Sanierer McDonald versucht Mannschaft und Kundschaft zu beruhigen:

IBM-Veteran will Prime-Schiff flottmachen

01.09.1989

NATICK (IDG) - Das Drama um die Prime Computer Inc., von vielen Anwendern inzwischen als Trauerspiel empfunden, hat dochnoch eine Art Happy-End gefunden. Die erwünschte Übernahme durch die Investmentgesellschaft J. H. Whitney & Co. ist geglückt, MAI und Bennett LeBow sind abgeblitzt, und ein erfahrener Manager versucht, die Wunden zu heilen, die der Anti-Takeover-Kampfhinterlassen hat.

Nach neun Monaten der Ungewißheit um den Fortbestand der Prime Computer Inc. steht endlich fest, daß der Minicomputer- und CAD-Anbieter aus Natick/Massachusetts nicht mit der MAI Basic Four zusammengelegt wird. Als "White Knight", wie die Amerikaner einen Retter vor einem unerbetenen Übernahmeversuch nennen, hat Whitney & Co. schließlich das Rennen gemacht.Allerdings fürchten Skeptiker bereits, diese Akquisition könne sich als Pyrrhussieg für Prime herausstellen. Denn das Unternehmen muß die 1,1 Milliarden Dollar, die der Kauf von 91 Prozent der Aktien gekostet hat, aus den Einnahmen des laufenden Geschäftsrefinanzieren. Allein die jährliche Zinslast wird auf 150 Millionen Dollar geschätzt. Angesichts des nicht gerade boomenden Minicomputermarkts sind die Renditen dieses Industriezweigs jedoch unter Druck geraten.

Mit der Übernahme einer 79prozentigen Kapitalmehrheit durch die New Yorker Finanzierungsgesellschaft J. H. Whitneybekommt Prime auch ein neues Management. Russell Planitzer, Whitney-Partner und ExPrime-Manager, wird Chairman; James W. McDonald (49), Gould-Sanierer und davor 21 Jahre lang bei IBM, übernimmt von Anthony L, Craig den Präsidentensessel.

McDonald bemühte sich in ersten Statements, Bedenken der Prime-Anwender zu zerstreuen, die vor allem wegen seiner Aktivitäten bei Gould aufgekeimt waren; dort hatte der Manager die maroden Geschäftsbereiche wieder auf Linie getrimmt und schließlich deren Verkauf an einen japanischen Konzern in die Wege geleitet. Planitzer und McDonald versicherten jetzt, keine "wesentlichen" Teile der Firma würden veräußert.

Die Minicomputer der Baureihe "50", deren Typenbezeichnungen mit diesen beiden Ziffern enden, blieben ein "starker Eckstein" des Sortiments, ebenso wie das dazugehörige Betriebssystem Primos. "Wir haben nicht die Absicht, das Minicomputergeschäft aufzugeben", erwiderte McDonald auf entsprechende Spekulationen. Auch die beiden anderen Säulen des Geschäfts, CAD/ CAM und Services, sollen beibehalten werden.

Zu den Rezepten, die der Sanierer dem Unternehmen verordnen will, gehören eine abgestufte Hinwendung des Anbieters proprietärer Systeme zu Standards, ein noch nicht quantifizierter, aber erheblicher Personalabbau, eine Neufestlegung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie eine Dezentralisierung des Apparats. Im Rahmen dieser Umschichtung von Verantwortlichkeiten will McDonald zehn bis zwölf "business" einrichten, also auf Zielmärkte ausgerichtete Geschäftsbereiche, die jeweils von einem General Manager geleitet werden sollen. Bei der Vergabe dieser Jobs will der neue Boß hauptsächlich auf gestandene Prime-Mitarbeiter zurückgreifen, um die Motivation seiner Mannschaft zu stärken. Eine ähnliche Politik hatte McDonald bei Gould betrieben: Der Elektronikkonzern wurde in 22 als "profit centers" geführte Einheiten zergliedert - aber dann verkauft.

Daß seine Rechnung aufgeht, davon ist der neue Prime-President überzeugt. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Serie-50-Rechnern und CAD/CAM-Systemen sowie aus dem Service reichten aus, den Milliardenkredit abzustottern. McDonald: "Der Kern unseres Geschäfts ist in viel besserem Zustand als Sie denken."