IBM stellt Branchenlösungen für EAI vor

Industrieprozesse als Integrationshilfe

06.06.2003
MÜNCHEN (as) - IBM will seine Middleware zur prozessbasierenden Anwendungsintegration (EAI) "Websphere Business Integration" stärker auf die Bedürfnisse einzelner Industrien ausrichten. Hierzu kündigte der Hersteller jetzt 48 Referenzprozesse für elf Branchen wie Bankwesen, Energieversorger und Elektronikproduzenten an.

Die Angebote umfassen drei Bestandteile: Ein um Referenzprozesse erweitertes EAI-Produkt, Dienstleistungen von IBM sowie zusätzlichen Input von derzeit 32 Partnern, die über die im Februar gegründete Initiative "Websphere Business Integration Accelerators" eingebunden sind. Letztere sind Independent Software Vendors (ISVs) und Systemintegratoren, die zusätzliche Prozesse entwickeln sowie Schulungen und Support anbieten können.

Geschäftsprozesse im Branchenpaket

Ein Beispiel für die neuen Pakete ist "Websphere Business Integration for Automotive", das sich an Automobilhersteller sowie ihre Lieferanten und Distributoren richtet und Abläufe im Design, Einkauf, Fabrikation und Vertrieb als Prozess-Templates abbildet. "Websphere Business Integration for Banking" ist hingegen für Retail und Corporate Banking sowie Finanzdienstleister gedacht und soll einen Überblick über Kundentransaktionen verschaffen. "Websphere Business Integration for Financial Networks" unterstützt Finanzinstitute beim Aufbau eines auf Internet-Standards basierenden Geschäftsverkehrs. Weitere Pakete enthalten typische Geschäftsprozesse beispielsweise in Elektronikkonzernen oder bei Energie- und Stromversorgern.

Einsparpotenzial im Schnittstellenunterhalt

Als Teil der EAI-Plattform bringt IBM zudem überarbeitete Versionen der Module "Event Broker" und "Message Broker" heraus (ehemals MQ Event Broker beziehungsweise MQ Message Broker). Diese Produkte sollen personalisierte Informationen in Echtzeit über das Unternehmensnetz oder das Internet zur Verfügung stellen und dabei auch mobile Geräte unterstützen. Die Komponenten Event Broker und Message Broker kosten voraussichtlich 37000 beziehungsweise 98000 Dollar.

Mit seiner Branchenausrichtung steht IBM nicht allein im Markt. Auch EAI-Spezialisten wie Vitria oder Tibco oder auch CRM-Hersteller Siebel haben ihr Prozesswissen aus den Projekten in entsprechende Produkte einfließen lassen. Zudem ist etwa ein Drittel der angebotenen Prozesse - IBM bezeichnet sie als "Collaborations" - nicht neu, sondern entspricht bisherigen "Industry Solutions" für Websphere Business Integration. Laut Peter Prestele, Director of Business Integration EMEA der IBM Software Group, seien aber im Lauf der Zeit weitere Prozesse in Zusammenarbeit mit Kunden identifiziert und das Portfolio jetzt detailliert den Branchen zugeordnet worden.

Collaborations bieten laut Prestele den Vorteil, dass sich mit ihnen Prozesse schneller und effizienter integrieren lassen, beispielsweise bei der Masterdaten- oder Artikelstammdatensynchronisation. Allerdings lässt sich der Kostenvorteil gegenüber der herkömmlichen Prozessintegration nur im Gesamtzusammenhang eines EAI-Projekts näher bestimmen, sprich: anhand von Vergleichsrechnungen über den Einsatz von Websphere Business Integration im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen. IBM nutze hierzu laut Prestele im Vorfeld ein Finanzmodell, das aus dem Beratungsansatz stammt und die Total Cost of Ownership bei einer druchschnittlichen Laufzeit von drei Jahren berechnet. Dabei ergibt sich typischerweise ein Einsparungspotenzial bei den Kosten für den Unterhalt von Schnittstellen und der Integration von 40 bis 58 Prozent gegenüber der herkömmlichen Schnittstellen-Implementierung.

Die Kalkulation des Return of Investment ist hingegen komplizierter, da normalerweise die Messkritierien im Unternehmen nicht klar identifiziert sind. So versuche IBM, den Business-Value zu ergründen, indem man bei einem Kunden nach vier Wochen produktivem Einsatz der EAI-Lösung prüft, wie sich zum Beispiel Umlauflagerbestände entwickeln oder ob ein zusätzlicher Auftragseingang zu beobachten ist.

Modulares Preismodell je nach Prozessbedarf

Der Einsatz der Collaborations ist zunächst mit Zusatzkosten verbunden, da Kunden je nach Anzahl der gewünschten Prozesse zuzahlen müssen. Es gebe aber laut Prestele ein modulares Preismodell, nach dem Anwender nur die benötigten Prozesse erwerben und zum Einsteig auch eine Minimalkonfiguration nutzen können. Ebenso ist nur kundenspezifisch festzustellen, ob sich der Implementierungsaufwand durch Referenzprozesse tatsächlich reduziert. Prestele sieht hier eine Spannbreite, angefangen bei Projekten, deren Anforderungen sich weitgehend abdecken lassen und innerhalb von sechs bis zehn Wochen drei oder vier Geschäftsprozesse abbilden können. Am anderen Ende der Skala stehen Integrationsprojekte in heterogenen IT-Umgebungen samt Legacy-Systemen, bei denen schon im ersten Projekt Laufzeiten von zwei bis fünf Monaten zu veranschlagen, der Anpassungsgrad bis zu 30 Prozent betragen kann und mehr Beratung und Support nötig sind.