IBMs System 34 wird einen Preisverfall erzwingen

29.04.1977

Welchen Grund sollte irgendein Anwender haben, ein Nicht-lBM-System zu installieren, wenn Leistungsdaten und Preise vergleichbarer Anlagen in etwa identisch sind? Der gängige Spruch "Es war immer etwas teurer IBM zu wählen", sicherte den Konkurrenten ihren - selbst dann noch jeweils bescheidenen - Marktanteil.

Mit der Ankündigung des Systems 34 für den "Kaufpreis-Bereich 100 000 Mark" hat IBM nunmehr eine Anlage auf den Markt gebracht, die preislich unter denen der wichtigsten Mitbewerber liegt. Das gab es bisher nur gelegentlich in der Groß-EDV - und ein allgemeines Purzeln der Preise war jeweils die Reaktion. Das geschah nunmehr erstmals auch im Bereich der "Kleinen EDV" (IBM-Terminus: Basis-Datenverarbeitung). Heulen und Zähneklappern war zunächst die Reaktion der Konkurrenz.

Mankos, die nicht zählen

Zwar fanden die Marktbeobachter der Wettbewerber noch in Hannover eilig einige vermeintliche Mängel am System 34, die sich offenbar damit erklären lassen, daß der Marktführer sich mit einem zu leistungsstarken System 34 nicht den Markt für das System 3 kaputtmachen will. Derlei wichtigste Mankos: Begrenzung der Hauptspeicher-Kapazität auf maximal 64 KB (IBM: "Das reicht"). Begrenzung der Plattenkapazität auf 27 Millionen Bytes (IBM: "Das reicht"). Festplatten und damit unkomfortable Datensicherung (IBM: "Festplatten haben aber auch Vorteile"). Nur Batchorientiertes RPG II als höhere Programmiersprache (IBM: "Ausreichende Erweiterungen für Dialoganwendungen"), usw.

Dies wären in der Groß-EDV wichtige Vertriebsargumente. Aber sie hätten nur dann gereicht, den preislich geschockten System 34-Mitbewerbern neuen Mut einzuflößen, wenn unterstellt werden dürfte, daß bei der Anlagen-Auswahl in dieser Größenklasse derartige technische Feinheiten großes Gewicht hätten. Statt dessen müssen die Marketing-Strategen befürchten, daß die typischen Kunden gar nicht den Durchblick haben, um solche Schwächen zu erkennen, und ihre Bedeutung zu bewerten. Bei IBMs "lmage" kann der Basis-Datenverarbeitungs-Vertrieb darauf bauen, daß Neukunden und System 32-Aufsteiger davon ausgehen "IBM macht das schon richtig, wer sonst sollte das können?"

Neue Preis-Standards

IBMs massive Werbung rollt an. Dahinter steht für den Bereich Basis-Datenverarbeitung allein ein Vertriebsapparat von 1500 Mann in vierzehn Geschäftsstellen. Nixdorf-Preis für ein 8870/1 Einzelplatz-System: 99 500 Mark. Die vergleichbare IBM 34: 98 610 Mark. Sommerschlußverkauf-Preisgestaltung. Und ähnlich sind alle betroffen, gerade bei mehr Mehrplatzsystemen. Honeywell Bull, Data General, CTM, Gier-Datapoint. Gerade zur Hannover Messe hatten Inforex (System 7000) und MDS (System 21) neue Mehrplatz-Dialog-Systeme der 34er-Größenkategorie angekündigt. Daß eine /34 kommt, werden auch sie gewußt haben. Aber die Preise haben sie bestimmt nicht gekannt, sonst hätten sie gleich vorweggenommen, was allen Mitbewerbern nunmehr wohl nicht erspart bleiben wird: Die Preise für Dialog-Systeme im Bereich 100 000 bis 200 000 Mark werden allgemein gesenkt werden. IBM setzt die Standards. Bisher lagen alle Wettbewerberpreise immer etwa 15 Prozent, gelegentlich 20 Prozent darunter. Und es wird wohl demnächst wieder so sein. Allerdings bleibt noch Zeit. Der IBM-Preisschocker wird frühestens im Sommer 1978 ausgeliefert.

Siehe auch "Interview der Woche" in der nächsten Computerwoche mit Erich Wörner, Leiter des Direktionsbereiches Basis-Datenverarbeitung der IBM Deutschland: "lBM um Argumente nicht verlegen!"