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Thema des Tages

Icann und NSI beenden Streit um Domain-Vergabe

29.09.1999
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach den Auseinandersetzungen zwischen Network Solutions Inc. (NSI) und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Icann) um das Recht, Internet-Domains registrieren und verwalten zu dürfen, haben die Parteien nun eine vorläufige Einigung erzielt. Der Ex-Monopolist NSI wird die Autorität der gemeinnützigen Deregulierungsorganisation Icann anerkennen und dafür bis 2003 exklusiver Verwalter der Top-Domains ".com", ".net", ".edu" und ".org" bleiben. Das US-Wirtschaftsministerium, das als Initiator und Vermittler in der Angelegenheit fungiert, gab gestern die vorläufigen Bestimmungen bekannt, die 30 Tage lang zur öffentlichen Diskussion stehen, bevor Anfang November endgültig darüber entschieden wird.

Die vorläufigen Vereinbarungen, über die der Icann-Vorstand in einem Monat endgültig abstimmen wird, umfassen im wesentlichen folgende Punkte:

NSI behält für weitere vier Jahre die Kontrolle über die Verwaltung der Top-Domains ".com", ".net" und ".org". Der Zugang zur zentralen Domain-Datenbank soll anderen Firmen jedoch erleichtert werden. Internet-Adressen sollen künftig für lediglich ein Jahr registriert werden können, statt wie bisher für zwei Jahre. Ab dem 15. Januar 2000 verlangt NSI von anderen Registratoren nur noch sechs Dollar (bisher: neun Dollar) pro Jahr. Diese Einkünfte dürfen lediglich zur Pflege der Datenbank eingesetzt werden. Sollte NSI gegen diese Vereinbarungen verstoßen, wird dem Unternehmen das Recht für die Vergabe von Top-Domains entzogen.

NSI erkennt die Autorität der gemeinnützigen Organisation an und unterwirft sich deren Beschlüssen. Icann wird den Ex-Monopolisten als offiziell zugelassenen Registrator führen; bisher wurden von der Deregulierungsstelle 76 weitere Domain-Vergabestellen akkreditiert. NSI wird Icann eine jährliche Registriergebühr von 250 000 Dollar und eine Mitgliedergebühr von bis zu zwei Millionen Dollar im Jahr an Icann zahlen. Die Hälfte des Betrages, rund 1,25 Millionen Dollar, erhält die in finanziellen Engpässen steckende Organisation bereits im voraus.

NSIs Bereiche Domain-Vergabe und Verwaltung der zentralen Domain-Datenbank werden getrennt. Für diese Maßnahme soll NSI sogar belohnt werden: Sollte der Regristrator innerhalb von 18 Monaten die Datenbank an eine dritte Partei verkaufen, gelten die obigen Vereinbarungen für weitere vier Jahre. NSI würde also bis 2007 Gebühren für neue Top-Domains kassieren. Wird die Datenbank jedoch innerhalb von vier Jahren nicht veräußert, gilt auch hier: Entzug der Lizenz zur Top-Domain-Vergabe.

Die sogenannte "Who-is"-Datenbank, die Auskunft über die Besitzer von Internet-Adressen gibt, soll für alle geöffnet werden. Ferner wird NSI in sechs Monaten die öffentlich zugängliche Registrier-Website "Internic" an das US-Wirtschaftsministerium abgeben. Darauf sollen künftig Informationen zu allen akkreditierten Registratoren zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Einzelheiten zu den Vereinbarungen sind auf der Icann-Website einsehbar.

Die Einigung zwischen beiden Parteien ist nach Darstellung der Icann durch Kompromisse auf beiden Seiten gekennzeichnet. Esther Dyson, Interims-Chairman von Icann, verkündete auf der diesbezüglichen Pressekonferenz: "Jeder hat etwas gegeben; keiner konnte wirklich die Konditionen diktieren." Sie lobte den Vorschlag, NSI den Verkauf der Domain-Datenbank schmackhaft zu machen, denn so würde eine "Marktregulierung und keine Kontrolle durch den Regulierer" stattfinden. Die Tatsache, daß der Aktienkurs von NSI nach Bekanntgabe der Neuregelung um 12,69 Dollar stieg, deutet jedoch darauf hin, daß der ehemalige Monopolist bekommen hat, was er wollte.