Palmisanos erster großer Auftritt noch vor seinem Amtsantritt als CEO

IBMs Zukunft hängt an Services und Middleware

01.03.2002
SAN FRANCISCO (IDG) - Einen vor Selbstbewusstsein strotzenden Samuel Palmisano erlebten die zirka 3000 Besucher der jährlichen IBM-Partnerkonferenz in San Francisco. Der Mann, der zum 01.03.2002 Louis Gerstner als Chief Executive Officer (CEO) beerben wird, betonte IBMs Führungsanspruch im IT-Markt.

"Die E-Business-Ära ist angebrochen, und hier kommt es darauf an, End-to-End-Lösungen zu realisieren. Das erfordert von den IT-Anbietern ein neues Geschäftsmodell", sagte Palmisano vor Händlern, Systemintegratoren und Entwicklern. Der designierte IBM-Chef zitierte eine Umfrage unter 33000 Anwendern, aus der hervorgehe, dass sich bereits 82 Prozent irgendwo in der Übergangsphase zu einem E-Business-Modell befänden.

Viele dieser Unternehmen hätten bekundet, dass die Integration der Anwendungen die größte Hürde darstelle. Hier setze IBM an und habe mit seiner Division Global Services sowie mit der breiten Palette an Middleware-Produkten die richtigen Instrumente zur Verfügung. "Viele unserer Wettbewerber tun sich in dieser Integrationsphase schwer", stichelte Palmisano. "Sie scheinen noch in der Client-Server-Ära festzuhängen, in der es vor allem um die Verbesserung der Produktivität des einzelnen Anwenders ging." Der IBM-Mann sieht deshalb weiterhin gute Perspektiven für IBMs Service-Unit, deren Marktanteil langfristig von derzeit neun auf 20 Prozent gesteigert werden solle.

Die finanziellen und strategischen Probleme von Konkurrenten wie Sun und Hewlett-Packard kämen IBM entgegen und sorgten dafür, dass Big Blue und seine Partner sich ein größeres Stück vom Kuchen sichern könnten als ursprünglich erwartet. Der starke Umsatzeinbruch von Sun und EMC sei darauf zurückzuführen, dass diese Anbieter nur auf den Absatz eigener Produkte fixiert gewesen seien. Im E-Business-Zeitalter reiche das nicht mehr aus.

IBM habe deshalb mit der proprietären Vergangenheit gebrochen und sich schon vor Jahren neu aufgestellt. Im Gegensatz zu den Konkurrenten müsse das Unternehmen nicht mehr mit Zukäufen oder größeren strategischen Neuordnungen auf Kurs gebracht werden. In einem herstellerunabhängig zusammengestellten "One-Stop-Shop" sei eine vielfältige Produktpalette samt Integrationsdienstleistung erhältlich. Hewlett-Packard tendiere inzwischen in eine ähnliche Richtung, müsse aber zunächst einmal die Compaq-Übernahme realisieren, um ein entsprechendes Portfolio aufzubauen.

IBM hingegen konzentriere sich bereits auf die Integration der verschiedenen Produktwelten und bediene sich einer Vielzahl offener Standards und Technologien. Das klare Bekenntnis zu Linux und anderer Open-Source-Software belege dieses Engagement - ein Schritt, den IBM vor drei Jahren gegangen sei, Sun hingegen erst vor drei Wochen. (hv)

Marketing mit StilEiner Marketing-Attacke der besonderen Art sah sich IBM während der Partner World in San Francisco durch Oracle ausgesetzt. Die Softwareschmiede mietete zwei große Trucks, einen schnellen und einen langsamen, die den Veranstaltungsort, das Moscone Convention Center, umkreisten. Auf dem schnelleren Lkw war zu lesen, Oracles Datenbanken seien schneller als IBMs DB2 - sogar auf IBM-Hardware. Auf dem langsameren Truck thronte ein gigantischer blauer Brontosaurus in einem Käfig, der den Namen "DB2-a-Saurus" trug. Auf der Rückseite des Gefährts war zu lesen: "Caution: Slow moving Software".

Big Blue hingegen konzentrierte seine Aktivitäten auf die rund 3000 Besucher, die sämtlich mit einem Palm-Handheld beschenkt wurden. Außerdem zahlte IBM 20 Dollar an jeden, der sich während der Veranstaltung bereit fand, einen Fragebogen über IBMs Produkte auszufüllen. Und schließlich hatte das Unternehmen Baseball-Star Willie Mays engagiert, der mit Interessierten Fangübungen absolvierte.

Die Oracle-Aktion, so war hinter den Kulissen zu erfahren, sorgte für Missmut im IBM-Management. Allerdings waren die Herren schlau genug, gute Miene zu bösem Spiel zu machen. Die Partnerschaft mit Oracle funktioniere auf technischer Seite so gut wie nie zuvor, erklärte General Manager Val Rahmani. Dass sich die Marketiers beharkten, sei ihr gutes Recht. Wichtiger sei aber, dass die nächste Datenbankversion genauso früh auf IBMs Unix-Derivat AIX zur Verfügung stehen werde wie auf den konkurrierenden Plattformen HP-UX und Solaris. Das sei bisher nicht immer so gewesen.