Industrialisierung hat Konsequenzen

31.01.2006
Von Dirk Taubner

Eher eine billige oder lieber eine schnelle Lösung?

Auch der Auftraggeber muss hinzulernen. Er muss mehr noch als bislang entscheiden, ob er vorzugsweise eine billige oder eine schnelle Lösung anstrebt, ob er auf Standards oder auf Innovation setzt. Die Fähigkeit, Zulieferungen gezielt einzukaufen und zu steuern, muss sich verbessern, gegebenenfalls sogar über mehrere Stufen und räumlich verteilt. Die durchgehende Projektsprache ist Englisch - in Deutschland ist das noch nicht überall selbstverständlich. Doch nur damit ist beispielsweise erfolgreiches Offshoring in Indien möglich.

Das Aufgabenspektrum der Beteiligten verschiebt sich

Der Umgang mit anderen Mentalitäten und Arbeitskulturen kann zu einem wichtigeren Faktor werden als das Beherrschen von Technik. Hierzu gehört auch die psychosoziale Bewältigung einer "Mehrklassengesellschaft", wie sie de facto durch das starke Lohngefälle von On- und Offshore-Mitarbeitern entsteht. Die Anforderungen an die Reisebereitschaft steigen, außerdem wird der globale Wettbewerb dafür sorgen, dass das Gehaltsniveau sinkt. Gleichzeitig dürften die Arbeitszeiten pro Jahr steigen - eine Botschaft übrigens, die für viele IT-Profis gar nicht so schmerzlich ist.

Beim Lieferanten wie beim Auftraggeber verschiebt sich das Aufgabenspektrum der Beteiligten zunehmend in Richtung Management, Koordination und Konzeption. Entwickler werden sich als Industrieingenieure verstehen und nicht - wie heute noch oft - als Kunsthandwerker. Die Professionalisierung und verbesserte Prozessbeherrschung erfordern mehr Disziplin bezüglich Vorgehen und Vorgehensvorschriften. Auch projektintern wird mehr Präzision bei Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen erforderlich.