Softwareforum '85: Der Wert der Information bestimmt den DV-Aufwand

Info-Strategien und SW-Entwickler-Gap

13.09.1985

MÜNCHEN (CW) - In den nächsten zehn Jahren dürfte die Mehrheit der DV-Großanwender unter totalen "Replacement"-Druck geraten. Nach Auffassung von Ken Orr, Referent auf dem Softwareforum '85, müssen demnächst die meisten der in den späten 60er und Anfang der 70er Jahre implementierten DV-Systeme vollständig abgelöst werden. Derzeit gebe es schon mehr DV-Kapazität. als überhaupt genützt werden könne, weil die Entwicklungs-Power für sinnvolle Software-Applikationen fehle.

In dem Replacement sieht Orr zwar eine Chance für eine vorwärtsgerichtete Software-Politik. Diese Chance könne allerdings nur genützt werden, wenn die Systemplanung dem Management konkret nachweise, daß die Neuentwicklung und der vollständige Ersatz preiswerter als die Pflege und das Risiko eines Systemausfalls bestehender Anlagen seien.

Aufgrund des Mangels an Software-Entwicklungspotential sei auch die Frage "make or buy" nur differenziert zu beantworten. Grundsätzlich müsse sich jede Software-Politik am unternehmerischen Eigeninteresse ausrichten: Wenn ein Programm-Modul vitale Betriebsinteressen berührt, müssen Alternativen bei den Sicherheitsmaßnahmen überlegt werden. Das könnte bedeuten, trotz Zeit-, Anwendungs- und Wettbewerbsdruck Eigenentwicklung des Moduls bis dahin zu betreiben, das Softwarehaus zu kaufen, das die sensible Applikation lieferte.

Den Wandel in der Software-Technologie wie den Zuwachs im Preis/ Leistungs-Verhältnis der Hardware nimmt Heinz C. Höfer - praxiserprobt in vielen Jahren als Informations-Manager bei der schweizerischen Hilti - zum Anlaß, den gesamten DV-Aufwand kritisch an dem tatsächlichen Wert der zu verarbeitenden beziehungsweise zu erzeugenden Information auszurichten. Dies bedeute mehr als bloß eine Abkehr von dem Habitus, alle die Listen zu erzeugen, die sich auf einem System generieren lassen.

Der Schutz der Software-Investition muß mehr und mehr über höhere Portabilität realisiert werden, fordert Delta-Software-AG-Chef Dr. Reinhold Thurner. Begründung: Mangelnde Software-Portabilität führt zu einer nicht mehr tolerierbaren Hersteller-Abhängigkeit des Anwenders. Dabei verlangen die steigende Größe und Integration von Software-Systemen sowie die unter dem Aspekt des Informations-Managements zunehmende Abstützung des gesamten Betriebsgeschehens auf diese Software-Systeme eine immer länger tragende Struktur dieser Systeme. Fließende Migration - die Kernforderung des Benutzers - ist bisher kaum möglich.

In einem eigenen Strategie-Workshop setzt sich die US-amerikanische Software-Spezialistin Lois Zells mit der Grundsatzfrage auseinander, wie hochintegrierte Informations-Systeme erfolgreich entworfen und implementiert werden können und was anscheinend hoffnungsvolle Projekte scheitern läßt.

Zells sieht den Software-Lifecycle als gleitenden Prozeß, der von der Planungsphase über die Managementphase in die Kontrollphase führe und in seine Unterstrukturen aufgelöst werden müsse. Dadurch wird sichtbar, daß aufs der Analysestufe der Bedarf identifiziert werden muß, die an das Projekt geknüpften Erwartungen eingegrenzt und die Probleme exakt definiert werden müßten. Daran schließt die Mischphase Analyse und Design, in der die Systemlösung als Antwort gefunden wird. Erst dann kommen Design und Konstruktion, mit den Tätigkeiten Design und Entwicklung. In der anschließenden Implementationsphase fächert sich die zugeordnete optionale Aktivität "Integration" als "Unterstützungs-Komponente" für eine erfolgreiche Systementwicklung in folgende Einzelaktivitäten auf:

- Konvertierung,

- Testen,

- Dokumentation,

- Training,

- Hardware-Bestimmung,

- Software-Bestimmung,

- Installation,

- System-Marketing.

Einen wichtigen Abschnitt widmet Zells der Selbstkritik des Software Managers, der sich stets fragen müsse: "How will we know we did a good job?"

Völlig aus der Tagesarbeit geboren sind die Beiträge in den Anwender-Foren Qualitätssicherung und Methoden und Werkzeug-Einsatz. So wird am Beispiel der Quelle von Erwin Schmidtlein detailliert dargelegt, welche Komponenten sich an einem Q-Sicherungs-Arbeitsplatz in der Praxis bewährt haben. Als da wären: DV-unterstützter SE-Arbeitsplatz, zentrale Führungs- und Entwicklungsdateien, Teststrategien und welche Tools, Verfahren und Richtlinien zum Tragen kommen.

Nähere Einzelheiten fordern Sie bitte an bei der CW-CSE, Herzogstraße 39, 8000 München 40, Telefon 089/3 81 72(0)-169, Telex 5 218 089 come d.