IBM und Novell über die Perspektiven von Linux

12.10.2006
Phil Zamani, Linux-Chef bei Novell.
Phil Zamani, Linux-Chef bei Novell.

"Der springende Punkt ist, ob die Lösungen aggregiert sind oder jeder Anbieter bei jedem Anwender eine eigene Lösung zusammenbastelt", stellt Zamani fest. Die Ursache dafür, dass viele mögliche Linux-Lösungen - "davon gibt es mehr als für Unix" (Zamani) - nicht verbreitet seien, liege oft im Nichtwissen über das Angebot. Darunter dürften Perlen sein, so der Novell-Manager: "Oft beweist eine Anwendung seine Klasse erst in der Kombination mit anderen Programmen. Es geht also um ein Ökosystem."

IBM und Novell möchten sich als Vermittler anbieten. Notwendig sei allerdings, dass Linux-interessierte IT-Anbieter an sie herantreten. Zamani: "Wo kein Kontakt, da kein Kontrakt. Solange wir nicht wissen, dass eine bestimmte Lösung existiert, können wir sie nicht promoten." IBM-Manager Jollans äußert sich zu diesem Punkt selbstkritisch: "Wir müssen uns selbst noch mehr Gedanken machen, wie wir die unabhängigen Linux-orientierten IT-Anbieter fördern können. Das betrifft besonders jene auf dem Markt der KMUs."

Insbesondere suchen IBM und Novell anscheinend eine bessere Zusammenarbeit mit Linux-Dienstleistern, die hierzulande viel für die Verbreitung quelloffener Systeme getan haben. "Solche Firmen haben oft gute Lösungen", meint Zamani, "aber im Marketing sind sie nicht so gut." Die meisten seien zu klein, um mehrere größere Projekte gleichzeitig stemmen zu können. Daran ändere auch ihre lockere Zusammenarbeit nicht viel. Zamani: "Wenn die an IBM oder Novell herantreten würden, weil sie Hilfe oder Know-how benötigen, würden wir ihnen sehr offen entgegen kommen. Aber oft wissen wir nicht, woran sie arbeiten." Haben da einige eine historisch begründete Angst, die Umarmung könnte zu intensiv ausfallen?

Vielleicht sind solche Ängste unbegründet; denn diesmal brauchen Novell wie IBM unbedingt Partner, um dem Linux-Boom weiteren Schwung zu geben. Bei Novell reicht das Linux-Geschäft noch nicht, um die Verluste auf der Netware-Seite auszugleichen. Zahlen werden nicht genannt. IBM hat zu Anfang des Jahrtausends eine Milliarde Dollar für den Aufbau des Linux-Business locker gemacht und seither weiter investiert. Nach den letzten bekannten Angaben machte Big Blue 2003 immerhin zwei Milliarden Dollar Linux-Umsatz, was alle Hardware, Software und Services für Linux-Umgebungen umfasste. "Linux ist ein schnell wachsendes Business, und es soll noch mehr werden", stellt IBM-Manager Jollans fest. "Es ist eine signifikante Geschäftsgröße, selbst in den Dimensionen von IBM. Wir sind schon lange weg von einem entstehenden Business."