IT GmbH

Im Haifischbecken

25.11.2009
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die Nachteile: Komplexität, dürftiges Drittmarktgeschäft

Hohe Komplexität: Ein wichtiger Beweggrund für die Ausgründung ist die Aussicht auf mehr Transparenz. Die Beziehung zwischen der IT-Tochter und den Kunden in den Fachbreichen wird auf eine Ebene gehievt, die einem externen Outsourcing vergleichbar ist. Die Servicepakete sowie ihre Qualitätsstufen und Preise werden definiert, außerdem sorgen klare Schnittstellen für einen geordneten Ablauf. "Diese Transparenz wird zum Teil teuer erkauft, weil die Zusammenarbeit von Geschäftseinheiten und IT enorm kompliziert wird", beobachtet Eul. In einem konkreten Beispiel habe sich gezeigt: Überall dort, wo die nachgefragten Services vom Standard abwichen, zogen sich die Verhandlungen und die Entscheidungsfindung enorm in die Länge. Schließlich habe der Konzern zur Reißleine gegriffen. Er lege nun die Demand- und Supply-Organisation wieder zusammen. Bekannt ist auch das Beispiel des RWE-Konzerns, der ebenfalls die Nachfrage- und Lieferorganisation wieder zusammenführte, weil die Reibungsverluste zu groß wurden.

Fehlende Veränderung: In der Praxis kann die Konstruktion einer IT GmbH eingeschliffene Abläufe nicht aufbrechen. Die handelnden Mitarbeiter auf Lieferanten- und Konsumentenseite kennen sich und schalten nicht einfach um. Ein Dienstleistungsverhältnis lässt sich nicht durch eine gesellschaftsrechtliche Umfirmierung herbeiführen. Zur Veränderung müssen nicht nur die IT-Mitarbeiter bereit sein, sondern auch die Kollegen in den Fachbereichen. Geschieht das nicht, kommt die IT GmbH nicht ans Ziel.

Dürftiges Drittmarktgeschäft: Um ihre IT optimal auszulasten, möglichst günstig zu wirtschaften und die eigenen Mitarbeiter mit den Anforderungen des freien Marktes zu konfrontieren, haben sich viele IT GmbHs in der Vergangenheit dem Drittmarktgeschäft geöffnet. Wirtschaftlich war der Ausflug in den hart umkämpften Servicemarkt selten erfolgreich, und die Lehrstunde für die Mitarbeiter mussten die Unternehmen mit Quersubventionen erkaufen. "Heute verfolgen konzerninterne IT-Dienstleister Drittmarktgeschäfte nicht mehr ausschließlich, um zusätzliche Gewinne zu generieren. Hauptziel ist stattdessen, gegenüber dem Konzern die eigene Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis zu stellen", kommentiert Veit Schulz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Seine Erkenntnis basiert auf einer Erhebung unter acht konzerninternen IT-Dienstleistern aus den USA, Frankreich, Kanada, Schweden, Deutschland und der Schweiz, in deren Verlauf Schulz und sein Institutsleiter, der Wirtschaftsinformatik-Professor Walter Brenner, viele intensive Diskussionen mit den verantwortlichen Managern führten. Die Ergebnisse der Analysen werden demnächst in dem Buch "Die Zukunft der IT in Unternehmen" veröffentlicht. Die Zweigleisigkeit, einerseits optimale IT-Unterstützung für den Konzern zu liefern, andererseits auf dem externen Markt erfolgreich zu sein, ist kaum praktikabel. Im Drittmarkt wird häufig eine Art Mitnahmegeschäft betrieben, um Stückkosten für den Mutterkonzern zu senken oder um die Wettbewerbsfähigkeit mit Hilfe von Referenzkunden nachzuweisen. Ein Ausbau der Drittmarktaktivitäten ist meist nicht geplant.

Hohe Kosten: Ein weiteres Mittel, die eigene Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis zu stellen, sind Benchmarks. Weil die IT-Töchter zumindest einen großen Kunden bedienen, konnten sie in der Vergangenheit preislich durchaus mithalten und wurden dadurch zum Schritt in den externen Markt ermuntert. Die Rahmenbedingungen haben sich jedoch geändert und stellen die Töchter vor große Probleme. "Das Servicegeschäft konsolidiert sich in großen Verbünden wie Hewlett-Packard und IBM, es gibt eine starke Konzentration auf Volumen und Größe", beschreibt Hartmut Jaeger, Manager und Berater bei PA Consulting. Darauf können die konzerngebundenen Anbieter nicht reagieren. Sie geraten zunehmend unter Preisdruck, denn gerade in geschäftsunkritischen Segmenten wollen die Mütter keine überhöhten Preise zahlen. Erhebungen zeigen zudem, dass IT-Töchter vergleichsweise viele Mitarbeiter beschäftigen. Sie haben außerdem Schwierigkeiten, IT-Spezialisten zu verpflichten, weil sie als Arbeitgeber in der IT weniger bekannt sind.

Wenig Auslandspräsenz: Geht es um die internationale Versorgung ihres Konzerns, haben die IT-Töchter oft einen Nachteil gegenüber externen Outsourcern. Die konzernnahen Anbieter betreiben viele Projekte, um die Internationalisierung voranzutreiben, dennoch: "60 bis 70 Prozent der Mitarbeiter einer IT-Tochter arbeiten in der Konzernzentrale, bei der Muttergesellschaft ist das Verhältnis genau umgekehrt", zitiert Schulz ein Ergebnis der Erhebung. Weil sie die ausländischen Niederlassungen nicht mit dem kompletten Serviceportfolio versorgen können, verpflichten die Konzerne für ihre entfernten Standorte externe Provider. Damit hat der Konkurrent bereits einen Fuß in der Tür, und der Vergleichbarkeit steht nichts mehr im Wege.