Mehr Fachkräfte, kleinere Preise

Indiens Outsourcing-Provider wenden sich nach Japan

20.08.2009
Von pte pte
Inmitten der Finanzmarktkrise beginnen indische Software- und Outsourcing-Unternehmen verstärkt damit, den japanischen Markt für sich zu entdecken.

Der Vorstoß der Inder nach Japan kommt Insidern nach nicht von ungefähr. Obwohl die Geschäfte jahrelang mehr als profitabel liefen, wollen sich die Dienstleister damit sukzessive unabhängiger von US-amerikanischen Finanzkunden machen. Während indische Anbieter von Informationstechnik wie Infosys Technologies oder Wipro Technology noch vor fünf Jahren mit kleinen Teams in Asien und insbesondere Japan vertreten waren, sind heute bereits Tausende von Mitarbeitern für den aussichtsreichen Markt abgestellt. Zudem altert die Gesellschaft Japans schnell und bringt wenige Ingenieure hervor.

"Dass sich die Outsourcing-Unternehmen mehr und mehr diversifizieren müssen und andere Märkte wie Japan in Betracht ziehen, ist nachvollziehbar. Zu lang hat man sich auf die USA konzentriert. Unternehmen dort müssen durch Restrukturierungen nun aber selbst einsparen", so Thomas R. Köhler, Geschäftsführer der CE21 - Gesellschaft für Kommunikationsberatung mbH, gegenüber pressetext. Laut dem Outsourcing-Experten und Buchautor können die Kosten der Software-Entwicklung bei großen Projekten, die man in Indien durchführen lässt, auf 30 bis maximal 40 Prozent gesenkt werden. "Ein Grund, warum indische Outsourcing-Anbieter in Europa noch rar sind, ist die Sprachbarriere", sagt Köhler.

Die Zeiten haben sich auch für Japans Unternehmen inzwischen geändert, da diese angesichts der veränderten Rahmenbedingungen immer stärker dazu gezwungen sind, Outsourcing zügig voranzutreiben. Dass sich die weitreichenden Marktstrategien für die Inder lohnen, zeigt sich unter anderem daran, dass Wipro in dem am 31. März 2009 beendeten Geschäftsjahr allein in Japan 15 Prozent gestiegene Erlöse auf 115 Millionen Dollar erzielt hat. Das sind inzwischen zwei Prozent des gesamten Umsatzes von Wipro. Ambitioniert geht das japanische Management davon aus, dass ihr Anteil am Gesamtgeschäft in den nächsten Jahren zehn Prozent betragen wird. Der Trend zur Diversifizierung nimmt für Indiens Software-Unternehmen zu.

Japan scheint als Outsourcing-Markt für viele Dienstleister die Rettung zu sein. Im Zuge der vorrangig von den USA ausgehenden Kernschmelze der Finanzbranche reduzierten sich die Erlöse der Outsourcer allein in den Vereinigten Staaten teilweise um bis zu 60 Prozent. Aufträge von wankenden Instituten wurden auf Eis gelegt oder gestrichen. Viele japanische Unternehmen dagegen übten sich bislang eher in Zurückhaltung mit dem Thema Outsourcing durch ausländische Anbieter. Obwohl es nach wie vor Vorbehalte in Japan zu geben scheint, wächst das Geschäft. "Dieser Trend wird langfristig nicht aufzuhalten sein", schätzt Köhler auf Nachfrage von pressetext.

Ein Bericht des "Wall Street Journals" gibt dem Fachmann Recht. So helfen Indiens Ingenieure im Auftrag Toshibas bereits bei der Entwicklung von Navigationssystemen für Autos. Zudem werden Medizinscanner für Olympus entworfen. Infosys ist im Software-Design für Fujitsu aktiv und Tata Consultancy Services arbeitet bei innovativen On-Board-Systemen für einige Nissan-Modelle mit. Aber auch Investmentbanken wie die Daiwa Securities SMBC hat Tata für sein internationales Trading-System engagiert. Ausschlaggebend für Tata soll das Know-how sowie die Preisgestaltung der Inder gegenüber ihren japanischen Kollegen gewesen sein. (pte)