IBMApple: Fall für die Kartellbehörden

11.10.1991

Welcher Zündstoff in den Vereinbarungen zwischen IBM und Apple über einen gegenseitigen Lizenzaustausch sowie gemeinsame Produktentwicklungen steckt, zeigt - mehr als der Jubel der beiden bei der Ankündigung - die eher beiläufige Bemerkung eines Big-Blue-Offiziellen zur wettbewerbsrechtlichen Problematik. Daß die Kartellbehörden ein Haar in der Suppe finden könnten, so das knappe Statement, sei nicht anzunehmen. Prüfungen wird es also geben, immerhin, und zwar sowohl in Washington als auch in Brüssel. Die Beamten, die das Vertragswerk zu beurteilen haben, sind nicht zu beneiden. Verglichen etwa mit der Siemens-Nixdorf-Fusion, der Übernahme von NCR durch den AT&T-Konzern oder dem DEC-Philips-Pakt liefert die IBM-Apple-Allianz auf den ersten Blick keinen Hinweis, daß sich die Machtverhältnisse im DV-Markt unmittelbar ändern - was in den genannten Fällen von den Wettbewerbshütern zwar bejaht, jedoch nicht als besorgniserregend erachtet wurde.

Das IBM-Apple-Bündnis ist anders gelagert. Finanz-Transaktionen größeren Umfangs finden nicht statt. Doch insbesondere die IBM-Strategen tun gut daran, von Argwohn in einer - was den Konzentrationsprozeß in der DV-Branche betrifft - zunehmend hellhörigen Öffentlichkeit auszugehen, Argwohn darüber, daß im Zuge der Marktbereinigung von maßgeblichen Anbietern (hier: Apple) auf die Teilnahme am Wettbewerb verzichtet wird. Das Beispiel Wang ist noch gegenwärtig. Der einstige IBM-Konkurrent hat sich aus dem Hardware-Business verabschiedet. Control Data, Prime und Norsk Data stehen für viele andere, die sich in Marktnischen zurückgezogen haben.

Daß die verbliebenen Allround-Anbieter ihr Heil in Zusammenschlüssen suchen, läßt sich nicht allein mit technischer Inferiorität erklären, auch wenn es immer schwieriger wird, die erforderlichen Riesensummen für Forschung und Entwicklung aufzubringen. Die DV-Industrie ist krank - über die Ursachen (Wirtschaftsflaute, Preisverfall, Überkapazitäten) wurde scheinbar alles gesagt. Der entscheidende Punkt aber, über den auch die Kartellbehörden zu befinden haben, ist bisher viel zuwenig beachtet worden: Wenn es der IBM gelingt, ihr Quasi-Monopols das sie bei Mainframes hat, in die Client-Server- und Workstation-Ära hinüberzuretten - und darauf zielt die Allianz mit Apple ab -, dann wird es katastrophal für diejenigen Anwenderfirmen, die von der Informationstechnik weitgehend abhängig sind. Als Alles-aus-einer-Hand-Anbieter ist Big Blue ohnehin bereits konkurrenzlos. Für die künftige Preisgestaltung, bei systemnaher Software etwa, läßt das einiges erwarten. Die Aussage "Vom Käufer- zum Verkäufermarkt" ein Gewinnermotto für die Anwender? Nein, leider ein Witz, ein schlechter übrigens.