Gates-Company soll bis zu 30 Millionen Dollar an Big Blue zahlen

IBM und Microsoft: Trennung im gegenseitigen Einvernehmen

03.07.1992

NEW YORK/REDMOND (CW) - Nach langem Streit über die Auslegung des 1989 geschlossenen "Joint-Development-Agreement" trafen IBM und Microsoft bezüglich OS/2, Windows sowie New Technology (NT) eine neue Vereinbarung. Danach dürfen die Entwickler von Big Blue weiterhin Windows-Sourcecode verwenden, der vor September 1993 ausgeliefert wurde. Den NT-Code können die Armonker künftig zwar benutzen, nicht aber den Sourcecode oder Teile davon -in andere Betriebssysteme integrieren.

Die Unternehmen gaben folgende Einzelheiten zum Stand der Dinge bekannt: Microsoft wird Big Blue weiterhin Sourcecode von Windows-Versionen zur Verfügung stellen, die vor 1993 ausgeliefert werden oder sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Entwicklung befinden. IBM hat sich im Gegenzug für OS/2 zum gleichen Verfahren bereit erklärt.

Nach September 1993 wollen die Unternehmen keine weiteren neuentwickelten Sourcecodes mehr austauschen.

Die Lizenz für Microsofts NT, das noch Ende dieses Jahres auf den Markt kommen soll, wird IBM zu OEM-Konditionen gesondert erwerben. Nach Auskunft von Steve Ballmer, Vice-President der Gates-Company, haben die Armonker nicht mehr Rechte an dem neuen 32-Bit-Betriebssystem wie "jeder andere auch".

Ballmer verglich die Beziehung zwischen den beiden Companies mit einer fehlgeschlagenen Eheschließung, die gescheitert sei, weil man sich nicht auf einen Ehevertrag habe einigen können. "Wir erzielten nicht einmal Einigkeit darüber, was die Worte in dem Vertragsentwurf bedeuteten."

Außerdem schlossen die Unternehmen ein gegenseitigem Lizenzabkommen über eine große Anzahl von anderen Patenten, die zur Zeit in ihrem Besitz sind. Dieser Vertrag soll nach dem Willen der Unterzeichner auch -künftige Patente einschließen, damit Neuentwicklungen nicht be- oder verhindert werden. Da die IBM sehr viel mehr dieser Schutzurkunden ihr eigen nennt, wird Microsoft für die Lizenzierung zahlen. Das "Wall Street Journal" beziffert die Höhe dieser Zahlungen auf 20 bis 30 Millionen Dollar. Die Beteiligten hüllten sich dagegen in Schweigen. Damit erhebe IBM zum ersten Mal Patentgebühren von einem Softwarehersteller, berichtet das Wirtschaftsblatt weiter.

Darüber hinaus einigten sich die Kontrahenten auch auf die Höhe der Tantiemen, die IBM für OS/2 - das ursprünglich als gemeinsame Entwicklung geplant war - an Microsoft zu zahlen hat. Das "Wall Street Journal" zitiert einen Manager des Softwareherstellers, der von Zahlungen in Höhe von 20 bis 25 Dollar pro verkaufter Kopie spricht. IBM-Offiziellen zufolge liegen die "Royalties" allerdings niedriger.