Ergänzte TK-Studie muntert Systemhäuser zum Mitmachen auf

IDC schlüsselt Marktchancen für private Telecom-Anbieter auf

02.03.1990

KRONBERG (sch) - Zukunftsperspektiven und noch bestehende Hemmnisse für Mitstreiter im deregulierten TK-Geschäft zeigt ein Update-Buletin zur EDC-Studie "The Telecommunications Environment in West Germany" auf. Zur Sprache gebracht werden unter anderem VANs, Aktivitäten der Telekom und Telepoint-Services.

"Einnehmende" Beispiele dafür, wie man den liberalisierten Telecom-Markt beackern und private sowie öffentliche Netze miteinander koppeln kann, gibt es nach Meinung der IDC, Deutschland GmbH bereits in genügender Anzahl. Wolfgang Steiert von der Baden-Badener Altura GmbH, der Studie und Update für IDC verfaßt hat, nennt hier Projekte beziehungsweise Kommunikations-Verbundsysteme wie Amadeus, Meganet und die VAN-Dienstleistungen des neugegründeten Softwarehauses von Daimler-Benz.

Chancen für Systemhäuser

Neben den genannten Kommunikations-Verbundsystemen hebt das Bulletin auch den DB- und E-Mail-Dienst der US-Gesellschaft Connect mit Zugriffsmöglichkeiten von 19 deutschen Städten und die Telekom-Akzente von Big Blue hervor. Der geschäftsführende Altura-Gesellschafter Steiert: "Die Firmen haben die Liberalisierung gefördert und unterstützt. Das eine ergibt das andere." So setze IBM jetzt verstärkt auf Electronic-Mail, EDI und auf einen Netzdienst mit neuen Zugangsmöglichkeiten zu Datex-P und Bildschirmtext, der sich eben. falls Connect nenne.

Die IDC-Studie will internationale Investoren auf den neuesten Stand der Entwicklung bringen und dabei insbesondere Unternehmen wie Systemhäusern, deren angestammte Domäne nicht die Telekomunkation ist, die sich im Zuge der Deregulierung ergebenden Marktchancen verdeutlichen.

PCN-Telefone zu Spottpreisen

Zusätzlich zu einem Überblick über private Aktivitäten im Netzbereich geht das Update auf einheitliche Standards und Netzzugänge - über Ländergrenzen hinweg - ein, wie sie unter anderem das europäische Standardisierungsinstitut ETSI mit dem ONP-Konzept (Open Network Provision) anstrebt.

Breiten Raum räumt die IDC-Expertise auch den Themen Mobilfunk, Telepoint-Kommunikation und Satellitennutzung ein. Nach der Lizenzvergabe für das digitale Mobilfunk-Netz D2 an das Mannesmann-Konsortium könne mit der Freigabe weiterer Segmente des bundesdeutschen Telekomunikationsgeschäfts für die Privatwirtschaft gerechnet werden. Die Auguren aus Kronberg gehen davon aus, daß im Telepoint-Service neben der Telekom ebenfalls ein privatwirtschaftlicher Anbieter zugelassen wird. Die Ausschreibungen hierfür würden noch in diesem Jahr beginnen.

Möglicherweise halten - so die Untersuchung in diesem Zusammenhang weiter - bald auch Personal Communications Networks (PCN) in der Bundesrepublik Einzug. Das Bundespostministerium dürfte sich hierbei auf die entsprechenden Technologien und Erfahrungen aus Großbritannien stützen.

PCNs können als Nachfolgeeinrichtungen des Mobilfunknetzes D2 angesehen werden. Laut Steiert ermöglichen diese Netze hohe Teilnehmerzahlen und die Verwendung von preisgünstigen Telefonen im Westentaschenformat.

Telekom im Unitel-Boot

Als einen Schritt in Richtung PCNs könne die Beteiligung der Telekom am britischen Unitel-Konsortium gesehen werden. Das Konsortium, zu dem noch STC, Thorn EMI und US West gehören, werde sich um PCN-Services in Großbritannien bemühen. Eine zunehmende Privatisierung zeichnet sich laut IDC auch im Rahmen der Satellitennutzung ab, jedoch seien die derzeitigen Ausgangsbedingungen aufgrund der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 16 KB noch nicht gerade rosig. Die Telecom-Studie und das Update sind bei der IDC Deutschland GmbH in Kronberg, Westerbacherstraße 23, Telefon 0 61 73/ 70 98, ab sofort erhältlich.

Hut ab vor den Briten

Ein Blick nach England zeigt, welche ungeheuren Potentiale eine liberalisierte Telecom-Szene in sich birgt. Hier, wo die Deregulierung schon früher Fuß faßte, machte der Markt mit Managed Network Services 1988 insgesamt 49 Millionen Dollar aus.

In Deutschland dagegen lag die vergleichbare Zahl bei nur 15 Millionen Dollar. Die Briten können - wie im jetzt vorgestellten Update der IDC-Studie konstatiert - nicht nur für VANs, sondern beispielsweise auch in Sachen Personal Communication Networks (PCNs) Pate stehen.

Der nun tatsächlich noch bestehende Privatisierungs-Nachholbedarf sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Postreform bereits jetzt Früchte trägt. Denn letztendlich - so sieht es der Autor der IDC-Studie Wolfgang Steiert - ist dazu Gelingen von Projekten wie Amadeus oder Connect eben der im vergangenen Jahr angekurbelten Liberalisierung zuzuschreiben.

Inwieweit der Markt weiter in Schwung kommt, hängt sicher wesentlich von der künftigen Tarifgestaltung und drastischen Verschiebung zugunsten der Datenanwendungen auf Benutzer- und Herstellerseite ab. Billige und "freie" Telefone oder auch Telepoints sind lediglich einige Meilensteine auf dem Weg zu einem quicklebendigen Markt.

Richtungsweisenden Impulsen stehen derzeit aber unter anderem noch die Engpässe beim ZZF entgegen. Die Hersteller sollten jedenfalls nicht vor Klimmzügen zurückschrecken, um in Zulassungsangelegenheiten das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. sch