Spitzencluster und Theseus

IKT-Forschung in Deutschland - es geht voran

10.05.2010
Von Rochus Rademacher

Datenschutz in kritischen Umgebungen wird neu definiert

Die Praxis zeigt, dass moderne Sicherheitssysteme mit betriebswirtschaftlicher Software verknüpft sein sollten. So weist das Lufthansa-Management darauf hin, dass an einem Großflughafen wie Frankfurt wegen des ständigen Personalwechsels das Sicherheitssystem auf dem neuesten Stand sein müsse, um alle Zugangsberechtigungen überprüfen zu können - vom Koffertransportsystem bis hin zur Parkhauskontrolle: Sicherheit verlange für aktuelle Daten nach einer Koppelung der Sicherheitssysteme mit CRM- und Personalmanagement-System.

Dass die Datenschutzfraktion aufstöhnt, will BMBF-Ministerialdirektor Lukas vermeiden. "Wenn im Flughafen jemand in die falsche Richtung läuft, so dürfen dessen Daten wegen eines Anfangsverdachts aufgenommen werden. Darum geht es: Erkennen, wo etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte." Durch das Zusammenbringen von Sensoren, Aktuatoren, Kamera und Bildauswertung solle also nicht der Einzelne überwacht werden: "Wir wollen statistisch auffällige Dinge erkennen, was mit dem Datenschutz vereinbar ist."

Die BMBF-Förderstrategie zielt dabei auch auf exportfähige Produkte für Weltmärkte ab. "Wir haben ein Image in der Welt, dass wir langweilig sind und unsere Sachen funktionieren - und genau um letzteres geht es doch im IT-Bereich." Das soll im Sicherheitsbereich ausgespielt werden: "Nicht umsonst schnürt der Deutsche seinen Gürtel und trägt auch noch Hosenträger."

Für SAP Research-Leiter Heuser ist das Szenario generell lehrreich. "Beim Management von Städten und Regionen müssen viele betriebswirtschaftlichen Prozesse unterstützt und koordiniert werden, das reicht bis hin zur Verbindung der verschiedenen ERP-Systeme für öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft." Zu den Anforderungen von Interoperabilität und Sicherheit geselle sich mit dem Internet der Dinge nun noch Adaptivität hinzu.

Dieses Prinzip des Wirtschaftens über das Future Internet will das BMBF durch seine drei Spitzencluster federführend ausprägen. Dynamische Adaptivität und Quality of Service, das ist aus Sicht des Software-Engineering die Herausforderung, erläutert Professor Dieter Rombach, Leiter des Fraunhofer-Instituts IESE. "Große Systeme werden sich dynamisch verändern und sollen trotzdem die erwartete Qualität abliefern." In der Wirtschaft kündigten sich durchgängige Geschäftsmodelle an, die separate Organisationen wie Dienstanbieter und Zulieferer sowie Endkunden ohne Medienbruch zusammenführen.

"Mit dem Internet der Dinge bekommen die Systeme Augen und Ohren, sie nehmen die Umgebung wahr", so der Softwaretechniker. Stelle das System beispielsweise fest, dass eine Lieferung zu spät komme, dann werde dies durch eine Alternative ausgeglichen - ohne Verzug für den Endkunden. Als Beispielsszenario wählt Rombach die Maßanfertigung seines Anzugs, bei dem eine Firma ein 3-D-Bild von ihm erstellt, die Näherei designt und der Zulieferer auf Basis der Daten die Stoffe schickt. "Als Letzterer ausfiel, dauerte die Herstellung acht statt zwei Tage. Wenn wir verzögerungsfrei eine Anbindung hinbekommen, ist der Anzug in zwei Stunden fertig - dafür brauchen wir Interoperabilität. Und Datensicherheit, denn ich will nicht, dass meine 3-D-Daten durchs Netz geistern."