Informatiker in der Biotech-Branche

01.03.2005
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Trotz Wirtschaftsflaute sind sich die Experten einig, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, qualifizierte Biowissenschaftler zu finden. So klagt Jens Katzek, Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) in Frankfurt, nach wie vor über Nachwuchsprobleme. Vor allem Spezialisten für Genomforschung sowie Bioinformatiker seien rar.

Letztere entwickeln Programme, mit deren Hilfe sich Genom-Rohdaten schneller in medizinisch nützliches Know-how umwandeln lassen; damit könne man aufwändige chemische oder biologische Tests vermeiden. Das Ziel ihrer Arbeit ist, die Baupläne von Bakterien, Pflanzen und des Menschen zu entschlüsseln und Zusammenhänge bei der Entstehung von Krankheiten aufzudecken. Für die neuen Herausforderungen brauchen die Pharmaunternehmen, Forschungsinstitute sowie Bioinformatik- und Biotech-Unternehmen Wissenschaftler mit Informatik-Know-how.

Marc Reinhardt, Leiter Life Sciences/Biotech bei der Capgemini Deutschland GmbH in Stuttgart/Berlin, räumt ein, dass das Branchensegment Bioinformatik noch vor drei Jahren um einiges euphorischer beurteilt worden sei. So hatte eine Reihe von Branchen-Reports, darunter auch eine Studie von Capgemini, dem Markt eine positivere Entwicklung prognostiziert. Reinhardt: "Die mittlerweile eingetretene Konsolidierung hat hier so manchen Traum platzen lassen." Doch trotz einiger Rückschläge, davon ist der Capgemini-Berater überzeugt, ist der gesamte Bereich Life-Sciences-IT, zu dem die Bioinformatik zählt, eine Wachstumsbranche.

Jungen Leuten, die sich für die Pharma/Biotechnologie-Branche interessieren, rät Reinhardt zu überlegen, ob sie eher wissenschaftlich als Biologe arbeiten wollen oder ob die IT für sie im Vordergrund steht: "Ideal ist auf jeden Fall ein Doppelstudium. Nur auf diesem Weg können derart unterschiedliche Wissensgebiete perfekt vereint werden. Wenn nämlich ein Biologe und ein Informatiker über ein Projekt reden, hat man nicht immer den Eindruck, dass sie über ein und dasselbe sprechen."

Probleme verständlich erklären

Das sieht Karsten Klein, der bei der Lion Bioscience AG in Heidelberg im Bereich Bioinformatik und Produktentwicklung als Software-Architekt tätig ist, anders: "Bei uns kommunizieren die Informatiker und Biologen hervorragend miteinander. Jeder versucht ein Problem zwar in seinen eigenen Worten, aber dennoch sehr verständlich auszudrücken." Dass die Kommunikation so gut klappt, liegt seiner Meinung nach auch daran, dass bei Lion sehr viel interdisziplinär gearbeitet wird. Selbstverständlich müsse sich der Informatiker damit auseinander setzen, was der eigentliche Endbenutzer, also der Biologe, mit der Applikation tun möchte.