Filialen im Internet sollen Umsatz ankurbeln

Indirekter Vertrieb klappt auch im Internet-Business

11.06.1999
CW-Bericht, Frank Niemann Filialnetze im Web, vergleichbar mit den indirekten Vertriebsmodellen in der realen Welt, sollen Online-Shops mehr Kunden und zusätzliche Einnahmen bescheren. Marktforscher sagen diesem Geschäftsmodell eine rosige Zukunft voraus.

Wozu sollen Filialen im Web gut sein, schließlich wurden doch indirekte Vertriebswege durch das Web überflüssig? Dennoch richten immer mehr Online-Geschäfte Filialnetze im Internet ein, um so den Absatz ihrer Produkte voranzutreiben und ihrem Markennamen zu mehr Glanz zu verhelfen. Auf der anderen Seite gibt dieses Konzept Web-Site-Betreibern die Möglichkeit, mit ihrer Online-Präsenz Geld zu machen. Eine Einschätzung dieses Geschäftsmodells liefert die Gartner Group: Deren Analysten prognostizieren, daß im Jahr 2000 über 75 Prozent aller Internet-Shops Filialnetze (Affiliate Networks) im Web unterhalten werden.

Die Betreiber von Filialnetzen versprechen sich von diesem Konzept ein höheren Umsatzzuwachs im Web. Anbieter von Software und Dienstleistungen zum Aufbau von elektronischen Distributionskanälen preisen ihren Ansatz als gewinnbringende Alternative zu Banner-Werbung und Partnerschaften mit Inhaltsanbietern (Content-Sponsoring) an. Ihre Argumente klingen einleuchtend: Beim Online-Advertising zahlt der Werbetreibende für die Kontakte, sprich die Anzahl der Surfer, die aufgrund der Anzeige seine Site besuchen. Dies sagt jedoch nichts darüber aus, wieviel die Kunden bei ihrer Visite bestellen. Ebenfalls nur ungenau läßt sich bestimmen, wieviel Zusatzgeschäft die Kooperation mit einem Internet-Portal bringt. Üblicherweise versuchen beide Seiten den zu erwartenden Umsatz zu schätzen und handelt daraufhin einen Preis für das Content-Sponsoring aus. Nicht so bei virtuellen Filialen: Spezielle Auswertungswerkzeuge ermitteln, welchen Umsatz der einzelne Besucher generiert. Nur bei Zustandekommen einer Transaktion zahlt der Shop-Betreiber eine Provision an die Affiliate.

Die Idee der Online-Filialen begeisterte offenbar auch den texanischen PC-Hersteller Dell Computer, der bisher für sein direktes Vertriebsmodell bekannt war. Die Texaner arbeiten dabei mit der auf Filialnetze spezialisierten Dienstleistungsfirma Linkshare Corp. aus New York (www. linkshare.com) zusammen. Linkshare unterhält ein Netzwerk von rund 65000 individuellen Web-Sites. Mit einigen von ihnen will der PC-Hersteller Vertriebspartnerschaften eingehen. Für jeden Kunden, der von einer dieser Sites zu Dell vermittelt wird, zahlt Linkshare eine Provision auf die Verkäufe. Nach Angaben der deutschen Niederlassung des Rechneranbieters wird es vom Erfolg dieses Konzepts in den USA abhängen, ob auch in Europa virtuelle Filialen entstehen.

Während Dells Aktivitäten mit Linkshare erst seit März dieses Jahres Gestalt annehmen, verfügt der Online-Buchladen Amazon. com bereits seit Mitte 1998 mit "Amazon.com Associates" über ein solches Netzwerk.

Mehr als 280000 Web-Sites sind seitdem mit Amazon.com liiert und trugen wesentlich zum Erfolg des Branchenprimus im elektronischen Vertrieb bei. Auch die deutsche Dependance Amazon.de sowie deren Konkurrent Buch.de unterhalten ein Partnerprogramm im Internet. So kann der Besucher der Web-Site http://www. quicken.de des Finanzsoftwareanbieters Intuit nach Literatur suchen und landet daraufhin auf Amazon.de, wo er dann seine Bestellung aufgibt. Internet-CD-Vertreiber Cdnow betreibt ebenfalls ein solches Netz, an dem sich über 200000 Partner beteiligen. Ein Verzeichnis deutscher Partnerprogramme befindet sich unter http:// www.partner-programme.de.

Im Gegensatz zu Amazon.com, die ihr Filial-System in Eigenregie entwickelten, entscheiden sich andere Unternehmen für die Komplettlösungen von Software-An- bietern. So nutzt beispielsweise das Internet-Auktionshaus Qxl (http://www.qxl.de) das Produkt "Ichannel" von Imediation (http://www.imediation.com), um ein europaweites Affiliate Network aufzubauen. Qxl will auf diese Weise Betreiber von Internet-Geschäften dazu gewinnen, auf ihren Web-Sites einen Zugang zum Online-Auktionshaus anzubieten.

Imediations Produkt Ichannel richtet sich jedoch ausschließlich an die 500 größten E-Commerce-Sites in Europa und den USA. Das 1998 gegründete Unternehmen mit Sitz in Paris verfolgt das Konzept der virtuellen Sites: Dabei greifen Besucher der Filiale auf einen Teil, quasi eine abgespeckte Version des zentralen Online-Shops, zu. Ein Beispiel dafür liefert das Web-Portal Yahoo. Über das Verzeichnis "Yahoo Computers Shopping" kann der Besucher aus einer Reihe von Produkten verschiedener Anbieter auswählen. Hierzu stellen die Hersteller Daten ihrer Produkte zur Verfügung. Sowohl der Online-Katalog als auch der Warenkorb befinden sich auf der Yahoo-Site.

Lediglich die Bestellung der Ware wird dann an den eigentlichen Web-Shop des PC-Herstellers weitergeleitet. Auf diese Weise bleibt der Käufer lange Zeit mit dem Portal verbunden, bis das eigentliche Kaufhaus im Hintergrund zum Vorschein kommt. Dies erlaubt es der Filiale, in diesem Fall Yahoo, die eigene Marke zu stärken. Zudem ziehen die Vertriebspartner des Affiliate-Network-Betreibers Nutzen aus den dabei gesammelten Kundendaten, indem sie ihnen beispielsweise zusätzliche Angebote über Dienstleistungen und Produkte unterbreiten.

Wie bei realen Fachgeschäften haben auch Affiliates im Internet die Möglichkeit, sich auf bestimmte Zielgruppen zu konzentrieren. Eine Site mit Sportinhalten tritt idealerweise als Vertriebspartner für Freizeitartikel auf. Zudem ist ein Online-Händler in der Lage, sich über sein Filialnetz Käuferschichten zu erschließen, die er sonst außer acht lassen würde. Beispielsweise könnte ein Internet-Shop für CDs über spezialisierte Filialen Tonträger an sehr kleine Fan-Gemeinden vertreiben.

Möglicherweise profitieren zukünftig auch Zwischenhändler von Web-Affiliates, die bereits in der realen Welt als Vertriebspartner auftreten und ihre Umsätze durch den elektronischen Handel gefährdet sehen: Sie könnten den Schwund durch Provisionen aus der Teilnahme an Online-Filialprogrammen ersetzen.

Affiliate Networks

Einige Anbieter haben sich darauf spezialisiert, ihren Kunden Web-Sites für den Aufbau von virtuellen Filialen aufzubauen. Zu den bekanntesten zählen Linkshare (http://www.linkshare.com), Be Free (http://www.befree.com) sowie Clicktrade (http://www.clicktrade.com). Sie bringen die Shop-Betreiber mit potentiellen Filialen, sprich Web-Sites, zusammen. Gleichzeitig ermitteln diese Firmen die Provision.

In den meisten Fällen muß die virtuelle Filiale nichts weiter tun als einen Text, Button oder Banner an prominenten Stellen auf seiner Homepage plazieren, um an einem Affiliate Program teilzunehmen. Beim Anklicken dieser Elemente gelangen Surfer auf die Web-Site des Online-Shops, der die Internet-Filialen unterhält.