Interview

"IBM ist für uns der einzige echte Konkurrent"

23.07.1999
Mit Alfred Chuang, Mitbegründer und President Business Operations bei Bea Systems, sprach CW-Redakteur Sascha Alexander

CW: Sie setzen sich dafür ein, daß EJB und Corba verschmelzen. Warum?

Chuang: Die Architekturen haben heute schon vieles gemein. So ist etwa das Komponentenmodell gleich, das Naming-Mapping entspricht JNDI, das Security-Mapping gleicht dem von Java. Warum also kämpfen? Wir fordern, daß Corba künftig die zugrundeliegende Technik für viele Aspekte von Java wird. Javas Stärke liegt bei der Anwendungsentwicklung, Corbas in der Infrastruktur. Klar ist aber, daß auch in der nächsten Zeit viele Anwendungen weiterhin in C, C++ oder Cobol existieren und Corba als Architektur benötigen.

CW: Und was wird dann aus der OMG ?

Chuang: Die OMG wird sich immer stärker auf den vertikalen Markt spezialisieren, Java auf den horizontalen. Die einzige Stärke der OMG ist die Standardisierung durch das Konsortium. Java entwickelt sich aber viel schneller weiter, weil es weniger Bürokratie gibt.

CW: Sehen Sie in Middleware wie dem mit Windows 2000 gebündelten Microsoft Transaction Server (MTS) eine Bedrohung?

Chuang: Vor zweieinhalb Jahren glaubten wir noch, daß Microsoft einen großen Einfluß auf den Middleware-Markt nehmen könnte. Jetzt nicht mehr. MTS verlangt eine homogene NT-Umgebung in Anwenderunternehmen, die es aber zumindest in den nächsten zwei bis vier Jahren nicht geben wird. Außerdem steht uns jetzt eine wachsende Java-Gemeinde zur Seite, die offene Standards fordert. Trotzdem wollen wir unsere Position gegenüber Microsoft durch möglichst viele OEM-Partner stärken.

CW: IBM hat traditionell eine starke Position im Middleware-Markt und setzt nun auch auf Java und das Web. Wie ist Ihr Verhältnis zu Big Blue?

Chuang: IBM ist für uns der einzige echte Konkurrent, da es dieselbe Strategie verfolgt wie wir. Als wir mit dem objektorientierten Transaktionsmonitor "M3" antraten, hatte IBM den "Component Broker". Als wir Weblogic und dessen Applikations-Server kauften, erwarb IBM "Websphere". Allerdings sind wir bei Anwendern mit AS/400 und OS/390 sehr beliebt.

CW: Sie haben 20 Firmen in den letzten zwei Jahren gekauft. Was ist aus ihnen geworden?

Chuang: 17 der 20 Übernahmen nutzen wir als Vertriebs- und Supportkanäle. Insgesamt stammen von den 1400 Bea-Mitarbeitern nur 300 aus den Übernahmen. Zugleich nutzt der Vertrieb verstärkt das Web. So können Entwickler Weblogic und Updates von der Website laden und zahlen nur die Deployment-Lizenzen. Mittlerweile haben wir mindestens 250 Downloads pro Tag und rund 2500 neue Kunden. Tuxedo wird hingegen weiter auf dem herkömmlichen Weg verkauft. Allerdings bieten wir jetzt eine 30-Tage-Testversion gebündelt mit Linux an.

CW: Hat sich das ausgezahlt?

Chuang: Im letzten Quartal (Beginn Februar 1999) setzten wir 86,5 Millionen Dollar um, davon 30 Prozent mit Services und 70 Prozent mit Lizenzen. 35 Prozent der Lizenzen generierte dabei jetzt schon Weblogic, 65 Prozent kommen von Tuxedo und anderen Produkten. Für dieses Jahr erwarten wir einen Umsatz von 428 Millionen Dollar. Etwa 35 Prozent der Einkünfte kommen aus der Finanzbranche, Tendenz steigend, denn durch die Fusionen und Übernahmen allerorts sowie strategische Neuorientierungen steigt die Nachfrage bei Middleware.

CW: In letzter Zeit sehen Sie sich als E-Commerce-Company. Ändert Bea die Strategie?

Chuang: 40 Prozent unserer Software wird heute bereits im E-Commerce oder im Web eingesetzt. Daher sind wir wohl noch keine Internet-Company, aber eine E-Commerce-Infrastruktur-Company. Da aber mittlerweile viele Hersteller von sich sagen, Middleware zu verkaufen, wollen wir uns künftig ein bißchen davon abheben.

CW: Was hat es mit der Investition von Hewlett-Packard in Höhe von 100 Millionen Dollar auf sich? Übernimmt der Hersteller jetzt das Ruder bei Bea?

Chuang: HP versucht uns zu fördern, um selbst mit seiner Internet-Strategie voranzukommen und Bea als Werbeplattform und Partner für E-Commerce zu nutzen. Wir entwickeln aber künftig nicht exklusiv für HP.

CW: Also ist HP nicht einmal ein strategischer Partner für Bea?

Chuang: Jeder, der 100 Millionen spendiert, ist für uns strategisch. Aber auch Sequent, Unisys, Sun und IBM haben schon Geld gegeben, wenn auch nicht soviel wie HP.