SPD kritisiert vorläufige Genehmigung zur Konti-Schicht, aber:

IBM will Sonntagsarbeiter belohnen

22.04.1988

STUTTGART (CW) - Zufrieden zeigt sich die IBM Deutschland GmbH in Stuttgart über den genehmigten Probelauf der Sonntagsarbeit bei der Halbleiterfertigung. Als "eine Beruhigungspille mit Placebo-Wirkung hat dagegen die badenwürttembergische SPD-Landtagsfraktion diese Entscheidung des Stuttgarter Regierungspräsidiums kritisiert.

Laut Entscheidung des Stuttgarter Regierungspräsidenten Manfred Bulling wird die Sonn- und Feiertagsarbeit bei der Chip-Produktion im Werk Böblingen-Hulb für eine gewisse Zeit bis zur Gewinnung genauerer Erkenntnisse geduldet (siehe CW Nr. 16 vom 15. April 1988, Seite 5 "IBM startet Chip-Kontischicht auf Probe"). Eine Unternehmenssprecherin sah in der Entscheidung die Bestätigung daß der Plan von IBM im Einklang steht mit den gesetzlichen Regelungen der Gewerbeordnung. Man sei optimistisch, daß mit dem Betriebsrat "zügig" eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen werden kann.

Anhand der vom Regierungspräsidium als Grundlage für eine endgültige Entscheidung geforderten Produktionsstatistiken werde IBM nachweisen können, daß die Voraussetzungen für die Einführung der durchgehenden Schichtarbeit der "Konti-Schicht" auf Dauer gegeben sind. Den etwa 400 betroffenen Mitarbeitern werde IBM "akzeptable Bedingungen" für ihre freiwillige Bereitschaft für Sonn- und Feiertagsdienst anbieten.

Nach Abschluß der Betriebsvereinbarung sollten zudem etwa 100 Personen für die Konti-Schicht neu eingestellt werden. Wann konkret mit der Sonntagsarbeit begonnen wird, sei noch nicht abzusehen.

Auf Kritik gestoßen ist dagegen die Entscheidung des Stuttgarter Regierungspräsidiums bei der baden-württembergischen SPD-Landtagsfraktion. In einem parlamentarischen Antrag forderten die Sozialdemokraten von der Landesregierung, die Rücknahme der befristeten Duldung zu erwirken. Ferner kündigen sie ein Experten-Hearing zum Thema Sonntagsarbeit an. Fraktionschef Dieter Spöri meinte, die vorläufige Genehmigung einer Konti-Schicht verdiene nicht einmal die Bezeichnung "Formell-Kompromiß".

IBM werde mit Leichtigkeit den Nachweis führen können, mittels der Sonntagsschicht den Ausschuß um fünf Prozent zu vermindern und damit das Produktionsergebnis zu verbessern. Das sei, so Spöri, nicht ausschlaggebend. Vielmehr dürfe nicht das "Scheunentor" für eine Entwicklung geöffnet werden, "die allein den betriebswirtschaftlichen Interessendruck berücksichtigt, nicht aber die immensen gesellschaftlichen Folgewirkungen".