Niedriger Ausbildungsstand und hohe Fluktuation
In Europa ist diese SAP-Industrialisierung aufgrund der hohen Lohnkosten zunehmend ein wichtiges Thema. Doch auch für die Offshore-Aktivitäten steht die Automatisierung an oberster Stelle, wenngleich aus anderen Gründen: Der vergleichsweise niedrige Ausbildungsstand der SAP-Consultants und die relativ hohe Fluktuation verringern die Lohnkostenvorteile deutlich. In den Leading Cost Countries, kurz LCCs, ist es deshalb essenziell, die SAP-Entwickler in einem speziellen Arbeitsgebiet schnell auf Geschwindigkeit zu bringen - im Idealfall, ohne dass ein großer administrativer Entwicklungs-Overhead und eine prozessbegleitende Einarbeitung notwendig wären.
Tibor Piroth, CEO von Siemens IT Solutions and Services (SIS) Thailand, hat das vor vier Jahren erfahren: Mit 400 SAP-Professionals und jährlich etwa 15.000 Change-Requests an mehr als 30 SAP-Systemen gehörte SIS Thailand zu den großen SAP-Application-Management-Centern von Siemens; im vergangenen August wurde es von Atos Origin übernommen. Durch den Einsatz moderner CR&T-Management-Tools ließen sich dort die administrativen Kosten für jeden Change-Request im zweistelligen Prozentbereich verringern.
- Sieben Trends zur Arbeit von morgen
Die Studie "Evolving Workforce Research" von Dell und Intel beschreibt, wie die Arbeit von morgen aussehen könnte und nennt sieben Trends. - 1. Crowd-Sourcing
In der Arbeitswelt von morgen arbeiten Menschen in <b>virtuellen Teams</b> zusammen, oft ohne sich zu kennen. Diese Teams werden kurzfristig zusammengestellt und sind über moderne Kommunikationsmittel verbunden. Anders als in vielen heutigen Projekten definiert sich diese Crowd vor allem funktional und weniger durch Hierarchien. Pervasive IT und Cloud Computing bieten dafür eine technische Grundlage. Die Mitarbeiter in solchen virtuellen Teams gehen oft <b>kein festes Beschäftigungsverhältnis</b> ein, sind flexibel und daran gewöhnt, mit stark schwankenden Einkommensverhältnissen zurechtzukommen. Das kann zwar kurzfristig zu einer Steigerung der Produktivität führen, langfristig können Unternehmen aber auch Schwierigkeiten bei der Bindung von Spezialisten bekommen. - 2. Das Ergebnis muss stimmen
War die Arbeitswelt bisher primär über die vertraglich geregelte Arbeitszeit organisiert, so rückt jetzt das <b>Arbeitsergebnis</b> in den Fokus. Da sich die Produktivität der Arbeitsprozesse gerade unter den Bedingungen des Crowdsourcings nur unzureichend über die Anzahl aufgewendeter Stunden erfassen lässt, werden zunehmend <b>Output-orientierte Messmethoden</b> eingeführt. - 3. Einsatz von mobilen Geräten
In Unternehmen werden <b>unterschiedliche Endgeräte</b> und Betriebssysteme verwendet, die auf die jeweiligen Einsatzbereiche abgestimmt sind. Cloud Computing bietet dafür eine Fülle von Möglichkeiten, da die jeweiligen Endsysteme damit auf einen <b>praktisch unbegrenzten Vorrat</b> an Daten und Anwendungen zugreifen können. Kompatibilität, Interoperabilität und Datensicherheit sind dabei entscheidende Faktoren. Nur solche Systeme werden sich durchsetzen, die sich nahtlos in die IT-Landschaften integrieren lassen. - 4. Generationenkonflikte
Die Generationen sind einen <b>unterschiedlichen Umgang</b> mit IT und mit Kommunikationstechnik gewohnt. Das kann zu Spannungen zwischen erfahrenen und jüngeren Mitarbeitern führen. Letztere sind vielleicht Digital Natives, haben aber nicht den Erfahrungsschatz ihrer älteren Kollegen. Generell werden die <b>Arbeitsteams künftig heterogener</b> zusammengesetzt sein, nicht nur hinsichtlich des Alters, sondern auch was den kulturellen oder ethnischen Hintergrund betrifft. Erfolgsentscheidend wird auch sein, ob es gelingt, den Wissensaustausch zwischen Generationen und Gruppen voranzubringen. - 5. Werte versus Regeln
Die IT gibt Unternehmen Möglichkeiten, die Leistung ihrer Mitarbeiter umfassend zu analysieren. Arbeitsprozesse werden auf dieser Basis reglementiert und kontrolliert. Da ein gutes <b>Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer</b> elementar ist, müssen beide Seiten einander vertrauen. Zukunftsorientierte Firmen könnten daher eher auf ein werte- als auf ein regelbasiertes Modell bauen. - 6. Innovative Mitarbeiter
Innovationen werden künftig weniger vom Management eingebracht als von Mitarbeitern, die ihre privaten Geräte und Anwendungen auch im beruflichen Umfeld nutzen. Diese Beschäftigten sind mit IT sozialisiert und wollen ihren selbstbestimmten Lebensstil beibehalten, wozu der <b>Gebrauch von privaten Notebooks, Smartphones</b> ebenso gehören kann wie Social-Media-Aktivitäten. Die Mitarbeiter sind mit den Systemen in der Regel bestens vertraut und können mit ihnen effizient arbeiten, so dass Restriktionen von Seiten der Unternehmen kontraproduktiv wären. Sie müssen daher <b>Verfahren entwickeln</b>, um diese privaten Systeme in ihre IT-Strukturen zu integrieren. - 7. Neue Aufgaben für die IT
Mit dieser Consumerization entstehen <b>neue Anforderungen</b> an die IT. Sie muss die Entwicklungen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter aufgreifen und dabei bedenken, dass sich neue Mitarbeiter bewusst wegen der <b>Verfügbarkeit moderner Systeme</b> für einen Arbeitgeber entscheiden. Die IT-Verantwortlichen sollten solche über herkömmliche IT-Themen hinausreichenden Aspekte in ihren Aufgabenkatalog aufnehmen. - Fazit
Da der Wandel durch die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik vorangetrieben wird, sollen Arbeitgeber den Hebel an dieser Stelle ansetzen und <b>individuelle Konzepte</b> zum Umgang damit entwickeln. Die <b>Integration der sozialen Medien</b>, die Bereitstellung einer umfassenden Kommunikationsstruktur und die Einbindung privat genutzter Geräte bieten Chancen, um Arbeitnehmer an ein Firma zu binden und die Arbeit effektiv zu gestalten.
Nach dem Vorbild der Automobilindustrie
Die osteuropäische Automobilindustrie hat in den vergangenen zehn Jahren Kosten und Qualität ihrer Werke auf den Operational-Excellence-Methoden und Lean-Management-Prinzipien des "Toyota Production Systems" aufgesetzt. Analog dazu hat SIS Thailand nach einer Wertstromanalyse ein Operational-Excellence-Programm für das SAP-CR&T-Management ins Leben gerufen.
Lessons learned
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CR&T-Management muss als "Operational-Excellence"-Projekt begriffen werden. Aus anderen Funktionsbereichen wie der Automobilproduktion lassen sich Best-Practices übernehmen. Erprobte Methoden aus Lean Management und der Six Sigma, beispielsweise Null-Fehler-Ziel oder die sieben Arten der Verschwendung sind gut auf CR&T-Projekte übertragbar.
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Starker Management-Support ist wichtig. Wie bei jedem Automatisierungsvorhaben müssen alle IT-Manager geschlossen hinter dem Projekt stehen
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Ebenso wichtig ist das "Buy-in" der Mitarbeiter. Den bei Automatisierungs- und Rationalisierungsvorhaben üblichen Zweifeln und Ängsten lässt sich a priori durch Überzeugungsarbeit begegnen
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Es geht um die Prozesse: Value Stream Analysis und Value Stream Design sind die Schlüssel zum Erfolg. Eine detaillierte Prozessanalyse mittels Standard-Methoden wie Refa und ein klar umrissenes Prozess-Design-Zielbild sind die Voraussetzungen, um die Ratio-Potenziale heben zu können.
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KPI’s sind a priori zu definieren - und a posteriori zu managen. Eine stringente Zielvorgabe wie "Null-Fehler" oder "Six Sigma" hilft dabei, sich auf die wesentlichen Wertetreiber zu konzentrieren.
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Form follows function. Das Tool-Reengineering sollte auch Anlass für ein Prozess-Engineering sein.
Um die in Frage kommenden Anbieter zu evaluieren, erstellte SIS Thailand eine Checkliste für die Anforderungen an ein effizientes und effektives CR&T-Management. Auf Basis der Standardlösung Conigma der Galileo Group AG entstand schließlich ein "Software-Fließband" für SAP-Änderung und -Pflege.