Winfried Materna

"Ich würde Outsourcern den Garaus machen"

05.03.2011
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Aussicht für IT-Abteilungen

CW: Welche Rolle kommt denn dann den IT-Abteilungen zu?

Materna: Ziel muss sein, dass Commodity-Prozesse leicht extern beschafft und integriert werden können, so dass sich die IT intern um die unternehmenskritischen Prozesse kümmern kann. Daraus ergeben sich völlig neue Aufgaben für die Mitarbeiter. Früher hatte man beispielsweise Mail-Administratoren, SAP-Verwalter und andere Spezialisten, die bestimmte Fachthemen beherrschten. In Zukunft wird immer mehr Breitenwissen gefragt sein - Mitarbeiter, die über eine vielfältige und komplexe Infrastruktur hinweg handeln können. Die gehen vielleicht nicht mehr so in die Tiefe, können sich aber überall hineindenken.

Wenn ich CIO in einem Unternehmen wäre, würde ich diese Entwicklung als meine große Chance ansehen. Ich würde allen Outsourcern den Garaus machen, indem ich sage: Ich definiere jetzt für mein Unternehmen die geschäftswichtigen Services. Und dann entscheide ich, ob ich das mit meinen IT-Leuten oder mit externen Dienstleistern mache, ob ich also eine Private-, eine Public- oder eine Hybrid-Cloud nutze.

Heute werden Outsourcing-Entscheidungen aus einer defensiven Haltung her- aus gefällt, Kostengründe spielen eine zentrale Rolle. Mit den anzubietenden Services beschäftigt man sich zu wenig. Ich würde als CIO sagen: ‚ÄöMeine Fachabteilung bekommmt von mir die Services, die sie braucht. Die definiere ich, und ich bin imstande, sie schnell zu liefern, schneller als ein außenstehendes Unternehmen.

Es geht darum, ein Höchstmaß an Flexibilität aufzubauen. Dann ist das eine Chance. Natürlich kann man dann auch den einen oder anderen Service von außen einbringen - zum Beispiel Bonitätsprüfung -, aber das muss der Kunde gar nicht sehen. CIOs sollten sich einer Fachabteilung gegenüber nicht als Betreiber technischer Services, sondern als Anbieter von Anwendungsservices aufstellen. Dann bekommen sie eine andere Position.

CW: Eine letzte Frage zu Ihrem Unternehmen: Unified Communications und Collaboration waren ein großes Thema bei Ihnen. Davon hören wir seit einiger Zeit immer weniger.

Materna: Collaboration ist für uns natürlich ein ganz wichtiges Thema. Wir sehen Microsoft mit SharePoint hier in einer starken Position. Unified Communications spielt für uns keine entscheidende Rolle mehr. Die angebotenen Lösungen sind viel zu komplex, dafür sind die Kunden nicht bereit zu zahlen. Es gibt viele gute Teilfunktionen für kleines Geld im Markt, damit begnügen sich die Anwender. Wir haben unsere Unified-Messaging-Lösung verkauft und ziehen uns sukzessive aus dem Geschäft zurück. Das ist uns zu mühselig. (hv)