Schlechte Wirtschaftslage trifft nicht alle

IBM muß nun auch bei den PCs die Preise purzeln lassen

31.05.1991

NEW YORK/STUTTGART (CW) - Die allgemein rezessive Wirtschaftslage in den USA fordert auch bei Big Blue immer neue Zugeständnisse an ihre Preispolitik: Nachdem die IBM gerade erst lawinenartige Preisnachlässe bei den RISC/6000-Systemen verabschiedete, senkt man nun auch bei der PC-Linie die Preise.

Hiervon scheinen die PS/2-Modelle 30, 55 und das Highend-Modell 80 betroffen zu sein, wobei die Armonker an Reduktionen von 10 bis zu 24 Prozent denken. Wie bereits berichtet (vergleiche CW Nr. 21, Seite 1, "PCs dümpeln ..."),sehen einige PC-Hersteller wie etwa Compaq ihre Verkaufszahlen schwinden. Der Branchenüberflieger machte an der Börse nach Veröffentlichung seiner zukünftigen Gewinnerwartungen eine böse Bauchlandung: Die von CEO Rod Canion prognostizierten 80prozentigen Einbußen für das zweite Quartal 1991 beantwortete Wall Street mit einem Sinken des texanischen Aktienkurses um 27 Prozent.

IBM mußte für das erste Quartal 1991 ähnlich katastrophale Zahlen publizieren: Big Blues PC-Verkäufe reduzierten sich gegenüber den ersten drei Monaten 1990 um 15 Prozent, der operationale Gewinn schmolz für den gleichen Vergleichszeitraum um 50 Prozent. Ganz Wall Street reagierte nach der IBM-Bekanntgabe allergisch: der Dow-Jones-Index ging sofort in die Knie.

Andere Cloner wie Dell, Acer oder ALR hatten im Gefolge der Preisnachlässe der beiden Branchenanführer ebenfalls an ihrem Kostengefüge gearbeitet und avisierten den Kunden einige "Schnäppchen".

Die Preisnachlässe sind sowohl eine Reaktion der Hersteller auf das in Schrittempo zurückgefallene PC-Geschäft als auch eine Auswirkung des zunehmend selbstbewußten Auftretens der Cloner auch aus dem Fernen Osten. Bezeichnenderweise setzte sich ein asiatisches Unternehmen, Hyundai, mit einer Erhöhung um 147 Prozent an verkauften Einheiten im ersten Quartal 1991 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1990 in puncto Steigerungsrate deutlich an die Spitze.

Das Marktforschungsunternehmen International Data Corp. (IDC) erwartet für den Zeitraum 1990 bis 1994 auf dem PC-Markt ein Wachstum von nur mehr 44 Prozent. In der vorherigen Halbdekade klotzte die Industrie noch mit Verkaufssteigerungen von 100 Prozent.

Statt wie bisher die Nobelfirmen IBM oder Compaq zu beauftragen, schanzen kostenbewußte MIS-Manager zumindest in den USA in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation zunehmend den "Namenlosen" wie Lucky Goldstar, Gateway 2000 oder dem Taiwanesen DTK Computers ihre Aufträge zu.

Außerdem nehmen gleich zwei Rechnertypen die herkömmlichen PC-Desktops in die Zange: Einerseits gewinnen Laptops und besonders Notebooks zunehmend die Gunst der Käufer, zum anderen steigen die Verkaufszahlen für Workstations überproportional an. Einer der Gewinner ist RISC-Workstation-Marktführer Sun Microsystems, der erhebliche Gewinnzunahmen verzeichnen kann.

Auch bei HP vermeldet man seit der Vorstellung der momentan mit Abstand leistungsfähigsten 700-Workstation-Linie extreme Verkaufszahlen. So orderte Mitsubishi Electric Corp. gleich 10 000 Einheiten der HP-RISC-Workstations über einen Zeitraum von fünf Jahren.