Intelligente Switching-Konzepte von 3Com, Cisco und Nortel

Im LAN ist Ausfallsicherheit angesagt

04.07.2003
MÜNCHEN (CW) - Zeitkritische Anwendungen wie IP-Telefonie, Video und Instant Messaging erfordern eine hohe Verfügbarkeit bis zum Desktop. Hersteller wie 3Com, Cisco und Nortel entwickeln deshalb Switching-Konzepte, die Ausfallsicherheit und effizientes Bandbreiten-Management im gesamten LAN garantieren sollen.

Netzspezialist 3Com kündigt mit dem Chassis-basierenden Layer-3-Core-Switch "7700", dem LAN-Aggregation-Switch "4070" sowie dem Connection-Modul "XRN GBIC Fabric Interconnect" drei Produkte zur LAN-Aggregation an, die je nach Funktion feste Bestandteile des Konzepts "Expandable Resilient Networking" (XRN, siehe Kasten "Funktionsweise von XRN") sind oder ergänzend genutzt werden.

Eine Ergänzung verkörpert der Chassis-Switch 7700, der mit XRN-Konfigurationen über klassische Ethernet-Wege verbunden werden kann, aber kein generisches Element eines solchen Systems ist. Das Gerät liefert laut Hersteller auf einer integrierten Plattform Gigabit- sowie Fast-Ethernet-Multi-layer-Switching und -Routing. Damit soll ein unterbrechungsfreier Geschäftsbetrieb für konvergente Daten- und Sprachanwendungen in großen Kernnetz- und Campus-Umgebungen gewährleistet werden. 3Com verspricht mit dem Produkt ein ausfallsicheres Layer-3-Routing, Module mit Hot-Swap-Funktion sowie einen Dauerbetrieb durch redundante Stromversorgung. Außerdem sollen integrierte Quality-of-Service- sowie Bandbreiten-Management-Funktionen die nötige Qualität für Echtzeitanwendungen wie Sprache und Video garantieren.

Das "7700 Starter Kit" enthält ein Chassis mit sieben Steckplätzen sowie der Switch Fabric. Das Gehäuse unterstützt maximal sechs der folgenden Switch-Module: Acht-Port 1000Base-X-Gigabit-Ethernet, Acht-Port 1000Base-T, 48-Port 10/100Base-TX sowie 24-Port 100-FX. Das Starter Kit kostet 21995 Dollar.

Während der 7700 für die Backbone-Vernetzung ganzer Gebäudekomplexe oder eines Firmencampus konzipiert ist, sind die Switches der Produktfamilie 40x0 für den Backbone-Einsatz in einzelnen Gebäuden gedacht. Zu den Modellen "4050" und "4060" kommt mit dem 4070 nun ein drittes Serienmitglied hinzu, das als zentraler Knotenpunkt im LAN für die Aggregation von Etagen-Switches und Server-Farmen in Gebäuden fungiert. Anders als der Chassis-Switch 7700 ist der 4070 Teil einer Produktfamilie, die für den Betrieb eines XRN-Systems unerlässlich ist. Von den beiden Geschwisterprodukten 4050 und 4060 unterscheidet sich der Neuling durch den kombinierbaren Einsatz von 1000Base-SX- und 1000Base-LX-Anschlüssen. Das Produkt kostet rund 9000 Dollar.

Die dritte Neuerung ist das Connectivity-Modul XRN GBIC Fabric Interconnect, das sich aus Version 4.0 der Gigabit Multilayer Switching Software von 3Com sowie einem Erweiterungssatz mit vier Gigabit-Ethernet-Ports und Verbindungskabel zusammensetzt. Damit können Administratoren zwei Switches der 40x0-Serie zu einer logischen Backbone-Einheit zusammenfassen, obwohl beide Geräte in geografisch getrennten Gebäuden postiert sind. Das Produkt wird voraussichtlich ab September als Teil eines gebührenpflichtigen Software-Upgrades erhältlich sein.

Laut Zeus Kerravala, Analyst der Yankee Group, ist 3Com mit den neuen Produkten in der Lage, größeren Unternehmenskunden eine vollständige Enterprise-LAN-Lösung zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten. Dem Marktbeobachter zufolge wird das nicht ohne Auswirkungen auf den Wettbewerb in diesem Markt bleiben.

Tatsächlich sind auch die Wettbewerber aktiv, Anwendern im LAN hochverfügbare und breitbandige Strukturen zwischen Desktop und Backbone zur Verfügung zu stellen. Cisco hat im Juni die Serie "Catalyst 3750" auf den Markt gebracht, womit Unternehmen die Leistung ihrer LANs wesentlich verbessern können sollen. Die neuen stapelbaren Switches bieten eine höhere Ausfallsicherheit und Übertragungsraten im Gigabit-Ethernet-Bereich.

Die Catalyst 3750 Serie basiert auf der neuen Cisco-Stackwise-Technik, die dem RXN-Konzept von 3Com ähnelt. Sie bietet eine 32-Gbit/s-Schnittstelle, über die bis zu neun einzelne Switches miteinander verbunden werden können. Dieser Verbund verhält sich dann wie eine logische Einheit und ist leichter zu administrieren. Kunden sollen dadurch Sprach-, Video- und Datenapplikationen mit größerer Zuverlässigkeit einsetzen können.

Fällt eine Leitung oder ein ganzer Switch innerhalb des Stapels aus, laufen die Daten über alternative Leitungen. Diese Selbstheilungsfähigkeit wird mit Hilfe eines Doppelrings von zwei Leitungsbahnen erreicht. Zusätzlich wird im laufenden Betrieb durch Cross Stack Forwarding die Arbeitsbelastung der einzelnen Switches innerhalb des Stapels gleichmäßig verteilt, so dass Engpässe vermieden werden.

Während Cisco schon Produkte vorweisen kann, hat Nortel jetzt ein vergleichbares Switching-Konzept für Oktober angekündigt. Dabei handelt es sich um die Switches "Baystack 5000", "Passport 8300" sowie die Flexible Advanced Stacking Technology (FAST). Mit dem Modell 5000 zielt der Hersteller auf Unternehmen, die eine hohe Dichte an 10-, 100- und 1000-Mbit/s-Ethernet-Verbindungen zu den Desktops sowie schnelle Strecken zwischen den Switches mit Uplink- und Failover-Funktionalität benötigen.

Bestandteil des Baystack 5000 ist FAST. Dahinter verbirgt sich wie auch bei 3Com und Cisco ein proprietäres Interconnection-Verfahren. Im Fall von Nortel ist das eine 20-Mbit/s-Verbindungstechnik, mit der bis zu acht stapelbare Switches in einem bidirektionalen Ring gekoppelt werden. Damit kann dem Hersteller zufolge schneller ein Failover sowie mehr Bandbreite zwischen den Switches realisiert werden als bei den Konkurrenten Cisco und 3Com. Neben FAST wird die Box Quality-of-Services im Bereich Layer 2 bis Layer 4, Traffic Shaping und Mechanismen für die 802.1x-Authentifikation beinhalten.

Schlaue Switches auf der Etage

Mit der Integration von Hochverfügbarkeits- und Sicherheitsfunktionen in den Baystack 5000 trägt Nortel nach Ansicht von Joshua Johnson, Analyst der Synergy Research Group, dem Markttrend Rechnung, mehr Switching-Intelligenz in LAN-Edge-Komponenten anzusiedeln. "Die Hersteller packen diese Features in die Wiring-Closet-Boxen, um neue Applikationen wie IP-Telefonie, Instant Messaging und Videotransfer zu unterstützen, die hohe Bandbreiten erfordern und nur sehr kurze Verzögerungszeiten erlauben", erklärt Johnson diese Entwicklung.

Ergänzend zum Modell 5000 werden die Kanadier im Herbst den modularen Etagen-Switch 8300 ausliefern, der 10-, 100- und 1000-Gbit/s-Ethernet sowie Power over Ethernet in Umgebungen mit hoher Dichte sicherstellen soll. Das Gerät wird in einer 24- und 48-Port-Version erhältlich sein und Einschübe für zwei Gigabit-Interface-Konverter zur Verbindung mit einem Distribution Layer oder Backbone-Switch enthalten. Der 8300 wird voraussichtlich rund 85000 Dollar kosten und für Power over Ethernet ein spezielles Chassis besitzen. (pg)

Funktionsweise von XRN

Mit dem XRN-Konzept (Expandable Resilient Networking) will 3Com Kunden ermöglichen, Gigabit-Backbones im Bedarfsfall zu erweitern. Eine solche XRN Distributed Fabric wird durch einen XRN Interconnect Kit sowie zwei Switches der Produktserie "Superstack 4900" oder "40x0" (4050, 4060 und 4070) konfiguriert. Auf diese Weise werden Standardkomponenten zu einem modularen System verknüpft, das sich dem Administrator als logische Einheit präsentiert. Der Vorteil: Es werden alle Switching- und Softwarefunktionen erhalten, jedoch die Komplexität verringert, die in der Regel bei der Verwaltung mehrerer Layer-3-Core-Geräte entsteht. Hinzu kommt, dass es keinen Single-Point-of-Failure gibt, weil beim Ausfall eines Switches die verbleibende Box automatisch das Management sowie Layer-2- und Layer-3-Switching übernimmt.

Abb: XRN-Architektur

Quelle: 3Com