SAP-Technologie

In-Memory-Computing - zwischen IT-Beschleuniger und Nische

01.06.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Konfusion um Dimensionen

Carsten Bange, Geschäftsführer Barc: "Gerade im BI-Umfeld steigen die Ansprüche. Es drückt von allen Seiten."
Carsten Bange, Geschäftsführer Barc: "Gerade im BI-Umfeld steigen die Ansprüche. Es drückt von allen Seiten."

An diesem Punkt sieht Carsten Bange vom Business Application Research Center (Barc) jedoch einige Konfusion im Markt. Man müsse die einzelnen Techniken deshalb exakt voneinander trennen. Im Grunde stehen die verschiedenen Dimensionen In-Memory oder Hard-Disk sowie Zeilen oder Spalten nebeneinander. Dazu komme als dritte Dimension noch die Art der Bereitstellung als On-Premise-Software, im SaaS-Modell oder als Appliance: "Das sind aber voneinander unabhängige Themen." Demnach lasse sich eine klassische relatio-nale Datenbank so bauen, dass sie komplett im Hauptspeicher läuft und als Stück Software ausgeliefert wird. Ferner sei eine Appliance denkbar, in der eine Disk-basierte spaltenorientierte Datenbank ihren Dienst verrichtet. "Man findet für alle möglichen Kombinationen Beispiele", meint der Marktbeobachter.

Grundsätzlich gilt Bange zufolge die Trennung zwischen Zeilenorientierung für OLTP und Spaltenorientierung für Olap heute schon noch. Auf mittlere Sicht könne es jedoch durchaus sein, dass die Arten der Speicherindizierung allmählich verschwämmen. Es spreche nichts dagegen, die derzeit auch von SAP noch auf analytische Anforderungen ausgerichtete HANA-Datenbank in Zukunft auch für operative Aufgaben einzusetzen. Bis dahin müssten jedoch noch etliche Hausaufgaben erledigt werden. "Man steckt hier noch früh im Entwicklungsstadium", warnt der Experte vor überzogenen Erwartungen. "Es gibt sicher noch viele Dinge, die fehlen."

Anwender warten ab

wieweit spielt In-Memory bei den Planungen für 2011 eine Rolle?
wieweit spielt In-Memory bei den Planungen für 2011 eine Rolle?
Foto: RAAD Research

Das sieht man auf Seiten der Anwender offenbar ähnlich. Die Konzepte rund um In-Memory-Computing seien grundsätzlich interessant und böten sicher auch Potenzial, konstatiert Marco Lenck, Vorstandsmitglied der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). Allerdings müssten noch viele klassische Fragen geklärt werden. Dabei gehe es um Aspekte wie Betriebs-sicherheit und -konzepte sowie Wiederanlaufverhalten und Backup-Funktionen.

Auch in Sachen neuer Datenbanktechnik sieht der Anwendervertreter noch Fragezeichen. "Die Datenbanken in den Unternehmen sind wie Wasser aus dem Wasserhahn - den dreht man auf, und dann muss es fließen." Daher sei die klassische relatio-nale Datenbank im Grunde gesetzt. Gerade hinsichtlich der Betriebssicherheit sei die Technik etabliert und ausgereift. "Das werden die Anwender nicht von heute auf morgen aufgeben", sagt Lenck.

Allerdings, so schränkt der DSAG-Vorstand ein, gebe es auch Zeiten für Paradigmenwechsel und Innovationsschübe. Damit müssten sich die Anwenderunternehmen beschäftigen und überlegen, ob sie an der einen oder anderen Stelle nicht einen neuen Weg einschlagen sollten. Gerade angesichts der wachsenden Anforderungen im analytischen Bereich sieht Lenck durchaus Chancen für die neue Technik. Um die Herausforderungen zu meistern, müssten Anwender die bestehende relationale Technik immer wieder erweitern und ergänzen.