Revidierung des 802.5-Standards steht nicht zur Diskussion

IEEE-Gruppen weisen Kritik am 16-Mbit-Token-Ring zurück

07.09.1990

FRAMINGHAM (IDG) - Mitglieder des Standardisierungsgremiums IEEE 802.5 wiesen jüngst Vorwürfe von seiten mehrerer Anbieter zurück, die Norm für den 16-Mbit-Token-Ring weise Mängel auf und bedürfe daher einer Überholung.

Das IEEE-Komitee war ins Kreuzfeuer der Kritik geraten nachdem die Madge Networks Ltd. aufgrund von Anwenderbeschwerden fast 1000 Token-Ring-Adapter vom Markt zurückgezogen hatte. Der Einsatz der Madge-Komponente führte offenbar durch das Auftreten von Störimpulsen zu hohen Fehlerquoten in Netzen mit mehr als 15 Knoten. Daraufhin nahm der britische Communications-Spezialist den Standard selbst aufs Korn und lancierte Berichte, die auf die Norm-Unzulänglichkeiten aufmerksam machen sollten.

Die bestehenden Schwierigkeiten führte Madge unter anderem auf Mankos im Bereich des 16-Mbit/s-Chipsets von Texas Instruments zurück. Dieser Punkt wurde im übrigen auch während eines IEEE-Meetings im Juli angeschnitten.

Weitere Anbieter hatten im Hinblick auf den genannten Baustein und TIs Falcon-Chip beklagt, daß dem Standard bisher die konkrete Gestalt fehle und somit das Design von Adaptern, die auf Interoperabilität zielen, erschwert werde. Außerdem hegten die Hersteller Zweifel, ob im Falle eines revidierten Normenpapiers noch von durchgängiger Kompatibilität zwischen den beiden Versionen die Rede sein könne.

Mitstreiter im IEEE-Komitee 802.5 bezeichneten die vorgebrachten Argumente inzwischen als "vollkommen falsch" oder überzogen.

Nach Worten von Colin Mick, Mitglied im 802.5-Gremium und Direktor der Open Token Foundation, besteht keinerlei Notwendigkeit, die Token-Ring-Norm zu revidieren oder aufzupolieren.

Außerdem stimme es nicht, daß sich die Anwender mit

Kompatibilitätsschwierigkeiten konfrontiert sähen.

Falcon-Chip gilt als Problemkind

In Anbetracht des vorhandenen Problembewußtseins könne man vielmehr davon ausgehen, daß die Hersteller beim Test der benötigten Komponenten wachsamer werden. Adapter, die hohen Qualitätsanforderungen entsprechen, könnten dem Anwender im Endeffekt nur zugute kommen.

Mitglieder des Gremiums und TI-Spezialisten räumten jedoch ein, daß gerade der Falcon-Chip als Problemkind gelte, da seine Performance im Zusammenspiel mit anderen Adapterkomponenten zu wünschen übrig lasse. Mick hält zudem ein Feintuning nicht für ausgeschlossen.

Al Marshall, Vizepräsident und Mitbegründer des Token Ring-Anbieters Proteon sowie einer freiwilligen IEEE-Gruppierung, die sich die Einschätzung des Problemumfangs im Rahmen des 802.5-Standards auf ihre Fahnen geschrieben hat, kann diesem Vorschlag Micks nur beipflichten. Er bringt seinen Standpunkt auf folgenden Nenner: "Der Standard ist komplett, so wie er jetzt existiert. Er wurde dafür geschrieben, den Entwicklern viel Freiheit zu geben, wenn sie ihre Adapter konzipieren - dies jedoch unter dem Vorbehalt daß die Norm sorgfältig gelesen wird."

Die "IEEE Volunteer Task Force" möchte ihre Ergebnisse bei einem von Proteon arrangierten Treffen präsentieren, das Anfang Oktober in Framingham stattfinden soll.

Neben Madge Networks sind Proteon und Olicom die einzigen US-Third-Party-Lieferanten mit 16-Mbit/s-Adaptern im Angebot. Marshall erklärte auch, daß Proteon im Laufe der kommenden Monate neue Adapter auf den Markt bringen will, die auf den Falcon-Chips basieren und bereits in großen Netzwerken mit über 200 Knoten getestet wurden.

Auch Olicom verwendet Falcon-Chips - und dies nach eigenem Bekunden ohne Schwierigkeiten. Die betreffenden Boards wurden in Verbund-Systemen mit 260 Nodes und einer Distanz von 100 Metern, also der möglichen Maximalkonfiguration, geprüft. Um keine Schlappen wie Madge Networks zu erleiden, hat Olicom einige "Vorkehrungen" getroffen. So wurde der Falcon-Chip mit einem zusätzlichen Schaltkreis und weiteren nicht näher beschriebenen Komponenten bestückt.