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Thema des Tages

Icann holt sich den zentralen Domain-Server

01.07.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Entmachtung von Network Solutions (NSI) bei der Vergabe der Top-Level-Domains ".com", ".net" und ".org" schreitet voran: Die Deregulierungsinstanz Icann (Internet Company for Assigned Names and Numbers) bemüht sich um eine möglichst rasche Übernahme der zentralen Domain-Datenbank. Diese residiert momentan noch auf dem sogenannten "A-Server" bei Network Solutions und soll auf den von der Icann administrierten "L-Server" an der University of Southern California (USC) wechseln. An diesem komplexen Vorhaben werkeln neben dem Root Server Advisory Committee der Icann auch die zum US-Handelsministerium gehörende National Telecommunications and Information Administration (NTIA) und deren Ableger National Institute of Standards and Technology (NIST).

Sobald die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, muß nur noch das Handelsministerium grünes Licht für den Wechsel geben. Praktisch handelt es sich dabei nicht um das Umlegen irgendwelcher Schalter, sondern lediglich um einen Auftrag an die Betreiber der 13 weltweit verteilten "Root Server", ihre Updates für die "Root Zone Files" (zentrale Domain-Verzeichnisse) ab sofort vom L- statt vom A-Server zu beziehen. Bislang ist noch unklar, ob dieser Schritt vor dem offiziellen Auslaufen des Vertrages mit NSI im September 2000 geschehen wird. Der Wortlaut des Kontrakts sieht diese Option zumindest vor.

Mike Roberts, Interims-President der Icann, ist optimistisch: "Unsere Techniker arbeiten an dem Plan und dürften in ein paar Wochen so weit sein." Theoretisch hätte man den Umstieg auch in einer Stunde durchziehen können, so der Icann-Mann. NSI ist allerdings angesäuert. "Wir haben den A-Server sechs Jahre lang als öffentliche Dienstleistung betrieben und dabei einen guten Job gemacht. Was für ein ´Problem´ soll hier eigentlich gelöst werden?" fragt Senior Vice-President Don Telage. Allerdings will sich Network Solutions in jedem Fall den Anweisungen des Handelsministeriums beugen. "Ausdrückliche schriftliche Anweisungen des Ministeriums werden wir befolgen. Und wenn sie uns sagen, wir sollen den A-Server nehmen und in Moskau aufstellen, dann machen wir auch das", scherzt Telage.

Das Ministerium als Zünglein an der Wage äußert sich zum brisanten Thema eher kryptisch. "Der offizielle Root wird von NSI auf Weisung der Regierung betrieben", erklärt die Behördensprecherin Becky Burr. "Die übrigen Root-Server können nur in Rahmen eines gut organisierten Plans auf den Icann-Server verweisen, bei dem sie Stabilität des Netzes Vorrang hat." Daß bei dem Umstieg kaum technische Probleme zu erwarten sind, hatte vor einigen Jahren der inzwischen verstorbene John Postel, einer der Urväter und Architekten des Internet, eindrucksvoll bewiesen. In einem Akt "digitaler Entführung" hatte Postel seinerzeit eigenmächtig die Root-Server auf den L-Server umgeleitet, ohne das größere Probleme aufgetaucht wären.

Unterdessen hat gestern nach Register.com mit Internet Names Worldwide der zweite von fünf bislang anerkannten neuen Registraren seinen Betrieb im Rahmen der von der Icann organisierten Deregulierung der Domain-Vergabe aufgenommen. Wie Register.com und NSI verlangt die zu Melbourne IT gehörende australische Company 70 Dollar für eine zweijährige Domain-Registrierung. Von der Konkurrenz will man sich durch einen Mengenrabatt für Kunden abheben, die mehr als 100 Namen auf einen Schlag ordern.