Hannoversche Verkehrsbetriebe mit rechnergesteuertem Betriebsleitsystem:

In der Rush-hour wird's mulbyg

06.08.1976

MÜNCHEN - In die letzte Testphase geht jetzt ein "Rechnergesteuertes Betriebsleitsystem" (RBL) für die Stadtbahn der Hannoverschen Verkehrsbetriebe ÜSTRA.

Das von der Aachener Krantz Computer GmbH & Co. KG entwickelte Projekt im Gesamtwert von ungefähr einer Million Mark soll einen verbesserten und vereinfachten Betriebsablauf der sowohl über der Erde als auch in Tunnels fahrenden Stadtbahn ermöglichen.

Zentrale Hardware-Einrichtung des RBL sind zwei Mulby 3/35-Minicomputer mit je 64 K-Hauptspeicher im Verwaltungsgebäude der ÜSTRA. Die Konfiguration vervollständigen zwei Wechselplattenspeicher, vier Bildschirmgeräte, Drucker und Lochkartenleser.

Festverdrahtete Hardware-Logik

Alle Fahrzeuge des Hannoverschen. Verkehrsbetriebes sind mit einer festverdrahteten Hardware-Logik ausgerüstet und werden vom Zentralrechner zyklisch zur Übermittlung ihres Standortes über eine 1200 Baud-Funkstrecke aktiviert. Der Standort wird aus einem Ortscode plus Anzahl der Radumdrehungen mal fahrzeugspezifischem Eichfaktor (ermittelt nach dem Durchfahren einer Eichstrecke) berechnet.

Zusammen mit der Uhrzeit ergibt sich daraus die jeweilige Position jedes Fahrzeugs. Treten dabei Abweichungen vom Sollfahrplan auf, erhält der Zugführer vom Rechner eine "Fahrempfehlung" übermittelt, die auf einem Lampenfeld angezeigt wird. Die Anzeige bleibt so lange bestehen, wie eine Abweichung vorliegt.

Kein Warten vor dem Tunnel

Neben der Fahrplanabweichung beseitigt das Krantz-Betriebsleitsystem eine besonders für den Tunnelbetrieb unerwünschte Störung: Folgezeitabweichungen zum vorlaufenden Fahrzeug führen häufig dazu, daß Bahnen zu dicht auffahren und es dadurch wegen des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu langen Wartezeiten vor dem Tunnel kommt. Diese Betriebsstörung, soll dadurch vermieden werden, daß der Rechner in der ÜSTRA-Zentrale anhand der aktuellen Standortmeldung die voraussichtliche Ankunftszeit am Tunneleingang ermittelt. Durch einen Vergleich der Ist-Ankunftszeiten korrespondierender Fahrzeuge mit einem automatisch berechneten Soll-Zugfolgeplan werden eventuelle Abweichungen erkannt und beseitigt. Das Krantz-System überwacht ferner die Umsteigebedingungen von der Stadtbahn zur Straßenbahn oder zum Bus, um den Fahrgästen optimale Anschlußmöglichkeiten zu gewährleisten.