden für die Forschung und Entwicklung in der chemischen Industrie ausgebildet, sie sind dafür qualifiziert, Computerprogramme in diesem Arbeitsumfeld zu nutzen, und sie können solche Software nach spezifischen Anforderungen entwickeln. Allerdings brauchen selbst große Chemiefirmen im Verhältnis zur gesamten Mitarbeiterzahl nur relativ wenige Experten mit solchen Kenntnissen. Hinzu kommen Softwarehäuser, die sich mit chemischen Anwendungen befassen.

CW: Finden die Absolventen einen Job?

RAREY: Die meisten aktiven Naturwissenschaftler haben promoviert. Das ist bei unseren Absolventen nicht anders, etwa 80 Prozent treten eine Doktorandenstelle an, bei uns am Zentrum oder europaweit in einer anderen Forschungseinrichtung oder einem Unternehmen. Von unseren Doktoranden wechselt ein Großteil in den IT-Bereich von Chemieunternehmen, öffentlichen Forschungseinrichtungen und Softwarefirmen, etwa ein Drittel mit Bezug zur chemischen Forschung und Entwicklung. Dort beschäftigen sie sich mit chemischen Datenbanken oder der Modellierung chemischer Strukturen am Rechner.

CW: Bekommen Ihre Studenten eine Kernausbildung in Informatik, da ja die meisten in die IT gehen?

RAREY: So ist es! Pro Studienjahr haben wir etwa 25 Studenten in unserem Master-Studiengang Bioinformatik. Zunächst lernen sie das IT-Handwerkszeug, dann spezialisiert sich jeweils ein Drittel in den Vertiefungsrichtungen Genominformatik, Strukturbioinformatik und Chemieinformatik.

CW: Muss sich jeder Informatiker, der in der chemischen Industrie arbeitet, mit Chemie auskennen?

RAREY: Ganz sicher nicht, denn viele Informatiker in der chemischen Industrie arbeiten auf einer so abstrakten Ebene, das sie von branchentypischen Besonderheiten losgelöst sind, etwa im Prozess- oder Daten-Management. Tiefes Verständnis für die Chemie ist erst dann notwendig, wenn man sich intensiv damit auseinandersetzen muss, wie eben in der Forschung und Entwicklung.