Immer auf den Nutzen achten!

25.02.2005
Auf den Hamburger Strategietagen diskutierten CIOs darüber, was die IT außer sparen noch kann.

"Konsolidieren, konzentrieren und konstante Erfolge generieren" - unter diesem Motto standen die Hamburger Strategietage 2005, die die Initiative Hamburg @Work in Kooperation mit den Schwesterpublikationen "CIO" und computerwoche zum dritten Mal veranstaltete. Mit dem Themenmix von der Kostenreduzierung über Prozessoptimierung bis hin zur Steigerung des Geschäftsnutzens durch die IT hatten die Organisatoren des jährlichen IT-Gipfels offensichtlich ins Schwarze getroffen: Rund 650 Gäste fanden sich zum zweitägigen Know-how-Transfer an der Elbe ein.

Industrialisierung der IT

Andreas Resch, CIO der Bayer AG und Geschäftsführer der IT-Tochter Bayer Business Services, appellierte an die IT-Verantwortlichen, sich deutlich stärker an der Industrie zu orientieren als bisher. Bislang habe es die in seinen Augen "noch am Anfang der Pubertät" befindliche IT versäumt, Standards zu entwickeln, wie sie die fertigende Industrie für ihre Produktionen eingeführt habe. Das derzeitige Vorgehen im Gros der DV-Abteilungen vergleicht Resch mit der Arbeitsweise in einer Autowerkstatt, in der parallel zur Kotflügelreparatur an anderer Stelle die Radaufhängung neu entwickelt und eingebaut wird.

Resch möchte die IT-Organisation von Bayer in eine moderne Servicegesellschaft umwandeln, um die fortlaufende Veränderung unterstützen und vorantreiben zu können. Die gelungene Transformation vom zentralen Dienstleister zur flexiblen kundenorientierten Servicemannschaft mit einem hochwertigen Angebot zu marktgerechten Preisen stellt für ihn eine ernst zu nehmende Alternative zum Komplett-Outsourcing dar.

Neue Spielregeln für den Wandel

Das erfolgreiche Management sich schnell wandelnder Strukturen erfordert aber auch ein neues Maß an Flexibilität in der Zusammenarbeit mit externen Partnern. Eine Anforderung, der Thomas Schmidt-Melchiors, CIO der Reemtsma Holding GmbH & Co. KG, im Falle seines Unternehmens mit einem Konzept namens "Adaptives SAP-Outsourcing" begegnete. "Wir haben einen atmenden Outsourcing-Vertrag entwickelt, der Anpassungen ohne Neuabschluss zulässt", berichtete der IT-Chef in Hamburg. Heute geht seine Vision in Sachen Beweglichkeit so weit, dass sich künftig "ein Stück ERP gegen ein Stück CRM" tauschen lassen soll.

Für Schmidt-Melchiors galt es, eine Antwort auf sich wandelnde Unternehmensbedingungen zu finden, als 2002 mit der Übernahme von Reemtsma durch den britischen Konzern Imperial Tobacco zwei sehr heterogene IT-Welten aufeinander prallten: So war die Konzernmutter vorwiegend dezentral organisiert und Asset-orientiert, aber die auf SAP-zentrierten, größtenteils ausgelagerten Lösungen basierende Reemtsma-IT eher zentral aufgestellt und Service-orientiert.

Entkoppelte Geschäftsprozesse

Günther König, CIO der Salzgitter AG und Chef der IT-Tochter Gesis, betrachtet "Geschäftsprozesse als Kernkompetenz". Die Anwendungen seien monolithisch gewachsen und folgten daher selten den Geschäftsabläufen, begründete der CIO die Priorisierung. Da die alten Systeme jedoch nicht zwingend schlecht seien, gelte es, die Geschäftsprozesse von der bestehenden IT-Landschaft zu entkoppeln. Die Lösung sieht König in einer Service-orientierten Architektur, die die Integration von Fachanwendungen und Services erlaubt. Die Salzgitter AG hat als weltweit erster Konzern eine eigene Applikationswelt auf Basis von SAPs Netweaver entwickelt.

Für Peter Wroblowski, CIO der Linde AG, liegt die Rechtfertigung der IT im Anwendungsbereich. Dort gehe es allerdings nicht primär um Kosten oder Payback, sondern um den Nutzen der IT für die Kerngeschäftsbereiche des Unternehmens. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es nach Ansicht des IT-Managers an der Zeit, sich aus der alten Kostenfalle herauszubewegen. "Die Frage ist, ob man sich weiterhin daran berauscht, zehn Millionen Euro aus dem Budget zu streichen, oder daran, dass man den Geschäftsnutzen der IT verbessert", so der Linde-CIO.

Vor allem durch Standardisierung und zentralisierten Einkauf ist es Wroblowski gelungen, Lindes IT-Ausgaben um 20 Prozent zurückzufahren. Vorrang hat für ihn jedoch eine bessere Geschäftsprozessunterstützung durch die IT. Bei Prozesskosten von rund acht Milliarden Euro ließen sich schon 160 Millionen Euro einsparen, wenn die Abläufe nur um zwei Prozent effizienter würden, rechnete der CIO dem Publikum vor. Die IT könne dazu mehr beitragen, als sich allein durch Etatkürzungen erreichen lasse. (kf)