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Wann kommt die Trennung?

Infineon: Der lange Schatten der Tochter Qimonda

04.02.2008
Infineon leidet immer noch unter den Zahlen der Tochtergesellschaft Qimonda. Zumindest in deren Aktie ist kürzlich Bewegung gekommen. Die Finanzkrise hat die Trennung indes nicht erleichtert.

Der traditionelle Ski-Kurzurlaub ist bei Infineon-Chef Wolfgang Ziebart (Foto) in diesem Jahr ins Wasser gefallen. Die Quartalszahlen des Chipkonzerns werden an diesem Donnerstag (7. Februar) und damit ausgerechnet in den bei Bayerns Skifahrern beliebten Faschingsferien veröffentlicht. Da zudem auch noch die Hauptversammlung in der kommenden Woche vorbereitet werden muss, war an die üblichen paar Tage Erholung auf der Piste für Ziebart nicht zu denken. Erschwerend kommt für den 58-Jährigen hinzu, dass bei den beiden Terminen die ihm so wichtigen operativen Fortschritte im Kerngeschäft nur teilweise auf Interesse stoßen werden. Über allem schwebt bei Infineon die Frage, wann der Konzern seine ungeliebte Speicherchip-Tochter Qimonda los wird. Dies könnte möglicherweise schneller geschehen, als manche erwarten. Darauf könnte auch ein rasanter Kursanstieg der Qimonda-Aktie in den vergangenen Tagen hindeuten.

Noch hält Infineon mehr als 77 Prozent der Qimonda-Anteile – und muss die Ergebnisse der Tochter voll bei sich konsolidieren. Vor allem wegen Qimonda machte Infineon in den vergangenen sieben Jahren sechsmal hohe Verluste. Zum Start ins neue Geschäftsjahr 2007/08 (30. September) lief es wieder ähnlich: Qimonda machte wegen eines dramatischen Preisverfalls in der Branche unter dem Strich im ersten Quartal ein Minus von 598 Millionen Euro. Analysten gehen daher davon aus, dass auch der Infineon-Gesamtkonzern einmal mehr rote Zahlen geschrieben hat. Von der Finanznachrichten-Agentur dpa-AFX befragte Analysten rechnen im Schnitt mit einem satten Minus von 411 Millionen Euro.

Die Fortschritte im neuen Kerngeschäft mit Logikchips werden davon überschattet. Ohne Qimonda erwarten Experten bei Infineon vor Steuern und Zinsen einen deutlich gestiegenen Gewinn von etwa 56 Millionen Euro. Verantwortlich dafür ist unter anderem die insgesamt gute Entwicklung in der Auto- und Industriesparte, auch wenn hier Einbußen zum Vorquartal möglich sind. Der Anteil der Elektronik in den Fahrzeugen steigt kontinuierlich, Infineon gehört zu den Profiteuren dieser Entwicklung. Große Fortschritte gibt es im Geschäft mit Chips für Mobilfunkanwendungen. Spätestens mit der Pleite des Großkunden BenQ Mobile schien die Sparte am Ende.

Anstatt das Geschäft abzustoßen oder dichtzumachen, entschied sich Ziebart aber für die Kärrnerarbeit einer jahrelangen Sanierung. Die trägt mittlerweile Früchte. Der Konzern verfügt inzwischen über eine breite Auswahl an Mobilfunkkunden, die Mobilsparte hat wieder eine Zukunft. Auf den ersten Blick werden diese Fortschritte aber erst erkennbar sein, wenn Infineon die Qimonda-Mehrheit los ist. Spätestens bis zur Hauptversammlung 2009 will sich der Konzern auf eine Minderheitsbeteiligung zurückziehen. Ob dies auch schon deutlich früher vorstellbar ist? "Man soll nie nie sagen", deutete der scheidende Infineon-Finanzvorstand Peter Fischl vor wenigen Tagen an, dass der Konzern trotz der schwierigen Branchenlage auch einen schnellen Ausstieg für möglich hält.

So wird in Branchenkreisen denn spekuliert, dass Fischl noch vor seinem eigenen Abschied Ende März eine Lösung präsentieren könnte. Dies könnte wohl nur den Verkauf von Anteilen an einen strategischen Investor zum Beispiel aus den USA bedeuten. Finanzinvestoren haben derzeit angesichts der weltweiten Kreditkrise andere Probleme, und ein Verkauf großer Pakete über die Börse dürfte ebenfalls schwierig sein. Noch aber ist nichts fix und somit nicht ausgeschlossen, dass Infineon das Qimonda-Problem noch das ganze Geschäftsjahr mitschleppen muss. Findet sich kein Interessent, sollen die Qimonda-Aktien dann an die Infineon-Aktionäre in Form einer Sonderdividende verschenkt werden.

In jedem Fall dürfte es eine schmerzhafte Trennung werden. In den Infineon-Büchern stehen die Qimonda-Aktien noch mit einem Buchwert von rund zwölf Dollar. An der Börse wird die Tochter deutlich niedriger bewertet. In den vergangenen Tagen hat die Aktie allerdings - ohne, dass offizielle Nachrichten vorlagen - enorm Boden gut gemacht. Allein am vergangenen Freitag stieg sie um rund neun Prozent auf 7,58 Dollar, Anfang der Woche hatte sie bei nur gut 5 Dollar gestanden. Gut möglich also, dass Bewegung in das Thema kommt. (dpa/ajf)