Größte Mainframe-Ankündigung seit Jahren

IBM lüftet Geheimnis um die Summit-Generation noch nicht

31.08.1990

FRAMINGHAM/MÜNCHEN (CW) - Behalten die Insider und bereits vorab Informierte recht, so präsentiert die IBM auf der als größte Mainframe-Ankündigung von Big Blue seit Jahren apostrophierten Vorstellung einen erweiterten 3090-Rechner als Vorläuferund Übergangsmodel, nicht jedoch die "echte Summit".

Trotzdem solle es ein Festival der neuen Produkte werden: Der vorzustellende Mainframe wird im Prinzip noch auf einer erweiterten 3090-J-Maschine basieren.

Der in Fachkreisen auf den Namen "j-Prime" getaufte Rechner - bislang nannte man die "kleine" Summit "Foothill"- biete gegenüber den bisherigen Big-Blue-Jumbos auf kleinerem Raum Charakteristika wie Glasfaserkanäle und einen geringeren Stromverbrauch.

IBMs konservative Produktpolitik wird zum einen begründet mit dem Bemühen, die noch aktuellen Großrechner auf die neue Summit abstimmen zu können. Außerdem wolle die IBM nicht gleich auf eine Verdoppelung der Rechenleistung gehen, da sonst einer Vielzahl von potentiellen Kunden beim Zahlen die Luft wegbliebe. Hier jedoch scheinen die Meinungen auseinanderzugehen: Während Marktanalysten Preise bis zu 120 000 Dollar pro MIPS voraussagten, vertrat Terry Lowder, Vice-President der Banc One Corp. in Columbus, Ohio, die Meinung, zukünftige Summit-Anwender müßten lediglich 75 000 Dollar pro MIPS anlegen. Unterstützt wird er in seiner Ansicht von William Anderson von der New Yorker Prudential-Bache Securities Inc.: "Wenn die IBM Anwender von den 3090-Modellen zur Summit herüberholen will, muß sie mit agressiven Preisen antreten", meinte der MIS-Chef. Er glaubt deswegen, daß die Preisvorstellungen Lowders der Realität nahekommen werden.

Auch die Begründung der Rechenleistungs-Steigerung ist Gegenstand von Diskussionen. Frank Gens, Vice-President of Technology Investment Strategies Inc. in Framingham, Massachusetts, glaubt an einen 20- bis 30prozentigen Sprung, wohingegen das "Wall Street journal" schon von einer Verdoppelung der Rechnerkapazität wissen will. Der Meinung von Gens schließt sich Marc Butlein, President der Meta Group Inc. in Westport, Connecticut, an. Butlein hatte bereits vor Monaten die Vorhersage getroffen, daß die IBM 1990 neben einer 4391-Maschine lediglich ein erweitertes und um etwa 20 bis 30 Prozent leistungsstärkeres 3090-Modell mit Upgrade-Möglichkeit zur Summit präsentieren werde (vergleiche CW Nr. 18 vom 4. Mai 1990, Seite 1 "Summit-Mainframe erst ... ").

Das "Wall Street Journal" hingegen zitiert das Marktforschungs-Institut Gartner Group mit der Aussage, die IBM werde ein Vierprozessor-Modell mit 163 MIPS und einen Rechner mit sechs CPUs und 230 MIPS präsentieren, was bisherige Top-3090er und deren 120 MIPS klar in den Schatten stellen würde. Gesichert scheint jedoch, daß der eigentliche Leistungsschub, den man sich von der IBM allerorten erhofft, erst für 1991 mit dein echten Summit-Rechner anstehen soll. In Spekulationen wird von 40 bis 50 Millionen MIPS pro CPU gesprochen.

Für bestehende 3090J-Mainframes biete Big Blue nach Auskunft von Dave Moore, Senior Vice-President bei der Mellon Bank und einer der vorab Informierten, ein Erweiterungspaket an, mit dem sich IBMs größte Rechner auf eine Einstiegs-Summit umrüsten ließen. Moore versteht das IBM-Rezept so, daß "man eine J-basierte Maschine nimmt, ihr ein paar Teile hinzufügt, ohne daß die IBM die Seriennummer verändert, und schon nehmen Sie teil an Phase eins des Summit-Projekts." Erst spät im kommenden Jahr könne man mit der "echten Summit" rechnen.

Dem Anwender stehen auch noch andere wesentliche Ankündigungen der Armonker ins Haus: So sollen neue Versionen von DB2 sowie von MVS/ESA vorgestellt werden. Die Mainframe-Datenbank überspringt angeblich gleich eine Klasse statt der ursprünglich erwarteten 2.3- soll gleich die 3.1-Version auf den Tisch kommen. Für den Benutzer von größerer Bedeutung ist, daß DB2 dann über umfangreichere Charakteristika zur Handhabung verteilten Datenbank-Managements verfügen soll.

Bei dem neuen "MVS/SP Version 44" genannten Betriebssystem handelt es sich eigentlich um ein erweitertes MVS/ESA. Es wird erwartet, daß es sämtliche Leistungsmerkmale eines zukünftigen Summit-Rechners unterstützen wird, wozu auch die Kommunikation zwischen mehreren PR/SM-Partitionen des Hauptspeichers gehören soll.

Anwender können ferner mit den J-Prime-Rechnern ihre Platteneinheiten bis zu neun Kilometern entfernt von der 3090-Zentraleinheit plazieren. Möglich wird dies durch die neuen Glasfaserkanäle welche elektrische Widerstände in der Optikverkabelung entsprechend reduzieren.

Für den Benutzer bedeutet dies auch, daß sich der Datendurchsatz zwischen CPU und Peripherie von bislang 4,5 MB/s auf mehr als 10 MB/s erhöhen wird. Weiterhin bereitet es den Boden für IBMs Pläne von einer Sysplex-Architektur, die allerdings erst noch vorgestellt werden muß und zunächst auch nur einen beschränkten Leistungsumfang bieten wird. Mit der neuen Architektur wird es möglich sein, mehrere Systempartitions als ein einziges System wirken zu lassen. Damit wird etwa die Leistung einer relationalen Datenbank wie DB2 entscheidend angehoben.

Wie Butlein bereits vorhersagte, will Big Blue auch einen 4381-Nachfolger präsentieren. Gegenüber deren acht MIPS stellen die erwarteten 20 MIPS des 4391-Novizen eine bemerkenswerte Leistungssteigerung dar.