Power-4-Prozessor erstmals im Einsatz

IBM kontert mit Regatta-Servern das Angebot von Sun

05.10.2001
MÜNCHEN (kk) - Der Markt für Highend-Unix-Server ist in Bewegung: Eine Woche nach Suns Vorstellung der "Starcat"-Server präsentierte IBM die "Regatta"-Maschinen.

Die IBM zeigte erwartungsgemäß in dieser Woche mit den Modellen "690" aus der p-Serie (Codename Regatta) ihr neues Angebot im obersten Unix-Segment. "Die Server sind unsere Lösung für das Highend-SMP-Umfeld. Es gab davor kein vergleichbares Produkt bei IBM", positioniert Antonio Palacin, Director IBM Webserver Sales, Central Region, die Regatta-Familie. Für den Hochleistungs-Unix-Bereich setzte Big Blue bislang auf die "SP"-Linie, die aber als Parallelrechner konzipiert ist. Das Shared-Nothing-Konzept dieser massiv-parallelen Rechner erlaubt eine hohe Skalierung von 512 Prozessoren und mehr. Im Bereich der Systeme mit symmetrischem Multiprocessing (SMP) fehlte IBM bislang ein Spitzenmodell. Zwar liegen noch keine Benchmark-Ergebnisse vor, Palacin geht aber davon aus, dass die Regatta-Server eine doppelt so große Leistung erbringen wie der bisherige Unix-Spitzenreiter "p-Series 680".

Die erste Power-4-MaschineDer Leistungszuwachs liegt zum Großteil an den ebenfalls neuen "Power-4"-Prozessoren, die IBM erstmals in den Regatta-Servern einsetzt. Im Gegensatz zu Sun Microsystems, das die Ultrasparc-III-Chips mehr als ein Jahr verspätet auf den Markt bringt, konnten die Armonker mit den Power-4-Prozessoren den Zeitplan sogar um ein Vierteljahr unterschreiten. Wie Nicholas Donofrio, Senior Vice President Technology and Manufacturing, gegenüber dem "Wall Street Journal" erklärte, läuft der neue Prozessor viermal so schnell wie der Vorgänger "Power-3", nimmt aber nur ein Drittel so viel Strom auf.

Der hochintegrierte Baustein, der mit Taktraten von 1,1 oder 1,3 Gigahertz erhältlich ist, besteht aus zwei CPUs mit insgesamt 174 Millionen Transistoren. Dazugepackt haben die Chipdesigner neben dem Level-1-Cache, der auf jeder CPU integriert ist, den Level-2-Cache, den sich die beiden Rechenwerke teilen. Zudem ist das Cache-Directory, also das "Inhaltsverzeichnis" für den Level-3-Cache-Speicher, auf dem Doppelprozessor enthalten. Der Chip-to-Chip-Interconnect, der für den Aufbau großer Systeme benötigt wird, rundet den Basisbaustein ab.

Für die Regatta-Server hat IBM vier dieser Chips mit insgesamt acht CPUs auf einen Keramik-Layer gepackt. Die neuen Server können in der höchsten Ausbaustufe mit vier dieser "Multi-Chip-Module" (MCM) bestückt werden, enthalten also insgesamt 32 CPUs. Wie Sun bezeichnet auch IBM seine Maschine als "klassisches SMP-System".

Drei Konfigurationen"Die Unterschiede in den Memory-Zugriffszeiten sind so gering, dass das Design keine Non-Uniform Memory Architecture (Numa) darstellt", erklärte Klaus Gottschalk, bei IBM E-Server Architect. Im Gegensatz zum Mitbewerber Sun ist IBM allerdings der Meinung, dass SMP-Systeme nicht mehr als etwa 30 CPUs enthalten sollten: "Alles, was jenseits von 30 CPUs liegt, skaliert nicht mehr", meint Gottschalk. Bei größeren Systemen müsse man andere Architekturen, etwa Numa, verwenden.

IBM will die Regatta-Rechner in drei Konfigurationen anbieten: Die p-Series 690 arbeitet mit dem 1,1-Gigahertz-Chip, skaliert bis 24 CPUs und wird als erstes verfügbar sein. Die "p-Series 690 Turbo" beginnt als 16-Wege-Modell und kann auf 32 Prozessoren erweitert werden. Schließlich wird mit "p-Series 690 HPC" noch eine Variante für Hochleistungs-Computing angeboten werden. Sie nutzt ebenfalls den schnelleren Chip, skaliert aber nur bis zu 16 Prozessoren. Als Ausgleich hat IBM am Speicher gedreht: nur ein Prozessor pro Chip mit dediziertem Level-2-Cache und insgesamt ebenso viel Hauptspeicher (256 GB) wie die anderen beiden Versionen.

Logische Partitionen auch für LinuxDie Regatta-Server lassen sich in bis zu 16 logische Partitionen (LPAR) aufteilen, die vollständig isoliert voneinander arbeiten. Als Betriebssystem kann neben AIX 5L auch eine Linux-Variante in den LPARs laufen. IBM hat für die Regatta-Rechner das 64-Bit-Betriebssystem "p-Linux" entwickelt, das über die gängigen Linux-Distributionen vertrieben werden soll. Die Unterstützung des LPAR-Konzepts bedeutet nach Ansicht von Gottschalk für IBM einen wichtigen Schritt, denn damit erhalte der Server zusätzliche Ausfallsicherheit: "Tritt in einer logischen Partition ein Fehler auf, dann bleiben die anderen Partitionen davon unberührt." Zusätzlich hat IBM Ansätze des "e-Liza"-Sicherheitskonzepts in den Servern verwirklicht. Ziel sei es, etwaige Fehler so rechtzeitig zu erkennen, dass der Anwender nicht unbedingt sofort reparieren muss.

Wie Verkaufschef Palacin mitteilte, werden die ersten Regatta-Server im November ausgeliefert. Bis Jahresende will IBM 300 bis 400 Maschinen installieren. Die Preise für die neuen Server bewegen sich in ähnlichen Größenordnungen wie Suns "Starcat"-Server: Einstiegspreis zirka 1,5 Millionen Euro, ein voll ausgebautes System schlägt mit rund vier Millionen Euro zu Buche.