Spitzencluster und Theseus

IKT-Forschung in Deutschland - es geht voran

10.05.2010
Von Rochus Rademacher

Theseus-Projekt - langsam tut sich was

Zu den größten Software-Forschungsprojekten Deutschlands gehört das viel diskutierte "Theseus", in dessen Rahmen heute insbesondere an semantischen Technologien gearbeitet wird. Diese sollen nun in sechs Anwendungsszenarien ihren Reifegrad beweisen. Bislang lässt sich jedoch der erzielte Fortschritt für Anwenderbranchen nur schwer darstellen.

Interessant erscheint vor allem das stark von SAP-Forschern getriebene Teilprojekt Texo, das Unternehmen ermöglichen soll, Dienste im Internet zu finden und zu kombinieren. Dahinter steckt die Vision einer Web-basierenden Dienstleistungsgesellschaft, zu der kleine, agile Betriebe, aber auch Großunternehmen mit granularen, kombinierbare Services beitragen, aus denen dann neue Wertschöpfungsszenarien entstehen können. BMWi-Ministerialrat Goerdeler ist stolz auf die in diesem Zusammenhang entstandene Universal Services Description Language (USDL): "Sie ist als Standard vorgeschlagen und wird vielleicht zur Grundlage für das Hypethema Service-Clouds."

Theseus versinnbildlicht die Technikstrategie des BMWi. "Wir schlagen die Brücke von Technologie, die in nur wenigen Domänen verbreitetet ist, hin zur Anwendung - es wird also nicht nur schön über semantische Technologien geforscht, es soll Zählbares für den Standort herauskommen", erklärt Goerdeler. Zur Halbzeit des Projekts 2009 ist deshalb auch der Mittelstand in die Umsetzung einbezogen worden - damit aus Technik vermarktbare Innovationen werden.

IT-Kompetenz des Standorts braucht Sichtbarkeit

Hier geht es nicht zuletzt um internationale Wettbewerbsfähigkeit. "Unsere IT-Kompetenz muss im Ausland sichtbar sein, deshalb brauchen wir eine Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft", fordert etwa Wolf-Dieter Lukas. Ausgangspunkte können aus Sicht des Ministerialdirektors im BMBF die Forschungs-Cluster sein. "Wir haben drei Spitzen-Cluster installiert - den Software-Cluster im Großraum Darmstadt-Walldorf, den Embedded-Cluster in München und den Logistik-Cluster in Nordrhein-Westfalen. Die werden sich schnellstmöglich vernetzen."

Herauskommen soll emergente Software, die Servicekomponenten unterschiedlicher Dienstleister zu vollständigen Services im zukünftigen Internet der Dienste verbinden soll. Die Logistik liefert das Anwendungsszenario, über Embedded Systems verknüpft sich die klassische IT mit der realen Welt, um mit dem Informationsrückfluss die Prozesse zu optimieren.

Ein erstes BMBF-Projekt aus dem Komplex mit Namen SoKNOS lernt schon laufen. Entstanden ist ein Cockpit für den Führungsstab in Katastrophenszenarien. Das Projekt hat zum Ziel, im Ernstfall mittels IKT schnellstmöglich alle wichtigen Daten und Fakten aus unterschiedlichen Quellen und Systemen zusammenzutragen, sie für die verschiedenen Einsatzkräfte aufzubereiten und die Arbeit in einem gemeinsamen Einsatzzentrum zu unterstützen. Die verschiedenen Informationen laufen dabei auf einem großformatigen Touch-Display zusammen.

Basierend auf den Konzepten aus SoKNOS wird die Vision eines umfassenden Urban-Managements in Zusammenarbeit von SAP Research mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und TZS vorangetrieben. "Das ist ein Megathema bei SAP", betont SAP-Forschungschef Heuser. "Die Informationen von Wetterdienst und Behörden kommen über das Internet der Dienste und verbinden sich mit dem Internet der Dinge, das durch die Sensoren und Aktuatoren repräsentiert wird."

Zu der digitalen Modulierung kommen noch hochpräzise Karten mit Verkehrsflussanalyse und Katastrophensimulation hinzu. Ein Oberbürgermeister weiß also, wie er den Ernstfall einer Überschwemmung in den Griff bekommen kann und was es kostet: Er bekommt eine Entscheidungsgrundlage für die Risikobewertung.

"Intelligenz in den Systemen vermeidet von vornherein Sicherheitsprobleme- die Systeme informieren automatisch die Verantwortlichen, wenn etwa Naturkatastrophen, terroristische oder kriminelle Angriffe drohen", erläutert DFKI-Chef Professor Wolfgang Wahlster. Die Investitionen in die Infrastruktur soll ein Triple-Play einspielen: "Die gleiche Technik für das Urban Management dient auch der energiebezogenen Ressourcenschonung und der Verkehrsflussoptimierung."