802.11ac - nur hohe Kosten und großer Energiebedarf

Im Business macht Gigabit WLAN derzeit keinen Sinn

21.10.2014
Von 
technischer Berater bei der bintec elmeg GmbH

 
Der neue WLAN-Standard 802.11ac - auch als Gigabit WLAN bekannt - ist inzwischen von der Wi-fi.org ratifiziert und erste 802.11ac Geräte sind vorwiegend im Consumer-Bereich erhältlich. Für professionelle Anwender stellt sich die Frage, ob sie schon in die neue, aber noch teure Technik investieren sollen, oder ob sie besser auf die etablierte 11.n-Technik setzen.
Foto: Wifi Alliance

Eine einfache Antwort auf die Frage, ob Gigabit WLAN derzeit im Business-Umfeld schon sinnvoll ist. oder der Entscheider besser in klassische, "alte" WLAN-Technik investiert, gibt es nicht. Wer diese Frage technisch und kommerziell beantworten will, muss sich 11ac näher anschauen und verstehen wie diese Technik arbeitet.

Theoretisch schafft 802.11 ac Geschwindigkeiten von über 6 Gbit/s - benötigt dazu aber eine Kanalbreite von 160 MHz.
Theoretisch schafft 802.11 ac Geschwindigkeiten von über 6 Gbit/s - benötigt dazu aber eine Kanalbreite von 160 MHz.
Foto: bintec elmeg GmbH

Der wohl wichtigste Unterschied zu bisherigen WLANs ist, dass 802.11ac ausschließlich im 5 GHz Netz arbeitet - allerdings ist es zu bereits vorhandenen 802.11n-Clients kompatibel. Die aktuellen Chipsätze versprechen dabei Datenraten von bis zu 1,3Gbit/s - wobei dies die physikalische Rate darstellt, die nutzbare Nettorate liegt niedriger. Dieser Performance-Gewinn im Vergleich zu herkömmlichen WLANs wird im Wesentlichen durch zwei Veränderungen erreicht: Anstelle einer Kanalbandbreite von 20 MHz benötigt 802.11ac mindestens 80 MHz, um die genannten Datenraten zu erzielen. Darüber hinaus sieht der neue Standard eine weitere Variante vor, die eine Bandbreite von 160 MHz besitzt.

Die Nachteile von 802.11ac

Dieser hohe Bandbreitenbedarf ist auch eine der großen Nachteile der neuen WLAN-Technik. Er erschwert eine überlappungsfreie und damit störungsfreie Kanalplanung in Unternehmen. Je nach verwendeter Kanalbandbreite stehen nur ein oder zwei Kanäle in den Indoor-Frequenzbändern zur Verfügung. Gerade durch den hohen Kanalbandbreitenbedarf ist es durchaus möglich, dass es in Unternehmensnetzen mit vielen Access Points und vielen Clients zu (Kanal-)Engpässen kommt und sich dadurch weniger WLAN Clients gleichzeitig verbinden können.

Um dies zu vermeiden, wird man in einem Unternehmensnetz nur eine Kanalbandbreite von 80 MHz oder 40 MHz Kanalbandbreite verwenden können, um so möglichst viele Funkzellen mit einem überlappungsfreien und damit störungsfreien Kanal zu betreiben. Diese Maßnahme reduziert zwar die erreichbare Bruttodatenrate für ein einzelnes Gerät, erhöht aber die maximale Anzahl der Clients, die sich mit dem Netz verbinden können und damit letztendlich die Gesamtleistung des Netzes.

Die zweite Verbesserung ist, dass ergänzend zur 64-stufigen Quadraturamplitudenmodulation (64-QAM) nun eine 256-stufige Quadraturamplitudenmodulation (256-QAM) hinzukommt. Voraussetzung für die Nutzung von 256-QAM ist ein sehr gutes Signal-Rauschverhältnis, das nur in einer sehr sauberen Funkumgebung in der Nähe des Access Points erreicht wird. Ist das Signal-Rauschverhältnis zu schlecht, schalten die Geräte auf 64-QAM zurück.

Das heute weit verbreitete MIMO nutzt nur einen Stream eines Access Points.
Das heute weit verbreitete MIMO nutzt nur einen Stream eines Access Points.
Foto: bintec elmeg GmbH

Allerdings ist ein hochperformanter Access Point beim Aufbau eines 802.11ac WLANs nur die halbe Miete - auf der anderen Seite stehen die Clients. Und hier ist bei Smartphones und Tablet PCs davon auszugehen, dass aus Platzgründen nur eine Antenne vorhanden ist und somit nur Mimo 1x1 möglich ist. Dies hat zur Konsequenz, dass am Ende nur eine Brutto-Datenrate von 293 Mbit/s erreicht wird, wenn man unterstellt, dass ein Client bei üblicher Entfernung nur 64-QAM nutzen kann.

Verbessertes MIMO

Neben der besseren QAM Modulation und der höheren Bandbreite dürfte für Unternehmen bei 802.11ac vor allem folgende Neuerung von Interesse sein: MU-Mimo (Multi-User Mimo). Ohne MU-Mimo (SU-Mimo) teilen sich immer alle Clients die Streams eines AP. Verbinden sich beispielsweise drei Mimo 1x1 Clients mit einem Mimo 3x3 Access Point, so nutzen alle drei Clients nur einen Stream. Die Streams 2 und 3 des Access Points bleiben dagegen ungenutzt.

Beim MU-Mimo erhält jedes Gerät seinen eigenen Stream. so dass mehr Geräte verbunden werden können.
Beim MU-Mimo erhält jedes Gerät seinen eigenen Stream. so dass mehr Geräte verbunden werden können.
Foto: bintec elmeg GmbH

Bei MU-Mimo hingegen kann jeder Client einen eigenen Stream vom Access Point erhalten. Es bekommt also jeder Client seinen eigenen Stream. MU-Mimo hat somit für portable Geräte, die nur Mimo 1x1 unterstützen erhebliche Vorteile, da sich weniger Clients einen Stream teilen müssen.

In der Praxis führt dies zu den positiven Effekten,

  • dass der Durchsatz eines jeden Clients gesteigert wird,

  • dass Access Points mit Mimo 3x3 oder Mimo 4x4 besser ausgelastet werden,

  • dass die Gesamt-Performance eines Netze um den Faktor 3 oder 4 steigt,

  • dass sich drei- oder viermal mehr Clients mit einem Access Point verbinden können.

MU-Mimo ist deshalb besonders für Anwendungen in Unternehmen interessant. Schließlich geht es in Unternehmensnetzen weniger darum, dass ein einzelner Client mit möglichst hohem Datendurchsatz versorgt wird, sondern darum, dass möglichst viele Benutzer mit bestmöglicher Performance versorgt werden. MU-Mimo ist derzeit bei den Chipherstellern in der Entwicklung und wird mit der nächsten Generation verfügbar sein.

Bei einer möglichen Migration nach 802.11ac darf man allerdings die Netzinfrastruktur nicht vergessen. Die aktuellen 802.11ac Geräte sind sehr stromhungrig und benötigen eine höhere PoE-Leistungsklasse (802.3at). Damit wird dann die Anschaffung neuer Switche notwendig. Grundsätzlich sollte die Kostenfrage nicht ganz vergessen werden, den die ersten 802.11ac-Produkte sind erheblich teurer als die sehr guten 802.11n- Geräte.

Fazit:

Für Unternehmensnetzwerke bringt 802.11ac durch den hohen Bandbreitenbedarf so gut wie keine Vorteile. Zudem überwiegen Nachteile wie hohe Anschaffungskosten und hoher Energiebedarf bei den heute angebotenen Geräten. Da 802.11ac-Endgeräte auch zu 802.11n Access Points kompatibel sind, können diese weiter genutzt werden. Mit der nächsten Generation der 802.11ac Access Points wandelt sich aber das Bild, da diese das beschriebene MU-Mimo unterstützen werden. Dadurch werden Unternehmensnetzwerke wesentlich leistungsfähiger, was sich insbesondere bei Installationen bemerkbar machen wird, in denen es um die drahtlose Anbindung von vielen WLAN Geräten geht. MU-Mimo kann gewissermaßen als ein weiterer Meilenstein in der WLAN -Technologie angesehen werden, da hierdurch die Leistungsfähigkeit eines Unternehmensnetzes um mehrere Faktoren steigt.