Hewlett-Packard hat wieder das Nachsehen

IBM kauft mit Think Dynamics Provisioning-Know-how

23.05.2003
MÜNCHEN (CW) - IBM hat den kanadischen Tool-Anbieter Think Dynamics übernommen. Mit dessen Werkzeugen zur dynamischen Verteilung von IT-Ressourcen wollen die Verantwortlichen ihre On-Demand-Strategie ausbauen. Bitter ist dieser Schritt für Hewlett-Packard, das erst kürzlich den Beitritt von Think Dynamics zu seinem Blade-Server-Alliance-Programm verkündet hatte.

Think Dynamics bietet seit Februar 2002 mit "Think Control" ein Provisioning-Tool an, mit dessen Hilfe sich IT-Ressourcen wie Server- und Speicherkapazitäten in einem Pool zusammenfassen lassen. Administratoren können diese Ressourcen anhand von konfigurierbaren Parametern an verschiedene Applikationen verteilen. Außerdem lassen sich Regeln definieren, mit deren Hilfe die Ressourcen bei sich ändernden Geschäftsprozessen automatisch umverteilt werden. Das Werkzeug basiert auf Java- und Web-Services-Standards. Anwender sollen so ihre IT-Infrastruktur rasch an sich ändernde Geschäftsbedingungen anpassen können. Über die finanziellen Einzelheiten des Deals vereinbarten beide Seiten Stillschweigen. Die 36 Mitarbeiter von Think Dynamics werden den bisher bekannt gegebenen Plänen zufolge von IBM übernommen. Sie sollen zum größten Teil in den IBM-Labors in Toronto neue Arbeitsplätze finden. Lediglich Alan McMillan, CEO von Think Dynamics, plant eigene Wege zu gehen. Die Produkte werden künftig unter dem Dach der Tivoli-Organisation weiterentwickelt und verkauft, erklärte Robert LeBlanc, General Manager von IBMs Tivoli-Sparte. Er gehe davon aus, dass die Software auch künftig separat angeboten werde. Allerdings könnten auch andere Abteilungen wie zum Beispiel Global Services auf das Tool zugreifen.

Mit Think Control baut IBM eine plattformübergreifende Virtualisierungskomponente in seine On-Demand-Strategie ein. Zwar verfügen die Armonker für einzelne Plattformen wie Mainframes, I-Series oder P-Series über Tools, um Ressourcen dynamisch zu verwalten und zu verteilen. IBM brauche jedoch ein Provisioning-Werkzeug, das verschiedene Plattformen zusammenfassen und sich an wechselnde Geschäftsbedingungen automatisch anpassen könne, erläutert Irving Wladawsky-Berger, General Manager für IBMs On-Demand-Initiative. Diese Lücke lasse sich mit Think Dynamics schließen. Aufgrund der Java-Basis arbeite das Tool unter dem Mainframe-System z/OS, dem IBM-eigenen Unix-Derivat AIX, OS/400 sowie mit Windows und Linux.

IBMs Ziel sei, so schnell wie möglich On-Demand-Produkte auf den Markt zu bringen, erläutert Wladawsky-Berger. Deshalb habe man sich auch entschlossen, entsprechendes Know-how zuzukaufen. Ähnliche Akquisitionen könnten folgen.

Das Thema dynamische Verteilung von IT-Ressourcen haben sich momentan neben IBM auch Hewlett-Packard und Sun auf die Fahnen geschrieben. Allerdings scheint HP in Sachen Virtualisierungs-Tools keine glückliche Hand zu haben. So arbeiteten die Kalifornier zunächst mit dem Think-Dynamics-Konkurrenten Terraspring zusammen, der dann im Herbst 2002 von Sun Microsystems geschluckt wurde. Während Sun die Terraspring-Lösung im Rahmen seiner N1-Initiative weiter ausbaue, benutze HP veraltete Versionen der Software, höhnte Anfang des Jahres Sun-Chef Scott McNealy im CW-Gespräch. Auch mit Think Dynamics hat HP kein Glück. Erst im März dieses Jahres gaben die HP-Verantwortlichen bekannt, den Hersteller als Partner für die Server-Strategie "Blade Alliance" gewonnen zu haben. Diese Allianz dürfte mit der IBM-Übernahme zu Ende sein, mutmaßen Experten. (ba)