Niedrigen Aufwand und hohe Konsistenz im Blick:

IDV profitiert von Mikro-Mainframe-Symbiose

25.04.1986

Den Großrechner als Ergänzung zu Kraftzwergen innerhalb der Individuellen Datenverarbeitung favorisiert Helga Bienfuß von der Comshare AG Deutschland in Köln. Denn über seine Leistungsfähigkeit im DV-Kontext hinaus kann der Jumbo etwa auch Anwendungen der Endbenutzer verwalten. Allerdings sollte ein dezentrales Softwaresystem diese Symbiose kontrollieren.

Mit Einführung der Individuellen Datenverarbeitung (IDV) geriet die Welt vieler DV-Chefs in Unordnung. Zu Zeiten der traditionellen, transaktionsbezogenen DV war die Auslastung der Rechner vorherzusehen, und monatlich wiederkehrende Engpässe konnten aufgefangen werden. Das RZ hatte einen präzisen Überblick über die Anwendungen, konnte absehen, wie diese sich entwickelten, und beizeiten einen größeren Rechner anmelden.

Unordnung kam in diese heile Welt mit Einführung der Individuellen Datenverarbeitung: mit den Lieferwagen, die kistenweise "PC" und Terminals ausluden und auf die Etagen verteilten; mit einer Anwenderschar, die ohne EDV-Kenntnisse im herkömmlichen Sinne munter auf den Rechner zugriff, Daten extrahierte und wieder andere eingab und fleißig speicherte, was ihr richtig und wichtig erschien.

Rechnerkonzepte wurden erforderlich, die ein friedliches Miteinander von EDV und IDV möglich machten, den Aufwand für die neuen Anwender so niedrig wie möglich hielten und nach wie vor eine hohe Konsistenz der Daten garantierten. Zudem hatten sie kurze Response-Zeiten und eine möglichst reibungslose Kommunikation der Anwender untereinander möglich zu machen.

Es führte auch ein Weg aus diesem Dilemma - über die Anschaffung eines eigenen Rechners nur für die IDV. Aber diese ideale Voraussetzung wer nicht überall gegeben: zum einen, weil der existierende Rechner noch nicht voll ausgelastet war, aber auch, weil die Mittel fehlten und die IDV nur sukzessive eingeführt wurde.

Dezentrale DV mit Paßform für Mainframes

Wesentliches Merkmal der IDV ist die Möglichkeit des Endanwenders individuell in seiner Abteilung, wann immer er also will, in der von ihm gewünschten Form Daten zu Informationen zu verarbeiten und für seine Entscheidungsfindung zu nutzen.

Dafür muß er mit einem Mikro ausgerüstet sein, der mit dezentralen Softwaresystemen arbeitet. Diese müssen sowohl auf Großrechnern als auch auf Mikros laufen und durch die eingebaute Kommunikationssoftware für dezentrale Problemlösungen kompatibel sein. Kurz zu einigen Problemen, die auftreten können wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind:

þMikros arbeiten mit einer anderen Rechengenauigkeit als Großrechner. Programme, die diesen Umstand nicht berücksichtigen, werden Wertverschiebungen bei einer Übertragung vom Großrechner auf den Mikro erzeugen.

þDamit die Bibliotheksprogramme ohne besondere Vorkehrungen des Benutzers auf den Mikro übertragen werden können, muß die Syntax absolut identisch sein.

þAuf dem Großrechner sind getrennte Speicherbereiche für Daten und Regeln, die von den verschiedenen Mikros kommen, notwendig. Dies erlaubt einem Großrechnerverwaltungsprogramm die Prüfung der Eingaben für die Hauptanwendung. Ohne diese Kontrolleinrichtung würde nur Chaos herrschen und das Hauptanwendungsprogramm nutzlos arbeiten.

þDas Großrechnersystem muß über die Fähigkeit zu integrierter Datenverarbeitung verfügen. So können die einzelnen Daten, die von den Benutzern der Mikros geschickt werden, in einer mehrdimensionalen Hauptanwendung für die darauffolgende Erstellung von Modellen, Analysen und Berichten zu einem konsolidierten Ganzen vereinigt werden.

Im Fundament von Rechnerkonzepten für eine IDV sind vier unerläßliche und immer wieder auftretende Arbeitsgänge zu berücksichtigen:

þDer Mikrocomputer empfängt Daten vom Großrechner.

þDer Mikrocomputer empfängt Regeln und Anweisungen vom Großrechner.

þDer Mikrocomputer sendet Regeln und Anweisungen an den Großrechner.

þDer Mikrocomputer sendet Daten an den Großrechner.

Braucht IDV überhaupt einen Großrechner?

Kleinere Anwendungen über zwei oder drei Dimensionen können vollständig von einem Mikrocomputer übernommen werden. Wieder andere können theoretisch auf einem Netzwerk von Mikros ohne Großrechner laufen. Probleme wirft jedoch auf, daß sich die Benutzer ohne eine zentrale Daten- und Verwaltungseinheit nicht mehr sinnvoll verständigen können.

Bei einer dezentralen DV für Endanwender übernimmt der Großrechner die Datenverwaltung, die Überwachung des gesamten dezentralen Systems, er "kümmert sich" um besonders rechenintensive Vorgänge und die Speicherung der Hauptdatenbestände. An jedem Punkt der Mikrocomputer-Entwicklung wird es auch künftig noch einen Großrechner mit der zehn- bis zwanzigfachen Kapazität geben.

Bei der IDV wird der Großrechner als jene Stelle im System definiert, an der

þdie Daten des Unternehmens verwaltet werden;

þdie meiste Speicherkapazität und

þdie größte Leistungsfähigkeit vorhanden ist;

þdie Hauptversion der IDV-Software abgespeichert ist.

Die Rechnerstrategie für die IDV beinhaltet das Angebot einer leicht zugänglichen, dialogfähigen Computerleistung, die aus einem Großrechner und dezentralen Personalcomputern unter der Kontrolle eines modernen dezentralen Softwaresystems besteht.

Großrechner sorgt für Benutzerfreundlichkeit

Über den Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit hinaus übernimmt der Großrechner auch die Verwaltung der Anwendungen der Endbenutzer - eine Aufgabe, mit der EDV-Laien überfordert sind und die in vielen Unternehmen von den Mitarbeitern des Information-Center, auch Benutzerservice genannt, übernommen wird. Der Großrechner führt gewisse Kontrollfunktionen aus und überwacht das Hauptprogramm.

Bei der Erstellung von Rechnerkonzepten, die auf die Bedürfnisse der Individuellen DV heute und auch in einigen Jahren zugeschnitten sein sollen, ist eine enge Zusammenarbeit von "DV-Abteilung/RZ" und "Information-Center" erforderlich.

Nur so ist sichergestellt, daß die Grundlage aller DV - die Rechner - auch den richtigen Platz im Modell des Information-Centers finden und dort die an sie gestellten Anforderungen auch erfüllen können.