Anwender: Systempro ist sicherer, PS2 schneller

IBMs PS/2-Modell 95 und Compaqs Systempro sind auf Kollisionskurs

12.06.1992

FRAMINGHAM (CW) - Noch bis vor wenigen Monaten verkauften die Compaq Computer Corp. und die IBM Corp. im High-end-Markt für PCs ihre jeweiligen Topmodelle einträchtig und ohne Konkurrenzgetöse - und machten ihren Schnitt dabei. Doch mit neuen, einander ähnlichen Ausführungen des "Systempro" und des PS/2-Modells 95 gehen die beiden größten PC-Hersteller nunmehr auf Kollisionskurs.

Bisher kamen sich die beiden PC-Riesen kaum ins Gehege, weil ihre Spitzenrechner als Produkte galten, die unterschiedliche Anwenderbedürfnisse befriedigen. Der Systempro wurde dabei als die gebotene Wahl angesehen, sobald es um maximale Rechenleistungen und Betriebssicherheit ging, weil sich das Gerät mit zwei Prozessoren und einem Festplatten-Array ausstatten läßt.

Doch jetzt scheint die Zeit der friedlichen Koexistenz zu enden: Schon vor einem halben Jahr hatte Compaq den Systempro/LT herausgebracht, eine abgespeckte Ausführung des Systempro, die offenbar im Revier des Modells 95 räubern soll. Im April hat IBM auf diese Herausforderung mit einem neuen Modell 95 geantwortet, das nach Angaben von Big Blue eine höhere Leistung bieten soll als der Systempro.

Fehlertoloranz als größtes Plus

Damit sind die beiden Systeme fast austauschbar geworden. "Beide werden in lokalen Netzen eingesetzt, beide sind modular, und beide zwingen den Anwender, hersteller-spezifische Upgrades zu kaufen, sobald sie sich einmal für ein System entschieden haben", sagt John Dunkle, President für Marktforschung bei der Workgroup Technologies Inc. in Hampton.

Zu den Unterschieden, die noch bleiben, befragte die CW-Schwesterpublikation "Computerworld" Anwender in Unternehmen, die zwischen einem Dutzend und 200 486er PCs in ihren Netzen einsetzen. Als größtes Plus des Systempro nannten fast alle Befragten die Fehlertoleranz des Compaq-Rechners und lobten das Festplatten-Array.

Louis Kahn, Netzwerkverwalter bei den Centers for Disease Control in Toronto, meinte: "Beim Systempro können zwei Festplatten ausfallen, ohne daß wir in Schwierigkeiten geraten." Daß der Compaq mehr zusammenhängenden Speicherplatz auf der Festplatte anbietet, wurde ebenfalls als Vorteil angeführt.

Aufrüstung problemlos möglich

Der Bonus des Modells 95 ist aus Benutzersicht die fast vollständige Modularität der Maschine. Ein Manager für Informationssysteme bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa, J. Briscoe Stephens, sagte: "Beim Modell 95 kann man alles vom 80486SX bis zum 80486DX/50 einbauen, und das ist sehr wichtig für uns. Schließlich soll die Maschine vier Jahre laufen." Nur wenige IBM-Kunden hatten ihren PS/2 jedoch schon einmal aufgerüstet.

Einen weiteren Vorzug sehen Modell-95-Anwender darin, daß der Computer durch seinen Microchannel-Bus (MCA) einen höheren Datendurchsatz erreicht als der Compaq-Computer mit seinem Eisa-Bus; durch den verbesserten MCA-II-Bus hat sich die Transferrate auf 80 MB pro Sekunde gesteigert. Den SCSI-Datenanschluß könne man für externe Massenspeicher nutzen, um das Fehlen eines Disk-Arrays auszugleichen, regte ein Anwender an.

Was die Hersteller noch verbessern könnten? Ganz oben auf der Wunschliste der Benutzer stehen doppelt ausgelegte Netzteile und ein verbessertes Netzwerk-Management.