Volkshochschule Marzahn organisiert Kurs in Westberlin

IBM leistet "Entwicklungshilfe" in Sachen Informationstechnik

01.06.1990

BERLIN (CW) - Die Volkshochschule Marzahn hat gemeinsam mit dem IBM-Verbindungsbüro in Berlin ein Semins für DDR-Bürger organisiert. Thema der Veranstaltung, die dreimal im Mai stattfand, war die Informationsverarbeitung in der Marktwirtschaft.

"Wir haben es hier mit begeisterten, ernsthaften Leuten und nicht mit einer gelangweilten Klientel zu tun", kommentiert Joachim Dieckow, Leiter des Berliner IBM-Verbindungsbüros, seinen Eindruck vom Intensivseminar mit Ostberliner Bürgern.

Die Initiative zu diesem Kurs über Marktwirtschaft und Informationstechnik ging von der Volkshochschule Marzahn aus - Marzahn ist ein Stadtteil in Ostberlin mit rund 170 000 Einwohnern.

Den Teilnehmern erklärte Dieckow Begriffe wie Kostenrechnung, Wettbewerb und Organisation. Der zweite Seminartag widmete sich dann Themen aus der Welt der Computer: Grundlagen über Hard- und Software, Betriebssyssteme, Kommunikation und Netze.

Zum Schluß ging es dann um betriebswirtschaftliche Anwendungen unter OS/2. In einer Gruppenarbeit sollte das Vorgetragene angewandt werden, etwa am Beispiel einer Filialkette, die mit neuen Informations- und Kommunikationstechniken auszustatten war.

Daß die Teilnehmer hier die "richtigen" Überlegungen anstellten, also marktwirtschaftlich dachten, zeige, so Dieckow, daß sich die DDR-Bewohner von ihrem engen, planwirtschaftlichen Denken, in dem kein Risiko vorgesehen sei, trennen könnten.

Eberhard Schulzke von der VHS Marzahn meint denn auch, daß man in der DDR ganz falsche Vorstellungen von Marktwirtschaft habe. Zwar unterrichten die Ökonomen die Theorie an den DDR-Universitäten, doch assoziiere man mit der Marktwirtschaft eher Begriffe wie Arbeitslosigkeit, Antihumanismus und Kapitalismus. Jetzt zeige sich, daß Marktwirtschaft der Schlüssel zu einem effizienten Produzieren bedeute. Mario Birnstiel, Techniker bei einem Ostberliner Textilunternehmen, meinte, daß ihm diese Tage geholfen hätten, die Bedeutung der Informationstechnik in der Marktwirtschaft zu erkennen.

Die DDR-Teilnehmer meinten nach dem Kurs, daß das Arbeiten in der Marktwirtschaft vor allem viel Kreativität erfordere. Sie waren jedoch selbstbewußt genug, zu erläutern, daß nicht die Ausbildung Schuld an der Misere in der DDR trage. Weil sie bisher nicht am technologischen Fortschritt teilhaben konnten, waren sie gezwungen, in einer "Black box" zu leben, so ein Teilnehmer.