Valuepoint-Mikros kommen erst im Oktober

IBMs PC-Konkurrenz zu Compaqs Prolinea-Mikros verspätet sich

18.09.1992

NEW YORK (CW) - Big Blues Antwort auf Compaqs preiswerte "Prolinea"-PCs verzögert sich: Die "Valuepoint"-Systeme sollen nach neuesten Informationen erst Ende Oktober 1992 angekündigt werden.

Die Valuepoint-Mikros sind Teil einer mehrteiligen Ankündigungslawine, mit der die IBM im Segment der Workstations und PCs Flagge zeigt. Auffallenderweise bleibt der Großrechner-Bereich von der blauen Innovationsflut weitgehend ausgespart. Für den Mainframe-Bereich wird die IBM lediglich Softwareverbesserungen bei der CISC/ESA-Systemsoftware für den Überschreibschutz von Applikationen, Escon-Unterstützung für Einstiegsrechner und diverse, Upgrade-Optionen bekanntgeben.

Compaq könnte von der Verzögerung profitieren

Nachdem gerade erst die PS/1-Modellreihen der "Essential"-, "Expert"- sowie "Consultant"-Rechnerlinien vorgestellt wurden (vgl. Seite 31: "Hewlett-Packard und IBM drücken..."), sollte am 21. September 1992 die nächste Vorstellungswelle sowohl in Richtung der Valuepoint- als auch der PS/2-Modelle folgen.

Beide Rechnerlinien möchte Big Blue im Unternehmensumfeld plazieren: Allerdings sollen die PS/2-Rechner sowohl in puncto Garantievereinbarungen als auch bezüglich etwa der System-Erweiterbarkeit als erste Wahl gelten.

Die verzögerte Vorstellung der Low-end-Systeme begründet Big Blue damit, daß man nicht einen Fehler von Compaq kopieren wolle: Die Texaner hatten im Juni mit großem Tamtam ihre nächste PC-Generation ausgelobt, prompt eine rege Nachfrage geweckt - und. nach Insider-Informationen dann nicht liefern können. Compaq-Geschäftsführer Kurt Dobitsch von der deutschen GmbH wies diese Informationen zwar zurück. Er konzertierte jedoch, daß man mit den Informationen zu den neuen PC-Produkten - vor allem der Prolinea-Reihe - sehr früh herausrücken wollte.

Big Blues offizielle Erklärung zur Verzögerung der Markteinführung der Valuepoint-Rechner wird allerdings konterkariert durch ebensolche Probleme, die den Armonkern offensichtlich im Bereich der Workstations entstanden sind: Auch hier war die Ankündigung neuer RS/6000-Systeme für Ende September 1992 geplant. Auf Anfrage der COMPUTERWOCHE bei der Stuttgarter Deutschlandzentrale mußte man eingestehen, daß dieser Termin nicht zu halten sei. Erklärungen gab die IBM in diesem Fall allerdings nicht ab.

Mit der Verzögerung der Valuepoint-Markteinführung könnte Big Blue nach Meinung von Analysten Compaq in die Hände spielen: Die Marktbeobachter gehen davon aus, daß im traditionell umsatzstarken Jahresabschlußquartal die Unternehmen Gelder für den DV-Konsum lockermachen. Hier könnte die texanische Konkurrenz schon einmal den Rahm abschöpfen und Big Blue zunächst das Nachsehen haben.

1992 war für die IBM ohnehin nicht gerade ein Jahr für PC-Erfolgsstories. Das kalifornische Marktforschungsinstitut Infocorp aus Santa Clara analysierte, daß Big Blue im Juli 1992 lediglich einen 18 Prozent hohen Anteil am Verkauf aller von US-Händlern abgesetzten PC-Systeme vorweisen konnte. Im gleichen Sommermonat 1991 zog sich Big Blue noch 30 Prozent des Gesamtkuchens auf den Teller. Demgegenüber schien für Compaq im Juli die Sonne: 21 Prozent aller verkaufter PCs trügen das Compaq-Label, damit sei der Edelcloner Spitzenreiter in den USA, lautete die Erfolgsmeldung.

Trotzdem könnte IBMs PC-Offensive einigen Druck erzeugen: Abgesehen von der sehr preisbewußt kalkulierten breiten PS/1-Modellpalette dürfte Big Blue auch mit den PS/2-Neuvorstellungen ein weiteres As aus dem Ärmel ziehen, weil mit dieser Ankündigung auch die PC-Preisspirale einmal mehr nach unten geschraubt wird.