Digitale Verkehrspflichten

Ihr PC hat Viren versandt - wer haftet?

05.10.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Materieller Schaden

Steht fest, dass der Schädiger seine Verkehrspflicht schuldhaft verletzt hat, so ist als letzter Punkt noch die Höhe des Schadensersatzes zu ermitteln. Dazu muss ein materieller Schaden entstanden sein. Unter einem Schaden sind alle unfreiwilligen Vermögenseinbußen zu verstehen, die kausal durch das schädigende Ereignis entstanden sind. Darunter fallen nicht nur die durch den Virus unbrauchbar gemachten Dateien, sondern auch etwaige Reparaturkosten des Computers und Gewinnausfälle.

Fällt dem Geschädigten eine Mitschuld an der Entstehung oder der Höhe des Schadens zur Last, ist die Schadensersatzsumme allerdings zu kürzen. Beispielsweise dann, wenn der Geschädigte seinerseits keinen Virenscanner installiert hatte oder seine Antivirenlösung veraltet ist. Dann kommt eine Kürzung des Schadensersatzes um bis zu 100 Prozent in Betracht.

Auch eine Obliegenheit des Geschädigten zur regelmäßigen Sicherung besonders wertvoller Daten auf CD-ROM ist denkbar, denn es ist allgemein bekannt, dass digitale Daten aus vielfältigen und unvorhersehbaren Gründen unbrauchbar werden können. Wird ein Virus trotz aktueller Virenschutzlösung nicht erkannt und richtet das Virus trotz regelmäßiger Sicherungen einen Schaden an, so wird eine Mitschuld des Geschädigten regelmäßig abzulehnen und die Schadensersatzsumme in voller Höhe zuzusprechen sein.

Dazwischen sind vielfältige Abstufungen denkbar, deren Beurteilung vom jeweiligen Einzelfall abhängt. (oe)

Die Autoren:

Rechtsanwalt Thomas Feil, Fachanwalt für IT-Recht und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Hannover, feil@recht-freundlich.de, www.recht-freundlich.de, und Dipl.-Jur. Alexander Fiedler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik der Universität Hannover, fiedler@iri.uni-hannover.de, www.iri.uni-hannover.de

Weitere Informationen und Kontakt:

Thomas Feil, Feil Rechtsanwälte, Georgsplatz 9, 30159 Hannover, Tel.: 0511 473906-01, E-Mail: feil@recht-freundlich.de, Internet: www.recht-freundlich.de

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