IDC: Der Kostendruck bleibt bestehen

12.12.2005
Konsolidierung und Preisdruck kennzeichnen die Entwicklung im deutschen IT-Markt auch in den nächsten zwölf Monaten. Die Umsätze legen wieder deutlich zu.
Umsatz gesamt: 73 Milliarden Dollar Angaben in Prozent; Quelle: IDC Nach IDC-Prognosen wird der deutsche IT-Markt im Jahr 2006 um 4,5 Prozent auf 73 Milliarden Dollar wachsen.
Umsatz gesamt: 73 Milliarden Dollar Angaben in Prozent; Quelle: IDC Nach IDC-Prognosen wird der deutsche IT-Markt im Jahr 2006 um 4,5 Prozent auf 73 Milliarden Dollar wachsen.

Deutsche Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine seit Jahren stagnierende Binnenkonjunktur, die von einer "Geiz-ist-geil"-Mentalität geprägt wird, durch Exporterfolge auszugleichen. Exportorientierte Branchen stehen unter enormem Wettbewerbsdruck, da zunehmend auch Schwellenländer wie China und Indien den Markt mit international wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen bedienen.

Branchentrends

• Der Handel dürfte auch im kommenden Jahr durch die geringe Konsumneigung der privaten Haushalte geprägt sein. Daher werden auch die IT-Ausgaben in dieser Branche nur wenig steigen: IDC rechnet mit einer Zunahme auf knapp sieben Milliarden Dollar. Dabei werden insbesondere Ausgaben im Vertriebsbereich getätigt, aber auch Themen wie RFID gewinnen an Bedeutung.

• Die Finanzbranche erholt sich allmählich von ihrer Krise, doch bestehen weiterhin erhebliche Strukturprobleme. Die geringe konjunkturelle Dynamik dürfte auch hier das Wachstum hemmen. Der Kostendruck wird sich auch auf die IT-Ausgaben auswirken, die nur leicht auf mehr als 14 Milliarden Dollar steigen dürften. Ausgaben im Vertriebsbereich und für die Industrialisierung von Geschäftsprozessen stehen im Vordergrund.

• Die im Hinblick auf IT-Ausgaben größte Branche ist mit 18,6 Milliarden Dollar das verarbeitende Gewerbe. Impulse erhält die Branche im kommenden Jahr weiterhin vom Außenhandel und den günstigen Investitionsbedingungen. Stark von der Binnennachfrage abhängige Bereiche wie das Baugewerbe werden jedoch weiter zur Schwäche neigen. In dieser Gemengelage ziehen die IT-Ausgaben nur moderat an.

• Die Finanzlage im öffentlichen Sektor ist äußerst angespannt. Jedoch dürfte es nach den Jahren des Abbaus 2006 zu erhöhten Investitionen kommen. Insbesondere die Gemeinden dürften die IT-Ausgaben ausweiten, da sie bereits in diesem Jahr höhere Einnahmen aus der Gewerbesteuer erzielten. Insgesamt belaufen sich die IT-Investitionen im öffentlichen Sektor auf mehr als sieben Milliarden Dollar.

• Im Bereich Transport, Kommunikation und Energie ist mit dem größten Zuwachs zu rechnen: Die IT-Ausgaben steigen voraussichtlich auf fast 7,5 Milliarden Dollar. Bei Energieversorgern dominieren Investitionen im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Stromnetzes; die Kommunikationsbranche investiert vor allem in Netze.

Hier lesen Sie ...

• warum der deutsche IT-Markt unter Druck bleibt;

• welche Trends die einzelnen Marktsegmente beeinflussen;

• wie sich die IT-Ausgaben in den wichtigsten Branchen entwickeln.

Um im internationalen Wettbewerb zu bestehen, müssen deutsche Unternehmen ihre über Jahre eingefahrenen Prozesse und Strukturen aufbrechen. Es gilt, flexibel auf die wachsenden Herausforderungen zu reagieren. Die Investitionen in Informationstechnologie werden davon massiv beeinflusst: Anwender bewegen sich in Richtung einer dynamischen IT-Umgebung mit größerer Effizienz und besserer Unterstützung der Geschäftsprozesse. Vor diesem Hintergrund ist eine Fortsetzung des Trends zu standardisierten IT-Landschaften mit einer Forderung nach mehr Kostentransparenz zu beobachten. Darüber hinaus nimmt die Relevanz von Kosten-Nutzen-Betrachtungen zu.

Nach den mageren vergangenen Jahren rechnet IDC mit einem Wachstum des deutschen IT-Marktes von 4,5 Prozent auf 73 Milliarden Dollar im Jahr 2006. Diese Steigerung liegt deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, aber unter dem europäischen Schnitt.

Hardware

Im Hardwaresegment wird das Umsatzwachstum in erster Linie durch Notebooks getrieben. Die Wachstumsraten bei den Stückzahlen, insbesondere im Consumer-Umfeld, aber auch im Business-Bereich, werden durch den Preisrückgang in großen Teilen kompensiert. Aus diesem Grund ist für 2006 nur von einem Marktwachstum von 0,9 Prozent auszugehen. Charakteristische Merkmale des Hardwaresegments sind der intensive Wettbewerb und kontinuierlich sinkende Preise bei gestiegener Leistungsfähigkeit der Produkte. IDC erwartet, dass insbesondere die Akzeptanz von Blade-Servern weiter zunimmt, was den Preisverfall im Server-Segment beschleunigen wird. Auch im Speichermarkt sinken die Preise weiter.

Software

Das Jahr 2005 stand im Zeichen der Konsolidierung des Softwaremarktes, geprägt hauptsächlich durch Oracles Einkaufstour. Doch damit ist die Konzentration im Markt für Geschäftsanwendungen noch nicht abgeschlossen. Anbieter von Enterprise-Resource-Planning-Software (ERP) werden ihr Portfolio weiter ergänzen, kleinere Spezialisten übernehmen und ihr Angebot ausbauen, um ihren Kunden eine umfassende Suite anbieten zu können. Best-of-Breed-Anbieter haben es immer schwerer, da das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ohne großen Integrationsaufwand möglich sein sollte.

Für 2006 rechnet IDC aufgrund von Sättigungstendenzen in Großunternehmen und einem verstärkt über den Preis ausgetragenen Wettbewerb nur mit einem moderaten Wachstum des deutschen ERP-Markts. Wachstumstreiber werden die mittelständischen Unternehmen sein. Damit aber lassen sich die ausbleibenden Investitionen der Großunternehmen nicht ausgleichen. Etwas stärker legt dagegen der Markt für Customer-Relationship-Management-Software (CRM) zu. Zwar gibt es auch hier Übernahmen und Preiskämpfe. Doch gerade zum Jahresanfang 2006 bringen die Hersteller zahlreiche neue Versionen.

Auch im Umfeld der Anbieter von Mietsoftware, beispielsweise Salesforce.com, wird die Konkurrenz stärker. Insbesondere Anbieter so genannter Hybrid-Modelle ermöglichen einen einfachen Umstieg von der gemieteten auf die gekaufte Lösung

In Folge dieser Entwicklungen sind besonders die großen Softwareanbieter gezwungen, ihre Geschäfts- und Vertriebsmodelle im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit einer kontinuierlichen Überprüfung zu unterziehen. Die wichtigsten Schlagworte in diesem Zusammenhang sind "Service Oriented Architecture" (SOA), Business Process Outsourcing (BPO) und Open Source.

IT-Services

Drei Faktoren werden den Markt für IT-Services grundlegend verändern: die Dynamik des globalen Sourcing-Modells, hoch standardisierte Lösungen und Konsolidierung. Der deutsche Markt ist dabei in die globale Entwicklung eingebunden und unterscheidet sich nur in Facetten von der allgemeinen Marktdynamik.

Die Verfügbarkeit globaler Personal- und Technikressourcen zu aggressiven Preisen wird die Wertschöpfungsketten weiter aufbrechen. Mit dem Reifen des Portfolios der Offshore-Anbieter gewinnt Outsourcing, besonders Application-Management und Business Process Outsourcing, an Bedeutung. Der Trend zu einer höheren Standardisierung der Lösungen treibt die Konsolidierung ebenfalls voran. Sie wird sich im deutschen Markt nicht zuletzt durch große Outsourcing-Verträge in Verbindung mit der Übernahme von IT-GmbHs vollziehen.

Telekommunikation

Der wesentliche Trend in der Telekommunikationsbranche ist der Kampf der etablierten Anbieter gegen die Margenerosion. Der Wettbewerb durch Billiganbieter nimmt zu, ebenso wächst die Akzeptanz von konkurrierenden Techniken wie Voice over IP. Hinzu kommt eine nahezu flächendeckende Verbreitung der mobilen Kommunikation. Vor diesem Hintergrund müssen die großen Anbieter einerseits neue Kundenbindungskonzepte entwickeln und andererseits neue Umsatzquellen identifizieren.

Derzeit versuchen viele Hersteller, Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangebote wie Fernsehen oder Video on Demand in einem Paket anzubieten. Die Bemühungen sind bisher als mäßig erfolgreich zu bewerten. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich Kunden sowohl aus dem Consumer- als auch dem Business-Segment zunehmend für solche Angebote interessieren werden.

Einige Anbieter sehen den Aufbau von "Next Generation Networks" (NGN) als einen wichtigen Baustein zur Bewältigung der Herausforderungen. Durch die Übertragung von Sprache und unterschiedlichen Datentypen über ein einheitliches Netz lassen sich die Betriebskosten deutlich reduzieren. Die Einführung eines NGN ist allerdings nicht nur mit umfassenden Investitionen verbunden, sondern auch eine organisatorische Herausforderung, da nahezu alle Geschäftsbereiche und Backoffice-Systeme von Veränderungen betroffen sind. (wh)