Tepper: Mit NCR weltweit Computermarkt erobern

In den USA ist das Verhältnis zwischen AT&T und NCR nach wie vor unterkühlt

29.03.1991

Seit Mitte Dezember letzten Jahres tobt in den USA der Übernahmekampf zwischen AT&T und NCR. In Deutschland gibt sich Rainer Liebich, Chef der Augsburger NCR GmbH, bislang gelassen. AT&T nämlich ist in Sachen Computer hierzulande und auch europaweit noch nicht sonderlich in Erscheinung getreten. Seit Januar hat Liebich dennoch einen Gegenspieler bei AT&T in Frankfurt, Jürgen Tepper, ehemaliger Tandon-Europa-Chef, soll für den US-Telefonriesen eine europäische Computerdivision aufbauen. Über die Situation AT&T kontra NCR in den USA, in Europa und in Deutschland sprachen Rainer Liebich und Jürgen Tepper auf der CeBIT mit CW-Redakteurin Beate Kneuse.

CW: Herr Tepper, knapp ein Jahr waren Sie von der DV-Bildfläche verschwunden. Seit Anfang Januar sind Sie wieder im Geschäft - als Vice-President Europe Computer Systems bei AT&T in Frankfurt. Ihre

Aufgabe soll sein, für AT&T eine Computerdivision in Europa aufzubauen. Spektakulärer hätte Ihre Rückkehr wohl nicht sein können?

Tepper: Sie erscheint doch nur deshalb spektakulär, weil AT&T derzeit versucht, NCR zu übernehmen. Meine ersten Gespräche mit AT&T über meinen Einstieg in das Unternehmen mit dem Ziel, das Computergeschäft in Europa aufzubauen- liegen weit über ein halbes Jahr zurück. Zu jenem Zeitpunkt war keinem der Beteiligten bekannt, daß die Absicht besteht, NCR zu kaufen.

CW: Aber wie Paßt zusammen, daß Sie ein europäisches Computergeschäft für AT&T aufbauen sollen, wenn mit NCR ein Unternehmen umworben wird, das im europäischen DV-Geschäft bereits eine feste Größe ist?

Tepper: Vorab möchte ich sagen, daß die ganzen Aufbaupläne angesichts der Übernahmeaktion momentan etwas eingefroren sind. Außerdem war die Entscheidung, NCR zu kaufen, ein weltweiter Entschluß. Es geht nicht um Deutschland, es geht nicht um Europa, sondern darum, wie AT&T schneller im weltweiten Computermarkt vorankommt.

CW: Vorankommt? Wäre "hineinkommen" nicht die bessere Formulierung?

Tepper: Das kann man so nicht sagen. In den USA ist AT&T seit vier Jahren auf dem Computermarkt aktiv. Der Computerbereich umfaßt dort immerhin an die 9000 Mitarbeiter. Was man nicht hat, ist der Rest der Welt. Dies aber soll sich nun so schnell wie möglich ändern. AT&T will jetzt mit guten Produkten - offenen Systemen in Verbindung mit Unix und Networking - den Weltmarkt erobern. Und dies geht nun einmal am schnellsten, wenn man sich mit einem Partner zusammentut, der jetzt schon eine starke Präsenz auf dem Weltmarkt hat. NCR macht 60 Prozent des Umsatzes außerhalb der USA mit einer Infrastruktur, die flächendeckend über den gesamten Erdball verläuft. Somit ist dies sicherlich der bessere Ansatz, als erst Schritt für Schritt eine Division aufzubauen.

CW: Wie stehen denn Ihrer Meinung nach die Chancen, daß NCR künftig zu AT&T gehören wird?

Tepper: Da kann ich nur spekulieren. Alle Versuche unserer Seite, NCR freundlich zu einer Fusion zu bewegen, sind fehlgeschlagen. Daraufhin wurde von AT&T ein Angebot an die Aktionäre gemacht. Schließlich gehört NCR den Aktionären und nicht dem Chairman. Die Resonanz war positiv. Dennoch haben die Entscheidungsträger von NCR nichts unterlassen, um neue Hindernisse in den Weg zu legen. Nun findet Ende März das Aktionärstreffen statt, und ich könnte mir vorstellen, daß einige Aktionäre mit der Vorgehensweise des NCR-Boards nicht so ganz glücklich sind. Möglicherweise wird dies der Tag sein, an dem die Entscheidungsträger umdenken müssen.

CW: Wäre es aber nicht sinnvoller, sich gütlich zu einigen?

Tepper: Unser Bestreben ist es nach wie vor, uns friedvoll an einen Tisch zu setzen. So haben wir erst unlängst angeboten, unsere Offerte auf 100 Dollar pro Aktie zu erhöhen, um die NCR-Verantwortlichen zu neuen Verhandlungen zu bewegen. Leider zeigte man aber keinerlei Interesse, mit uns zusammenzukommen und sich mit uns auszusprechen. Dies wiederum ist sicherlich nicht im Interesse der Aktionäre.

CW: Ist denn AT&T bereit, das Angebot noch einmal zu erhöhen?

Tepper: Ich glaube, daß die von Charles Exley immer wieder in den Raum gestellten 125 Dollar pro NCR-Aktie zu hoch gegriffen sind. Das 90-Dollar-Angebot ist schon sehr großzügig, die 100-Dollar-Offerte war es erst recht. Man darf nicht vergessen, das dies mehr als der doppelte Kurswert ist, der beim Verhandlungseinstieg bestand. Natürlich hätte man während der Verhandlungen - wenn es jemals dazu gekommen wäre - über andere Möglichkeiten sprechen können. Nur - eine Forderung, die fast das Dreifache des Kurswertes darstellt. ist meiner Ansicht nach überzogen.

CW: Wenn es tatsächlich zur Übernahme von NCR durch AT&T kommt, erübrigt sich doch Ihre Aufgabe. Was tun Sie denn dann?

Tepper: Das ist eine gute Frage, die ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten kann. Entsprechende Gespräche fanden bislang nicht statt, weil wir nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen wollen. Noch steht nicht fest, daß NCR Übernommen wird, niemand weiß, wann dies geschehen könnte. Erst nach der Fusion sind Entscheidungen möglich, was mit den Mitarbeitern geschieht. Schließlich geht es dabei nicht nur um meine Person, sondern auch um die Angestellten, die bereits für AT&T Computer Systems in Europa arbeiten.

CW: Wie viele sind das?

Tepper- Die Zahl ist noch recht klein. Wir sind ja noch in der Anfangsphase. Es müßte aber wohl möglich sein, eine solch geringe Mitarbeiterzahl problemlos in die NCR-Belegschaft innerhalb Europas zu integrieren.

CW: Bei Fusionen wird immer wieder das Wort Synergie-Effekte strapaziert. Wo sehen Sie diese denn im Falle des Zusammengehens von AT&T und NCR?

Tepper: Das Wort Synergie ist fast schon zu abgedroschen. Es ist ein reines Marketingtool. Deshalb will ich es auch gar nicht benutzen. Fest steht aber doch, daß es immer Probleme gibt, wenn zwei Unternehmen zusammengeschlossen werden, die in gleichen oder ähnlichen Marktsegmenten aktiv sind und über flächendeckende Organisationen verfügen. Im Fall AT&T / NCR besteht eine andere Situation. Sieht man einmal von den USA ab, wo es zu Überlappungen käme, weil AT&T dort bereits aktiv im Computergeschäft ist, ergeben sich für den Rest der Welt keine Probleme. AT&T ist dort nicht oder nur geringfügig präsent. In Europa sehe ich somit überhaupt keine Probleme.

CW: Und wie sieht es mit einem Gespann Tepper/Liebich aus?

Tepper: Ich bin Europa-Manager für AT&T, Herr Liebich ist Deutschland-Chef für NCR. Mein Bestreben ist sicherlich eine europäische Position, nicht eine deutsche.

CW: Abschließende Frage: Was ist für Sie persönlich reizvoller., eine neue Computerdivision - so wie ursprünglich geplant - für AT&T aufzubauen oder im bereits bestehenden Europa-Geschäft von NCR mitzuwirken?

Tepper: Beides hat seinen Reiz. Firmen aufzubauen hat mir immer viel Spaß gemacht. Allein in den vergangenen zehn Jahren ist mir dies mit zwei PC-Unternehmen in Europa erfolgreich gelungen. Neue Erfahrungen indes könnte ich sammeln, würde ich bei einem hinzukommenden, am Markt bereits erfolgreichen Unternehmen mitarbeiten, die Geschicke dieser Firma mitleiten und das Vorhandene mitausbauen. Deshalb wäre auch diese Aufgabe sehr reizvoll.