IBM meldet Durchbruch bei 3D-Chips

12.04.2007
IBM geht unter die "Hochstapler" und will schon ab dem kommenden Jahr in seiner Hightech-Fab in East Fishkill dreidimensionale Chips produzieren.

Es setzt dabei auf eine neuartige Technik namens "Through-Silicon Vias" (TSV), bei der Leitungen übereinander angeordnete Chips verbinden. Das soll deutlich schneller und energiesparender funktionieren als klassische Bussysteme zur Kopplung nebeneinander angeordneter Halbleiter.

IBM ist zwar bei weitem nicht der einzige Anbieter, der im TSV-Bereich forscht, dürfte aber zu den Pionieren bei der Kommerzialisierung der neuen Technik gehören. Es will noch in diesem Jahr erste Testmuster von TSV-Kommunikationschips an Kunden liefern und im kommenden Jahr mit der kommerziellen Produktion beginnen. Dabei soll TSV den Stromverbrauch von Silizium-Germanium-Chips, die zu den Favoriten der IBM gehören, um rund 40 Prozent reduzieren. In diese Chips werden dazu mikroskopisch kleine Löcher gebohrt und mit Wolfram gefüllt, das die TSV-Verbindungen bildet.

Ein "ausgedünnter" Wafer in der Hand eines IBM-Forscher ist bereit zur TSV-Verbindung mit einer weiteren Halbleiterschicht.
Ein "ausgedünnter" Wafer in der Hand eines IBM-Forscher ist bereit zur TSV-Verbindung mit einer weiteren Halbleiterschicht.
Foto: IBM

In drei bis fünf Jahren will IBM TSV auch einsetzen, um Prozessor und Arbeitsspeicher miteinander zu verbinden und damit gleichzeitig auch den Memory Controller überflüssig zu machen. In diesem Szenario könnte die Stapeltechnik die Leistung um zehn Prozent steigern und den Stromverbrauch um 20 Prozent reduzieren. Diesen Fortschritt möchte IBM dann auch in seinen "BlueGene"-Supercomputern nutzen.

Durch die Stapelung der Chips spart man natürlich auch Platz auf dem Motherboard ein. Anbieter, die heute schon Chips übereinander aufbringen, verbinden diese bislang noch über Busse und sparen zwar Platz ein, erzielen aber keine nennenswerten Bandbreitengewinne.

TSV dürfte generell die Art und Weise verändern, in der Chips zukünftig verkauft werden. Computerhersteller werden dabei nicht mehr Prozesoren, Speicher und unterschiedliche Kommunikationschips von verschiedenen Anbietern beziehen, sondern stattdessen komplette Pakete vorverdrahteter Chips erwerben. Auf der anderen Seite bedeutet das natürlich, dass Hersteller wie IBM plötzlich wieder zum Beispiel Standard-Speicherchips anbieten werden, weil sie diese mit ihren Premium-Halbleitern verbinden.

Auch wenn Chipverbindungen und Packaging nicht die gleichen Schlagzeilen machen wie zum Beispiel neue CPUs, gab es in diesem Bereich in den letzten Jahren zahlreiche Innovationen. Aus Sicht der Designer gibt es in diesen Bereichen noch viele Möglichkeiten, um signifikante Leistungsverbesserungen zu erzielen. Die von SanDisk übernommene Firma Matrix Semiconductor etwa hat ein Verfahren zur Fertigung dreidimensionaler Speicherchips entwickelt; Sun Microsystems forscht seit geraumer Zeit an der so genannten Proximitiy Communication, bei der Chips durch große Nähe zueinander verbunden werden.

Der Chipdesigner Rambus hat derweil die Chip-zu-Chip-Verbindung "Loki" entwickelt, die einen Durchsatz von 6,25 Gigabit pro Sekunde erreicht und dabei nur 2,2 Milliwatt pro Gigabit verbraucht. Früher in diesem Jahr ließ die Firma ein Loki-System mit zwei AA-Batterien laufen. Dieses lief über 40 Stunden lang und übertrug während dieses Zeitraums 3,6 Petabit (Millionen Gigabit) Daten.

Der weltgrößte Halbleiterkonzern Intel forscht seit 2005 an TSV und zeigte auf seinem Developer Forum im vergangenen Jahr einen experimentellen 80-Kern-Prozessor mit aufgesetztem Speicher. Intel hat aber noch keinerlei Angaben dazu gemacht, wann es TSV auf den Markt bringen möchte. Bis zur Volumenfertigung sei noch ein Gutteil Entwicklungsarbeit nötig - unter anderem aufgrund der Tatsache, dass ein Prozessor viel mehr Wärme abgibt als Arbeitsspeicher und damit eine Kombination dieser beiden Halbleitertypen Probleme bereitet.

IBM hat dieses Dilemma vorerst mit seiner speziellen Anwendung umschifft - mittels TSV das Rauschen von Kommunikationschips zu reduzieren ist deutlich einfacher als das Zusammenpacken von Prozessor und Hauptspeicher. "Wirklich neu ist hier die Tatasche, dass wir eine Möglichkeit gefunden haben, dies schnell in Produktion zu bringen", sagt Lisa Su, Vice President von IBMs Semiconductor Research and Development Center. (tc)