Ideen für eine reibungslose Funktion bei Multivendor-SystemenEin Bedienkonzept für die DV in den neunziger Jahren

05.10.1990

Es hat seine Zeit gedauert, bis die DV-Branchen auf breiter Front einige grundlegende Erfahrungen der Praxis auch öffentlich als wahr akzeptierte.

Beispielsweise, daß weder eine einzige Klasse von Computern, noch ein einziges Betriebssystem, weder ein einziges Vernetzungsprinzip, noch ein einziger Anbieter allen Forderungen der Anwendungsseite gerecht werden kann. Und daß die Akzeptanz der Dienste immer mehr auch davon abhängt, wie sich das System dem Benutzer präsentiert. Daraus entstanden verschiedene Konzepte und Strategien zur Realisierung von "Multivendor"-Systemen.

Von Multivendor-Systemen - also von Netzwerken mit Hardware- und Software-Komponenten unterschiedlicher Herkunft - wird heutzutage weitaus mehr verlangt, als lediglich der Transfer von Daten und Dateien und die Portierbarkeit von Anwendungsprogrammen: Nämlich die reibungslose Zusammenarbeit - auch wenn die einzelnen Systemkomponenten ursprünglich nicht für eine solche Zusammenarbeit vorgesehen waren. Daß dazu, wenn irgend möglich, Normen und offene Industriestandards herangezogen werden, sollte eigentlich mittlerweile selbstverständlich sein.

So umfaßt beispielsweise New-Wave-Computing von Hewlett-Packard sowohl Systemkonzepte mit gleichwertigen und gleichberechtigten Komponenten ("peer-to-peer"), als auch Client-Server-Umgebungen. Es baut auf zahlreichen Basisbausteinen in den Bereichen Datenzugriff, Ressourcenverteilung, Applikations-Integration sowie System- und Netzwerk-Management auf.

"Inter-Operabilität" muß gesichert werden

Es ist eine evolutionäre Strategie, charakterisiert durch zwei wesentliche, durchgängige Leistungsmerkmale:

- Die "Inter-Operabilität" von Applikationen; ein Begriff, der über die Portierbarkeit hinausgeht. Damit können Anwendungen direkt an das Betriebssystem, für das sie entwickelt wurden, angebunden werden. Daraus ergibt sich eine optimale Leistung der Applikation bei minimalem Änderungsbedarf.

- Die Objekt-Management Technologie. Objektorientierte Konzepte erlauben es, bestehende Anwendungen "einzukapseln" und als eine Einheit mit neuen Technologien zu integrieren.

So kann vorhandene Anwendungssoftware einfach in neue Umgebungen eingebunden werden; ältere Applikationen profitieren von modernen, anwenderfreundlichen Benutzeroberflächen.

Strategie

Effektiver Zugriff auf Informationen und Ressourcen: Neue Rechnerkonzepte sollen dem Anwender den transparenten Zugriff auf Informationen und Computer-Ressourcen bieten, den er benötigt, um mit mehreren Hardware-Plattformen und Systemen unterschiedlicher Anbieter effektiv arbeiten zu können.

In Sachen kooperative Software-Anwendungen erlauben Objekte eine Wechselwirkung zwischen unterschiedlichen Applikationen und zwischen Daten und Applikationen - und das innerhalb eines Systems oder zwischen verschiedenen Systemen.

Übereinstimmung zwischen Applikationen und Task-Automation. Eine gleichbleibende Grafik-Schnittstelle ermöglicht es, die Fähigkeiten, die der Anwender im Umgang mit einer Anwendung erworben hat, auch für einen großen Teil der anderen Applikationen zu nutzen. "Agents" - System-Dienstprogramme - helfen dabei, viele langweilige, sich wiederholende und zeitraubende Aufgaben zu automatisieren.

Die DV der 90er Jahre sollte auch eine Reihe von Hilfsmitteln und Fähigkeiten bereitstellen, die die Fortsetzung der Arbeit mit vorhandenen Applikationen und Daten erlaubt, ohne auf die Vorteile neuer Ideen und Produkte verzichten zu müssen. Der Nutzungszeitraum existierender Programme und Daten wird verlängert, die Investition geschützt.

Basierend auf offenen Systemen und Standards, soll auch die Wahl der jeweils besten Lösung erlaubt werden. Es ermöglicht die Verwendung innovativer Technologien, die - gebunden an bestehende oder entstehende Standards - für den jeweiligen. Einsatzfall optimal sind.

Das Beispiel "New-Wave-Computing" verwendet Methoden der Objekt-Verwaltung, um existierende Applikationen in neue Technologien zu integrieren. Anwendungen können sich so die Daten aus mehreren Datenbanken oder Betriebssystemumgebungen teilen.

Es bleibt den verteilten und vernetzten System-Diensten überlassen, die Aufgaben im Netzwerk zu koordinieren und die mehrfach vorhandenen Computer-Ressourcen zu optimieren.

Neue korrespondierende Applikations-Entwicklungstools sollen die Produktivität der Software-Entwicklung verbessern und die Teamarbeit unterstützen.

Verteilte Objekt-Dienste

Da Objekte selbsterklärend sind, ist das Verständnis über die Organisation der Daten innerhalb des Objekts für den Anwender unrelevant. Ebenso unwichtig ist es für ihn, wie man auf diese Daten zugreift.

Nach außen gesehen, vereinfacht das gleichbleibende Objekt-Interface Wechselwirkungen durch die Fähigkeit anderer Prozesse, auf die Informationen innerhalb des Objekts zuzugreifen und sie zu manipulieren.

Die verteilten Objekt-Dienste können Möglichkeiten für die Vernetzung und für die Datenkommunikation zwischen Objekten bieten. Außerdem helfen sie bei der Überwachung und Kontrolle der Objekt-Wechselwirkungen mit Anwender-Diensten.

Objekte können außerdem den Nutzungszeitraum bestehender Applikationen durch einen Prozeß, den man "Encapsulation" (Einkapselung) nennt, verlängern. Hierbei wird eine "Hülle" um die vorhandene Anwendung oder den Dienst gelegt, wodurch aus Applikationen Objekte entstehen. Sie lassen sich mit anderen Objekten verbinden und können auf ein einzelnes Problem - zusammenwirkend und transparent - angewendet werden.

Wenn zum Beispiel eine monatliche Aufstellung der Verkaufszahlen benötigt wird, kann man dazu handelsübliche Applikationen wie ein Datenbank-Zugriffs-Tool, eine Tabellenkalkulation, ein Grafik-Programm und eine Textverarbeitung "einkapseln". Durch die Verwendung von Objekten wird nun bei einer Änderung der Angaben für die Reisekosten in der Tabellenkalkulation sofort ein überarbeitetes Torten-Diagramm für die Kostenverteilung erstellt, das automatisch in das endgültige Dokument integriert wird.

Vernetzte System-Dienste

Die Netzwerk-System-Dienste reduzieren oder beseitigen die Schwierigkeiten, die mit der Aufteilung eines Systems auf eine Umgebung von Geräten unterschiedlicher Hersteller verbunden sind.

Verteilte System-Dienste

Für die Aufgabe, Informationen zwischen dem Prozessor und den Applikationen auszutauschen, erscheinen transparente Dienste zwischen dem System und den Anwendungen praktikabel. Diese verteilten Dienste ermöglichen es Applikationen, unter verschiedenen Betriebssystemen und mit unterschiedlichen Datenbanken zu arbeiten. Zum Beispiel kann ein Personal Computer, der unter OS/2 betrieben wird, mit einer Datenbank aus einem Unix-System, einem VAX-Minicomputer oder einem IBM-Mainframe kommunizieren.

Wie wird das erreicht? Nun, die verteilten Dienste stellen Regeln sowohl für die physikalische als auch für die logische Verbindung des inkompatiblen Systems auf. Grundsätzlich verhalten sich die Dienste wie Erweiterungen der unterschiedlichen Betriebssysteme, die spezielle Funktionen unterstützen.

Zum Beispiel führt ein Dienst die Kommunikation zwischen dem Prozessor und der Applikation durch. Andere bewerten die Prozessor-Belastung und teilen sie auf, sie verwalten Namensketten, Adressen von Ressourcen, bieten Sicherheit vor Zugriff und verhalten sich wie die Verkehrspolizei des gesamten Netzwerks.

Auf diese Art und Weise kann ein Anwender die Vorteile aller angeschlossenen Ressourcen wie spezialisierte Server oder Informationsdienste nutzen. Applikationen können verteilte Funktionen und Fähigkeiten in Anspruch nehmen, egal welches System diesen zugrundeliegt oder wo sie sich innerhalb des Netzwerks befinden.

"Objekt"-Technologie macht Anwendungen einfach

Integrierte Informations-Management-Dienste, die im ganzen Netzwerk verfügbar sind, bieten eine einheitliche Methode für das Speichern und Verwalten von Informations-Komponenten wie Daten, Applikationen und Multimedia-Objekten.

Dadurch werden der Zugriff die Speicherung, das Rückladen und die Sicherheit für Anwender- und System-Daten vereinheitlicht und eine Vielzahl von Speichermethoden wie "Dictionaries" und "Repositories" eingebunden.

Anwender können die Vorteile dieser Dienste an jedem Knoten innerhalb der Schnittstelle der spezifischen Anwendung oder des Systems nutzen - ein Vorgang, der genauso einfach sein kann, wie das Anklicken eines Icons.

Mit Verwaltungsdiensten für das System und das Netzwerk kann der Administrator Zugriffe kontrollieren, Fehler lokalisieren und die Leistung optimieren - und das alles innerhalb seiner ihm vertrauten Umgebung.

Unter Verwendung der objektorientierten Fähigkeiten sind diese Dienste in der Lage, die System- und Netzwerk-Ressourcen mit maximaler Effizienz und minimaler Wartung zu konfigurieren, zu verwalten und zu überwachen. Die "Agent"- und Objekt-Technologien erlauben es dem Anwender, die Dienste mit eigenen individuellen Applikationen zu erweitern.

Anwender-Umgebung

Das Beispiel "NewWave-Computing" bietet eine gleichbleibende Desktop-Umgebung, die auf Microsoft Windows basiert und PC-Applikationen mit kommenden Technologien integriert. Das schützt nicht nur Soft- und Hardware-Investitionen, es bewahrt den Anwender auch vor der verwirrenden und unterschiedlichen Befehlsstruktur von Applikationen verschiedener Systeme.

Die Anwender-Umgebung ist aufgebaut wie ein Büro, mit Icons, die Büro-Aktivitäten repräsentieren. Ein Papierkorb wird zum Beispiel verwendet, um nicht mehr benötigte Daten und Dokumente zu beseitigen. Ein Aktenordner dient zum Speichern der aktuellen Arbeit. Dieser Schwerpunkt auf die Aufgabe, nicht auf das Werkzeug, verbessert die Produktivität und verkürzt die Zeit bis zur eigentlichen Handlung. Das gilt nicht nur für die einzelne Person, die sich stärker auf ihre Arbeit konzentrieren kann, sondern für die ganze Organisation.

Strategien sind wichtig, aber genauso wichtig ist der richtige Zeitpunkt für ihren Start. Heute ist es möglich, die Vorteile einer Vielzahl von führenden Produkten, die auf innovativen Technologien basieren und an existierende oder entstehende Standards gebunden sind, zu nutzen. Mit ihnen lassen sich effektiv Informationszugriffe durchführen, Computer-Ressourcen aufteilen, Applikationen integrieren sowie Systeme und Netzwerke verwalten. Diese Kernlösungen erlauben die volle Ausnutzung existierender Daten sowie der Hard- und Software für die Bereiche Engineering, Fertigung und Verwaltung. In den nächsten Jahren sind die transparente Integration und Optimierung von Ressourcen durch spezialisierte Server gefragt. Verzeichnisse von Formaten ermöglichen flexible Interaktionen zwischen Applikationen.

"Broker" zeichnen Informationen über das Netzwerk und den aktuellen Status im Unternehmen auf, verteilte Entwicklungs-Tools steigern die Produktivität. Zusätzlich werden objektorientierte Hilfsmittel die System-Verwaltung durch das Herunterladen von Konfigurationsdaten, das Updaten von Software und automatische Datensicherung vereinfachen.

1995 wird man Applikationen sehen, die vollständig und transparent verteilt sind. Anwender werden laufend Informationen integrieren und Programme lassen sich in einer Anzahl von Formaten speichern. Die Ressourcen werden so verfügbar sein, wie sie auf dem Desktop dargestellt sind. System-Prozesse werden 1995 von automatischen Agents kontrolliert. "Broker" helfen beim Management des Netzwerkes und Server kommunizieren untereinander, um Probleme des Anwenders zu lösen.

Tools für das Netzwerk-Management und die Entwicklung werden in zunehmendem Maße die Komplexität des Systems verdecken, der Netzwerk-Verwalter kann sich auf das Lösen noch komplexerer Probleme konzentrieren. Außerdem werden Applikationen miteinander arbeiten, um zusammen noch leistungsfähigere Anwendungen zu bilden.