Thyssen-Beteiligung und China-Venture haben noch nicht viel gebracht:

Ikoss-Wachstum bleibt bescheiden

19.05.1989

STUTTGART (bk) - Erneut nur mäßig gewachsen ist die IKO Software Service GmbH (Ikoss), Stuttgart, im abgelaufenen Geschäftsjahr 1988. Die Ertrage lagen mit knapp einer Million Mark kaum höher als im Vorjahr, der Umsatz stieg um 17 Prozent auf 85 (73) Millionen Mark. Immerhin, so die Geschäftsleitung, liege man man mit diesem Ergebnis im Branchendurchschnitt.

Nach 800 000 Mark Gewinn im Vorjahr kann die schwäbische Ikoss auch mit den Ertragszahlen für 1988 keine Bäume ausreißen. Dies gibt denn auch Peter Beyer, Geschäftsführender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung der Ikoss-Gruppe, unumwunden zu: "Ein konsolidierter Gewinn von knapp einer Million Mark ist nicht gerade Viel." Immerhin aber sei man im Gegensatz zu vielen anderen Software- und Systemhäusern, beispielsweise ADV/Orga, gesund und zähle in der Hitliste der Software- und Systemhäuser zu. den ersten zehn.

Um die Ertragskraft zu stärken, wollen die Schwaben, deren Schwerpunktgeschäfte die Fertigungstechnik und die Finanzwirtschaft sind, nun vor allem die eigene Software-Entwicklung vorantreiben. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte Ikoss und zwei Millionen Mark Software-Erlöse einfahren; 1987 war es eine Million. Nun sollen die Einnahmen aus der eigenen Softwareproduktion überproportional zulegen. Für 1989 erwarten die Stuttgarter daraus bereits Erlöse in Höhe von sechs Millionen Mark. Allein im ersten Quartal habe man schon zwei Millionen Mark für eigene Software einfahren können.

Gelitten hat der Gewinn vor allem durch einige im Aufbau befindliche Geschäftsaktivitäten - unter anderem die Beteiligungen an anderen Softwarehäusern. Sie bescherten den Schwaben laut Beyer Anlaufverluste von zwei Millionen Mark. Ins Gewicht fällt dabei vor allem das China-Engagement. Im vergangenen Jahr stellten die Stuttgarter ein chinesisches Software-Joint-venture auf die Beine. Gemeinsam mit der Tianjin Advanced Development Corp., der verschiedene chinesische Industrieunternehmen und Forschungsinstitutionen angehören, gründeten sie das Fifty-Fifty-Venture Ticoss Ltd. Die Ikoss-Gruppe, die bereits seit zehn Jahren Software nach China liefert, erhoffte sich dadurch bei der Vergabe von großen Software-Projekten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten.

Bislang ist der Erfolg jedoch eher bescheiden. Zwar investierten die Schwaben bisher rund eine Million Mark: in das deutsch-chinesische Software- und Systemhaus, einen Auftrag konnte man indes noch nicht gewinnen. Beeilte sich Beyer zu erklären: "Das Engagement in der Volksrepublik China ist ein Langzeitprojekt, für das wir zudem erst einmal chinesische Mitarbeiter ausbilden müssen." So seien derzeit sechs Fachleute aus der Volksrepublik zur Schulung im Unternehmen. An die 20 chinesische Softwerker sollen bei Ikoss noch eine Ausbildung durchlaufen, um dann die Interessen der Stuttgarter im Land der Mitte zu vertreten. Darüber hinaus will das Systemhaus eine weitere Million in das Venture investieren.

Mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt 1992 beteiligte sich Ikoss im vergangenen Jahr zudem mit 51 Prozent an dem spanischen Software-Produzenten Multisoft Ingenieros S.A. in Barcelona. Das Auslandsgeschäft, das 1988 etwa 35 bis 40 Prozent zum Gesamtumsatz beitrug - Ikoss hat eine 100prozentige Tochter in der Schweiz - , soll in Zukunft noch ausgebaut werden. Derzeit liebäugeln die Stuttgarter mit dem britischen Markt. Auch Skandinavien, Frankreich und die Niederlande seien äußerst interessant.

Doch gerade hier sei der Konkurrenzkampf sehr groß. Allein in Frankreich gebe es zehn Softwarehäuser, die größer seien als Ikoss.

Deshalb fühlen sich die Stuttgarter auch etwas unbehaglich, wenn sie an 1992 denken. Beyer: "Die deutsche Softwarebranche ist für den europäischen Binnenmarkt schlecht vorbereitet, denn sie ist gegenüber Skandinavien, Frankreich und Großbritannien in ihrer wirtschaftlichen Kraft unterentwickelt." Jetzt würde sich einmal mehr rächen, daß die deutschen Software-Hersteller in den sechziger und siebziger Jahren so wenig öffentliche Aufträge erhalten hätten. Da seien die Firmen in Ländern wie Frankreich oder auch Großbritannien ganz anders bedient worden. "Von ihrer technischen Kompetenz aber", so Beyer weiter, "sind die deutschen Softwarehäuser den ausländischen absolut ebenbürtig."

Die Beteiligung des Duisburger Industrieriesen Thyssen bei Ikoss wirkte sich bislang kaum auf die Bilanz aus. Zu 33 Prozent hatte sich der Stahlkonzern Anfang 1988 bei den Stuttgartern eingekauft - und Ikoss-Geschäftsführer Beyer frohlockte damals, daß aus dem Geschäft mit Thyssen schon bald 25 Prozent des Ikoss-Umsatzes stammen könnten. Bisher aber kamen gerade sechs Prozent aus den Software-Projekten mit dem Großkonzern. Beyer heute: "Die 25 Prozent sind ein Fernziel." Und der kaufmännische Geschäftsführer Axel Knobel fügt hinzu: "Wir müssen diese 25 Prozent Umsatzanteil auch nicht unbedingt erreichen. Schließlich wollen wir uns durch das Thyssen-Geschäft nicht vom Markt wegdividieren."