Lomac-Attacke auf unflexible, änderungsanfällige Standardsoftware:

In fünfzig Stunden zum autonomen Anwender

25.07.1980

Der Anwender soll in seiner Landessprache selbst programmieren - das ist zusammengefaßt die Philosophie der Logical Machine Corporation ("Lomac"), Sunnyvale, Kalifornien. Seit nahezu zehn Jahren - in Deutschland seit fünf Jahren - bietet de Hardwaresysteme an, die man unter den Namen David", "Tina", "Adam" und "Goliath" kennt. Die Lomac Deutschland GmbH, Düsseldorf, vertreibt mit ihrer zunächst "unglaublich" klingenden Markt-Aussage (vergliche CW-Ausgabe 43, 46, 47, 48 und 49 aus dem Jahr 1979) ihre Produkte über ein Netz von Fachhändlern. Im folgenden Beitrag beschreibt Peter Koch * das "Instant-Konzept" der Düsseldorfer.

Den Computersystemen - ihre Preise reichen von 20 000 bis 600 000 Mark- steht durchgehend kompatibel ein Befehlssatz von rund 50 "starken" Tätigkeits- oder Hauptwörtern in deutscher oder jeder anderen gewünschten Landessprache zur Verfügung, die über eine Schreibmaschinen-Tastatur einzugeben sind. Diese Befehle lernt der Anwender in Verbindung mit den Funktionen der Systeme in weniger als einer Woche.

200 bis 1000 Stunden, so berichtete die COMPUTERWOCHE im April 1980, benötigt ein Programmierer (und erst recht ein Anwender) normalerweise zum perfekten Erlernen einer Computer-Programmiersprache wie Basic, Cobol, PL/I, Fortran, RPG, Pascal etc., von denen es je nach Hersteller und Entwicklungsstand noch vielfältige Variationen gibt.

Ganz andere Erfahrungen liegen hier bei den Fachhändlern und bei Anwendern der Systeme von Lomac vor.

Die Argumentation von Lomac setzt an der Stelle an, daß die Hardware-Preise fallen, der Markt für qualifizierte Programmierer leergefegt ist und so seit Jahren die Preise für Dienstleistungen wie Programmierung steigen. Darüber hinaus muß selbst der beste Programmierer noch die besondere Organisationsform eines jeden Anwenders erlernen, der diese doch besser kennt als jeder "Outsider".

In fast allen Fällen ist auch die sogenannte Standard-Software nicht ohne Anpassung einsetzbar oder unterliegt durch sich ändernde gesetzliche, betriebs- oder sonstwie geartete Bedingungen im nachhinein ständigen Änderungen. Das kostet (oft sehr viel) Geld, und dies immer wieder. So sieht Lomac, bedingt durch die fallenden Hardware-Preise und die steigenden Kosten für Dienstleistungen, eine zunehmende Bereitschaft der Anwender, sich "die Zeit" für die Erstellung eigener Programme zu nehmen.

Speziell kleinere Unternehmen können und wollen sich keine eigenen Programmierer leisten. Die Verfahren der anderen DV-Hersteller, die vorgefertigte standardisierte Programmlösungen anbieten, bringen in der Regel eine organisatorische Umstrukturierung der Betriebe mit sich. Maßgeschneiderte Lösungen sind zu kostenintensiv. Der von Lomac eingeschlagene Weg bedeutet nun für den Anwender, daß er die Lösung seiner Anwendung selbst realisieren kann.

Innerhalb von wenigen Tagen ist jeder "normalbegabte" Mensch in der Lage, das Lomac-System zu bedienen und seine Anwendungen zu erstellen. Das System führt den Anwender in Form eines Dialoges in deutscher Sprache in die Verarbeitung ein. Die Anwendungserstellung wird laufend überwacht, und Fehlerhinweise werden unverzüglich ausgegeben. Rund 1400 Nachrichten sind für diesen Dialog in deutscher Sprache vorgesehen.

Dem System liegt, wie gesagt, keine Programmiersprache zugrunde. Aufbauend auf dem vorhandenen Befehlsvorrat können vom Anwender neue Verben erstellt und nach dem Baukastenprinzip komplette Lösungen realisiert werden. Bei der Benutzung der einzelnen Baukästen sind ihm keine Einschränkungen gesetzt.

Darüber hinaus bietet des System einfache Speichelmethoden. Es werden weder Feld- und Satz- noch Dateilängen benötigt, sondern es wird mit völlig variablen Längen gearbeitet. Damit erfordert eine gespeicherte Information nur soviel Speicherkapazität, wie die Information Zeichen hat. Die Systemsoftware hilft dem Anwender beim Anlegen der Datei. So wird bereits beim Anlegen der Datei definiert, nach welchen Kriterien die Datei sortiert werden soll. Damit entfallen die Sortierläufe, und auf die Datei kann nach verschiedenen Sortierkriterien zugegriffen werden.

Wird eine bestimmte Zugriffszeit innerhalb der Verarbeitung überschritten, so reorganisiert sich das System automatisch. Kopieren, Datensicherung und selektierendes Kopieren werden per Tastendruck gestartet. Die Programmdokumentation erübrigt sich ebenfalls weitestgehend, da die Dokumentation jederzeit auf dem Drucker oder Bildschirm ausgegeben werden kann.

Software-Geschäft nicht im Sinn

Natürlich geben Lomac-Händler ihren Kunden auch "Grundsatz-Software" wie FiBu oder Lohn "mit auf den Weg"; aber die Kunden sollen selber modifizieren, die Programme ihren Bedürfnissen anpassen, diese später ändern und spezielle Programme selber erstellen können.

"Wir sind froh, wenn die noch bestehende Notwendigkeit für den Fachhandel, dem Kunden die Software zu liefern, abnimmt", sagt Lomac. In etwa der Hälfte aller Fälle erstellt der Fachhändler heute noch die Basis-Programme für seine Kunden selber.

Das Lomac-Konzept der Programmierung in deutscher Sprache bietet dem Fachhandel die Chance, dem Kunden ein abgerundetes Bürocomputer-Produktprogramm zu offerieren, ohne daß er nach teuren EDV-Spezialisten Ausschau halten müßte: Das Programmieren erfordert nachweisbar bis zu 80 Prozent weniger Zeit als üblicherweise.

Das gilt für das kleine Einzelplatz-(Tina) wie für das Multianwender-System (Goliath), denn auch hier wird das Programm am Arbeitsplatz erstellt und verwaltet.

Inzwischen sind weltweit über 2000 Lomac-Systeme installiert. Die Summe der vorliegenden Erfahrungen bei den Anwendern gibt Lomac des Recht zu der Behauptung: 1000 Stunden Erlernung der Programmiersprachen und Einarbeitung sind 950 Stunden zuviel.

* Peter Koch (55) ist als Wirtschafts- und Marketingberater für Computer- und Textsystem-Industrie- und Vertriebsunternehmen tätig, darunter für die Lomac Deutschtand GmbH, Düsseldorf.